SPOTLIGHT: Musik für’s Auge dank Alexander Fröbel / PIXELBREED
Willkommen zu einer neuen Folge SPOTLIGHT hier auf diesem Kanal.
Dieses Mal hat es ein echtes Pottkind erwischt, einen unbescholtenen(?) Buben aus Dortmunds heftigstem kulturellen Schmelztigel und somit quasi ein „Nachbar“ von mir.
Ich behaupte mal, es liegt an seinen kurzen Beinen, auf jeden Fall hatte er das Pech, mir nicht entkommen zu können und muss nun als Protagonist nachfolgender Geschichte über die „Hintermänner“ der Musikszene herhalten.
Tja, mein Lieber, Pech gehabt. Aber die Leser haben sicher Mitgefühl und begleiten dich bis zum letzten Satzzeichen durch diesen Beitrag. (Das tut ihr doch, oder?! Wehe nicht, dann werdet ihr für den Rest des Jahres mit einem täglichen “Last Christmas” bestraft! Außer im NoWHAMber natürlich, der ist gemäß Genfer Konventionen geschützt).
Wie ihr euch jetzt bestimmt schon denken könnt, geht es diesmal nicht um einen Musiker. Kunstschaffend ist jedoch auch er, und viele von euch dürften schon mit seinen Werken in Berührung gekommen sein. Er ist somit also ein würdiger Vertreter des Business und qualifiziert, den Verfasser dieses Beitrages ordentlich zu beschäftigen.
Gegründet wurde er 1909 am Borsigplatz in Dortmund. Oh, there something went wrong…
Also, geboren wurde unser Mann hier genau in der Mitte der Siebziger in Dortmund und wuchs dann dort am Borsigplatz in der Nordstadt, nahe der Westfalenhütte auf.
Die Rede ist von ALEXANDER FRÖBEL, dem Mann hinter dem Graphik Design Projektes PIXELBREED.
Aber vor der Grafik kam die Musik. Und da ist unser Alex ein typisches Kind seiner Zeit, an einem Ort, der ordentlich Material zur Ernte bereitstellte.
Und somit kam es, wie es kommen musste, Zitat:
„Ich bin eigentlich nicht wirklich in dieser „schwarzen“ Szene groß geworden, denn musikalisch drehte sich bei mir seit zirka der 6. Klasse alles eher um Metal, Punk und Hardcore, da man auf der Schule eben immer mehr Kontakte zu Schülern der Oberstufe hatte, die eben genau solche Musik gehört haben. Aufgewachsen bin ich mit Bands wie MANOWAR, ANTHRAX, SEPULTURA oder auch METALLICA. Ich war so der GANZ untypische langhaarige „Skater“ der sich Metal angehört hat! Später wurde es dann immer „extremer“ und alles verlagerte sich (meine armen Eltern) eher Richtung Death Metal und Grindcore also um Bands wie ENTOMBED, EDGE OF SANITY, NAPALM DEATH, ASPHYX, BENEDICTION oder auch CARCASS. Das hat sich bis heute auch nicht viel geändert.“
Gekauft hat ALEX seine Musik gerne im Plattenladen von HANS JÖRG SCHMIDT, besser bekannt als SIR HANNES SMITH und seines Zeichens Mastermind und Vocalist bei THE IDIOTS, HONIGDIEB und Mitglied bei PHANTOMS OF FUTURE. Damals lag der Laden noch im Hotspot der Stadt hinter dem Hauptbahnhof neben dem berühmt- berüchtigten Porno Kino, heute immer noch zu finden und immer noch eine Top-Adresse für laute Musik, mittlerweile aber an der Rheinische Straße ansässig.
Wie auch immer, es entwickelte sich eine Freundschaft unter beiden, die bis heute besteht.
Auch ALEXANDER selbst hat Musik gemacht, als Mitglied zweier lokaler Death Metal Bands, die nach eigener Aussage zwar „nichts Professionelles, aber auch nicht ganz so kacke“ waren. Geprobt haben sie im selben Gebäude, in dem auch Bands wie ANGEL DUST, MORGOTH und andere bekanntere ihre Homebase hatten.
Parallel entwickelten sich erste Verknüpfungen mit der Musik der schwarzen Szene, so dass man hier getrost Bands wie SISTERS OF MERCY, DEPECHE MODE oder MINISTRY als Einflüsse nennen kann.
Wie wohl jedes „normale“ Kind hat auch unser ALEXANDER immer schon gekritzelt. Und ihr ahnt es, parallel zur musikalischen Sozialisation wurden die Zeichnungen „professioneller“ und vor allem morbider. Oder wie er selbst es lachend zu Protokoll gibt: „Totenköpfe, Zombies etc. haben mich immer mehr interessiert, als Blumen und Pferde…“ Da gibt es nichts zu ergänzen. Außer vielleicht, das Totenkopfpflanzen, die gerade ein Zombiepferd zerfleischen, durchaus einen morbiden Charme haben können.
Sein Lebenslauf entwickelte sich in diese Richtung weiter. Nach einer abgebrochenen Lehre zum Krankenpfleger jobbte er zum reinen Lebenserhalt, bis er seinen Zivildienst mit dem Transport von Leichen und Körperteilen hinter sich brachte. Dann folgte eine Ausbildung zum Mediengestalter (damals noch „Reprohersteller“) in einer Werbeagentur.
Dort lernte er noch echte Handarbeit mit Fotos, Masken, Skalpellen und Leuchttischen, also all dem, was man heute per PC/Mac digital machen kann. „Ab da ging es dann eigentlich über in das, was ich bis heute mache. Die Arbeit in einer Werbeagentur ist leider extrem eintönig. Ich meine, wer möchte den Rest seines Lebens tagein, tagaus Wasserhähne oder Leitern für Baumarktkataloge oder Flyer freistellen?“
Parallel war er als Fotograf für einige Onlinemagazine wie HELLZONE, ELECTROWELT und andere in Clubs und auf Festivals wie AMPHI, BLACKFIELD und E-TROPOLIS tätig, betrieb das allerdings nur als Hobby. Und damit sind wir bei der schwierigen Seite des Business, wo die vielen kleinen Rädchen im Hintergrund oft bis zum Glühen drehen, ohne öffentlich wirklich wahrgenommen zu werden (bis jetzt, denn jetzt gibt es ja die seit Jahrtausenden sehnlichst erwartete „SPOTLIGHT“ Serie hier bei sharpshooter-pics). „War ne schöne Zeit und lief auch ganz gut, aber irgendwann war da auch die Luft raus, weil mir „Bandrotationen“ und nicht eingehaltene Absprachen bei Akkreditierungen irgendwann mächtig auf die Nüsse gingen und ich mir dann den Stress, da 10 Stunden lang Fotos zu machen und das Equipment durch die Gegend zu schleppen auch gern gespart habe. Ich muss sagen, ich habe echt viel Spaß gehabt und möchte diese Zeit (mit vielen tollen Leuten wie Martin Black, Daniela Vorndran, Jörg & Beatrice Seiche, sowie Falk Scheuring und vielen vielen anderen) auch nicht missen. Aber, die haben ja auch Ihr Geld damit verdient! 🙂 Ich habe es später nochmal versucht, aber da wurde mir trotz gültiger Akkreditierung dann durch einen Veranstalter mitten in einem Festival dann doch wirklich verboten, weiter Bilder zu machen, weil sich die „Hausfotografen“ beschwert haben und sich wohl durch meine Anwesenheit auf den Schlips getreten fühlten… Das war dann auch das letzte Mal, dass ich Konzertfotos gemacht habe.“
Heute ist unser Alexander ein Inbegriff für effiziente Lebensgestaltung. Da er in der Regel auf Schlaf verzichtet, kann er von den 24 Tagesstunden volle 26 Stunden für seine Aktivitäten nutzen. Dazu gehören neben einem körperlich anstrengenden Schichtarbeitsjob im Stahlwerk eben Grafikarbeiten für Künstler und Labels, Familie, Online zocken und das exzessive Sammeln von Vinyl und anderem themenbezogenen Krams („Merch“ klingt zwar freundlicher, aber bei „Kram“ seid ihr alle im Bilde, oder?). Sollte er noch ein paar Minuten nicht gefüllt bekommen, tobt er sich anderweitig aus. So gefiel ihm sein Plattenspieler eines Tages nicht mehr. Wie es sich für einen kreativen Kopf gehört, wurde kein neues Gerät angeschafft, sondern das alte Gerät in eine von ihm entworfene und neu geschaffene Hülle verfrachtet. Quasi gelebte Nachhaltigkeit….
Ansonsten ist der Herr FRÖBEL heute sehr breit musikalisch interessiert und nicht auf irgendwelche Schubladen zu begrenzen, „Von TEMPTATIONS über ERASURE bis CANNIBAL CORPSE ist alles dabei.“
Aus purer Langeweile (Eigenaussage, Anmerkung eines überforderten Redakteures) hat der ALEX dann angefangen, Selfies zu bearbeiten. Genauer gesagt völlig zu verfremden, mit Narben, Schläuchen und Zombieaugen. Doch für den großen Auftritt als Grafiker im Musikbusiness reichte das noch nicht. Da halfen ihm eher die Aktivitäten als Fotograf, als ihn eine Band ansprach und bat, ihnen ein Cover zu gestalten. Dies passierte in der Folge noch ein paar Mal, bevor er ALEXANDER ganz offiziell ein Gewerbe anmeldete und PIXELBREED gründete.
Und da half ihm dann natürlich die digitale Revolution jener Tage. Die Technik wurde besser, man konnte vieles digital erschaffen, mittlerweile sogar mehr, als analog denkbar wäre. Und man konnte sich nach außen präsentieren und Kontakte knüpfen, Social Media sei Dank… .
„Musikalisch war ich nun schon weiter und weiter im Industrial, EBM und Electro Bereich angekommen. Man kann wohl verstehen, dass wenn dann Anfragen von Bands wie S.I.T.D., FUNKERVOGT, E-CRAFT, RAVENOUS, SOLITARY EXPERIMENTS etc. kommen, man schon ganz schön doof guckt. 🙂 Von da an kamen auch Labels wie ECHOZONE, INFACTED RECORDINGS, VENDETTA MUSIC, DEATH WATCH ASIA und OUT OF LINE, sowie weitere Bands auf mich zu, genauso wie Tattoo Shops oder Online Magazine, Tattoofarben- oder Tattoomaschinenhersteller. Also von allem ein bisschen!“
Mittlerweile steht PIXELBREED für hochwertige Covergestaltung, Grafikdesign für Merch, Logo-Gestaltung, sowie Webgrafiken.
Der Ablauf folgt dabei zwei Mustern: Auf der einen Seite gibt es die Gestaltung nach Ideen von ALEXANDER, die den Künstlern dann vorgelegt werden („freie Hand“), zum anderen die Gestaltung nach Vorgaben der Kunden unter Verwendung deren Materials. Nach eigener Auskunft ist es Herrn Fröbel völlig egal, ob der Kunde ne kleine Combo aus Recklinghausen ist, oder ein Headliner der großen Festivals. Es macht ihm einfach Spaß, seine Kreativität auszuleben und international viele interessante Kontakte zu pflegen. Viele seiner Kundschaften haben sich zu Freundschaften entwickelt und man weiß, dass er sich auch auf den Kopf stellt und bei heutigem Auftragserhalt auch gestern das Ergebnis liefert, obwohl der Kunde das Timing verpennt hat. Und dennoch ist dieses Gewerbe nicht schnöde kommerziell, sondern an persönliche Leitfäden geknüpft. Kundschaft aus dem politisch rechten Lager wird pauschal abgelehnt und wer sich nicht an Absprachen hält, beziehungsweise sich wichtiger nimmt, als er ist (und somit seine Zeit verschwendet), braucht sich auch nicht (mehr) an ihn wenden, da ist er sehr nachtragend, wie er selbst sagt. Das geht natürlich nur, da PIXELBREED nicht die Hauptquelle des für das Überleben der Familie Fröbel notwendigen Kapitals ist.
Abgesehen von den paar grafischen Beispielen, die ihr hier in diesem Beitrag findet, könnt ihr seine Werke auch in einigen Büchern bewundern, unter Anderem in „Excavate: Unearthing Artistic Skeletal Remains“ und „Feathers of Inspiration: The Bird Art Project“, „Was für mich mal ne ganz abgefahrene Erfahrung war, da dort eigentlich nur alles an internationalen Tattookünstlern drin zu finden war, was Rang und Namen hatte.“
Die Frage nach Vorbildern beziehungsweise Lieblingskünstlern hat Herr FRÖBEL sehr detailliert und ausufernd beantwortet, das sprengt hier jeden Rahmen. Aber einige Namen möchte ich hier durchaus nennen, damit ihr euch da selbst ein Bild von machen könnt. Da wären unter anderem so Namen wie BOB ROSS, AARON BLAISE, GREG „CRAOLA“ SIMKINS, AMILCAR FONG, DAVID TEVENAL und VICTOR MARIN, also Grafikdesigner, Künstler, Tätowierer und mehr.
Wer jetzt noch dabei ist (ich hoffe doch, ihr habt ALLE artig bis hier hin gelesen?!?), bekommt hier auch noch astreine Nerd Infos zur technischen Ausstattung von PIXELBREED: „Ich bewege mich tatsächlich auf einem höherem Budget Level. Ich brauche keinen mehrere tausende Euro teuren Apple um meine Arbeiten anzufertigen. Ich habe einen sehr gut ausgestatteten Intel i9 PC mit 32GB DDR4 RAM einer ZOTAC GTX 1080TI Grafikkarte und einem 34 Zoll Curved Monitor, auf dem ich dank ausreichend Platz auch mehrere Programme nebeneinander anordnen kann, falls es nötig ist. Dazu noch einen 2. Monitor, auf dem ich zum Beispiel Fotos direkt bearbeiten kann. Also quasi ein 22 Zoll Grafik Tablet in schön!” 🙂
Zukünftig möchte ALEXANDER aber auch wieder einfach „just for fun“ digitales Artwork erstellen, gerne in Streams, 3D Design & -druck, Character-/Creature Design, oder auch das Erschaffen von realen Modellen lernen und umsetzen. Der gute Mann hat also noch einiges vor im Leben, wir dürfen da genauso gespannt bleiben, wie er selbst es ist.
Fazit bis hierhin: ja, es braucht Leute wie Herrn ALEXANDER FRÖBEL, um Kunst zu vermarkten. Denn im Gegensatz zu Malern, Bildhauern etc. ist Musik ja nicht wirklich haptisch greifbar. Und selbst in so arg reduzierten Zeiten wie der heutigen, wo der Besitz von physischen Medien nebst aufwändig gestalteter Hüllen und Booklets schon fast als romantisch und ewig gestrig gesehen wird, während MP3s und Streams das übliche Verbreitungsmedium darstellen, braucht es etwas, was unsere Aufmerksamkeit erregt und etwas zur Beschäftigung bietet, während die Musik unsere Ohren flutet. Und somit sind sie es wert, auch mal ins Rampenlicht gezogen zu werden. Schließlich braucht es für ein beeindruckendes Bandfoto nicht nur die Band selbst, sondern eben auch einen Fotografen, der durch Talent und Können die Band so darstellen kann, wie sie selbst und wir Konsumenten es gerne sehen möchten.
Soviel zum obligatorischen „erhobenen Mittel- , äh, Zeigefinger“, lasst uns mal kurz mit dem Künstler selbst reden, statt nur über ihn:
Dany: Ein freundliches Hallo, lieber Alexander, wie geht’s dir so im Moment?
Alexander: Gut, ich hab frei und jede Menge Grafikarbeit vor der Brust, bin also trotzdem reichlich beschäftigt. Ich bin das aber gewohnt und Festivals gibt’s im Moment eh nicht, was soll ich also sonst machen?
Dany: Wir haben erfahren, dass du zwischendurch als Konzertfotograf tätig warst. Wie kam es dazu und wie kamen die Kontakte zustande?
Alexander: War eigentlich ein Zufall, irgendwie bin ich einfach gefragt worden, ob ich Bock hätte da mit zu gehen, weil irgendwie ein Fotograf ausgefallen ist Ich glaube der Jay von HELLZONE hatte gefragt, ob ich mitkommen will und ja, ich kann es ja mal versuchen. Die Bilder sind wohl ganz gut angekommen und dann wurde das mehr und dann habe ich mir irgendwann mal eine vernünftige Ausrüstung besorgt und vernünftige Objektive und ja, dann durfte ich mal wieder dahin.
Dany: Und was muss man dafür mitbringen, außer eigenes Equipment?
Alexander: Man sollte schon bisschen ‘n Auge haben und Verständnis von der Technik. Wenn ich mich da hinstelle mit einer kleinen Kompaktkamera oder so, das wird nie was. Denn die Lichtverhältnisse und die Situation ändern sich so schnell, da muss man immer wieder so schnell drauf reagieren und die ganzen Einstellungen ändern, denn ich habe alles auf manuell fotografiert, damit man sich halt an die Lichtverhältnisse anpassen kann. Wenn es viel rot ist, stelle ich direkt auf schwarz/ weiß um, das macht meistens keinen Sinn, weil Prozessor und Sensor der Kamera nicht damit klar kommen. Wenn es dunkel ist, sollte man die Einstellung so ändern, dass man hinterher was sieht, am besten auch scharf, haha.
Dany: Als Redakteur eines Online Fotomagazines kann ich das alles nachvollziehen, es ist ein Graus… .
Alexander: Also, wenn man jetzt auf so ‘nem Blackfield Festival war, mit keine Ahnung wie viel Bands und wenn man dann 10.000 Fotos gemacht hat, darunter bin ich ja nicht nach Hause gegangen… Also, ich habe wirklich Gas gegeben. Dann hab ich mich noch zwei Tage danach hingesetzt und habe alle Speicherkarten durchgeguckt, sortiert und habe von jeder Band die zehn besten Fotos genommen und habe die dann halt veröffentlicht. Aber das war nicht viel Auswahl aus tausenden Fotos.
Dany: Die hast du dann auch noch bearbeitet?
Alexander: Ja gut, kein Foto kommt so schön aus der Kamera raus, wie man sie so in den Magazinen sieht, man muss sie schon noch ein bisschen bearbeiten, sprich: nachschärfen an der ein oder anderen Stelle, oder ein bisschen Kontrast erhöhen oder die dunklen Bereiche ein bisschen dunkler machen, damit das nicht so einen Grauschleier hat. Das macht man schon, aber das macht jeder Fotograf, jeder. Also es gibt keinen, der eine Kamera hat, aus der die Bilder super rauskommen.
Dany: Sonst noch etwas zu dazu zu sagen?
Alexander: Ja, das führt zu der Geschichte, warum ich eigentlich aufgehört hab damit irgendwie, weil wir das irgendwann auf den Senkel geht: Du bist da als Fotograf, hast also die Berechtigung bekommen da Fotos zu machen und dann gibt’s noch extra Verträge, dass die Leute nicht fotografieren dürfen, also nur bestimmte Fotografen in den Graben dürfen. Und bei SISTERS OF MERCY war das so, dass die Fotografen, die da reindurften, eigentlich nichts gesehen haben, als eine riesige Nebelwand. Und dann hab ich halt gesagt „Nö, wird mir zu doof, das mach ich nicht mehr“.
Dany: Wer war denn allgemein zickiger, die ganz Großen, oder die Kleinen?
Alexander: Eigentlich keiner. Die ganz Großen haben natürlich besondere Wünsche, und da muss man drauf eingehen. Wenn die sagen, die wollen halt beispielsweise nur den Martin Black als Fotografen haben, oder die Daniela Vorndran oder so, dann ist man halt raus, dann ist das halt so. Kann ich auch verstehen, sind ja auch super Fotografen. Aber wie gesagt, alle Fotografen bewerben sich, alle werden akkreditiert für dieses Festival oder für das für diesen Event und ich denk mal, dann sollten doch alle die Chance haben, ihre Fotos zu machen. [Alex wuselt im Hintergund…]
Dany: Du musst aber auch immer was zu tun haben und kannst keine 2 Sekunden stillsitzen, oder?
Alexander: Wenn ich nicht beschäftigt bin, dann fehlt irgendwas, ich muss immer irgendwas zu tun haben. Ich meine, jetzt wo wir gerade reden, habe ich ja schon wieder ein neues Artwork vor der Nase sitzen, wo ich bis gerade noch dran gearbeitet hab, wahrscheinlich auch gleich direkt noch mal dran weiter arbeitete. Aber na ja gut, dass lass ich jetzt erstmal außen vor, jetzt reden wir ja erstmal.
Dany: Wir haben ja sicher fast alle gerne gezeichnet, teils extrem…
Alexander: …ja…
Dany: … und einige am liebsten auch in der Schule…
Alexander: …auch richtig …
Dany: …aber wie bekommt man das an die Öffentlichkeit, wie kriegst du das irgendwie unter die Leute und erzeugst damit ja offensichtlich auch eine Nachfrage… Also wie ist dieser Übergang passiert, dass du daraus ein Geschäft überhaupt erst machen konntest? Anderer Leute Kritzeleien landen dann ja sicherlich in irgendwelchen Schubladen und werden vergessen. Was muss man machen, um diesen Weg einschlagen zu können?
Alexander: Ich geb mal ‘nen Tipp: Geht den Leuten nicht auf die Eier. Wie gesagt, quatscht die Leute nicht voll „Hier mein Artwork, hier mein dies, dort mein das, guckt euch das mal an, was ich gemacht habe…“, … nicht machen. Ihr habt Social Media, präsentiert euch, zeigt gerne was ihr macht. Wenn die Leute Interesse an neuen Arbeiten haben, melden die sich schon von alleine bei euch, das war bisher immer so. Ich habe damals bei MySpace meine Sachen gepostet. So eine Reaktion, die immer so ein bisschen im Hinterkopf geblieben ist, war die vom Stefan Groth von Apoptygma Berzerk, der ein Bild von mir geliked hat und sagte, „Das sieht abgefahren aus.“ Das war was, wo ich gesagt habe „Okay? Krass…!“
Dany: Für APOP hast du aber noch nichts gemacht, oder?
Alexander: Nein. Irgendwann kam dann E-CRAFT, dann kam FUNKERVOGT und für EISFABRIK habe ich eigentlich, bis auf wohl ein Artwork, irgendwie alles gemacht. Das ist schon krass irgendwie, mit was für Leuten man auf einmal zu tun hat, von denen man die CD gekauft hat. Da bin ich echt mega happy drüber, mit denen arbeiten zu dürfen. Die sind alle super tiefenentspannt, macht auf jeden Fall Spaß.
Dany: Wie kamen die Kontakte für die professionelle Wertschöpfung zustande?
Alexander: Die haben das in den Social Media gesehen und mich direkt angeschrieben. Das Problem war, dass Bands, die bei Labels wie zum Beispiel bei Labels wie OUT OF LINE waren sagten, dass sie dann aber eine Rechnung brauchen. Und ich konnte ja keine Rechnungen schreiben, sondern hab gesagt „Just for fun, nimm den Krempel und gut ist. Mach ein bisschen Werbung für mich und ich bin happy,“ wie das am Anfang halt so ist. Irgendwann denkst du halt „Warum soll ich das mal alles verschenken?“ Ich mache meine Schicht im Stahlwerk, komm nach Hause und sitze noch mal acht Stunden vor dem Rechner und mach mein Kram, da bleiben irgendwie nicht mehr viel Stunden vom Tag übrig. Also, warum soll ich mir das nicht bezahlen lassen? Also versuche ich das als Kleingewerbe nebenher, weil den festen Job will ich natürlich nicht aufgeben, mit ner Familie dran kannst du das nicht machen.
Dany: Also wäre das nicht als Haupteinnahmequelle geeignet?
Alexander: Nein. Du hast nie konstant dieselbe Menge an Aufträgen um zu sagen „So, ich habe ne 3 köpfige Familie hier und kann die nur durch Artworks versorgen.“ Das funktioniert nicht.
Dany: Wie kommen deine Aufträge zustande, wie läuft das eigentlich genau ab?
Alexander: Eigentlich schreiben mich die Bands direkt über Facebook an. Es ist tatsächlich so, die kommen nicht über meine Webseite oder so, sondern schreiben mich über Facebook an und sagen „Ich habe hier das Projekt, wie sieht’s aus, Hast du Zeit, um das Artwork zu machen?“ Und ich sag dann „Gib mir das mal, habt ihr ne Idee, was ihr gerne haben möchtet, oder habe ich freie Hand?“ Und ich möchte, wenn es möglich ist, auch von dem Titelsong für dieses Release ein Snippet oder eine komplette MP3 haben, damit ich mich mal so bisschen so’n Gefühl dafür entwickeln kann. Also, ist das irgendwie Aggro, oder ist das Elektropop, oder sowas? Dann setz ich mich dran, mache 2 bis 3 grobe Layouts und sag „So stell ich mir das etwas vor, in diese Richtung soll das gehen, seid ihr damit zufrieden oder nicht?“ Wenn die sagen „Ähm, ah nee, Scheiße“ oder sagen „ja nee, super, mach so weiter,“ dann arbeite ich die Sachen halt weiter aus.
Dany: Alternativ bekommst du auch Sachen vorgelegt und muss die dann verarbeiten?
Alexander: Ja, manchmal kommen auch Kunden an, die sagen „Ich habe hier Fotos gemacht, benutz die doch bitte für das und das Projekt“ oder TORBEN [SCHMIDT] von INFACTED RECORDINGS, der mir sehr viele Aufträge beschehrt…. Schönen Gruß an Torben an dieser Stelle…. Ohne Quatsch, der supported mich so richtig. Mit TORBEN arbeite ich nun auch schon etliche Jahre zusammen und der ist einer der absolut unkompliziertesten Menschen die jemals kennengelernt habe und ich habe mit echt einer Menge Leute zu tun gehabt! Der Typ ist echt mit Abstand der liebste Mensch, den ich in meinem Leben kennengelernt habe. Also TORBEN, Hands up, feiner Kerl! [Anm. des Redakteurs: Chefin, die Rechnung für diese Lobhudelei darf ruhig etwas höher ausfallen. Alternativ steht er uns auch sicher gerne für eine SPOTLIGHT-Folge zur Verfügung, gell, TORBEN?!?]
Dany: Ja, der rotiert schon ganz schön mit seinem Label.
Alexander: Im Moment haben alle Labels mit Corona zu kämpfen und das ist bei allen so und wenn ne Band sagt „Läuft momentan nicht so gut irgendwie oder die Absätze sind scheiße oder sonst irgendwas noch nicht“… Ich muss von dem ganzen Zeug hier nicht leben, das muss ich mal ganz klar sagen, ich mache das hier als Kleingewerbe. Manchen Bands komme ich dann auch entgegen. Und wenn kleine Bands kommen, wo ich weiß, die verkaufen im Leben keine riesen Dinger irgendwie, dann sag ich auch „Taschengeld“. Da kaufe ich mir dann eine Platte für, oder sonst was. Aber auch Bands oder Labels fragen, ob man da preislich nicht was machen kann, um innerhalb eines Rahmens zu bleiben. Die haben alle zu kämpfen, alle, ob Bands oder Label, die knabbern alle momentan.
Dany: Wir haben bereits grob deine technische Ausstattung erwähnt. Was genau machst du damit eigentlich? Das vorhin erwähnte Kritzeln ist das ja nicht mehr… .
Alexander: Ich kann mich natürlich 30 Stunden hinsetzen und ein Artwork per Zeichnen erstellen, das kann aber keiner bezahlen, glaube ich. Ich habe zirka 40.000 Fotos von allem möglichen Scheiß gemacht und hab diese Texturen bei mir auf dem Rechner liegen. Und das ist meine Library, die ich benutze um quasi Collagen zu bauen… .
Dany: …gefühlte 20.000 Ebenen übereinander…
Alexander: Genau, das krasseste waren, glaube ich, 80 Ebenen die ich gebraucht habe, um irgendein CD- Artwork fertig zu kriegen. Die erste Ebene ist ein Hintergrund in schwarz, weiß, sonst was. Dann kommt das Hauptmotiv und darauf baust du dann immer wieder drauf auf: Hände, Kratzer, Blutspritzer, irgendwas. Manchmal sitzt man auch drei bis vier Stunden dran, um einfach nur zu überlegen, ob du jetzt den Schatten so oder anders machen möchtest.
Dany: Von der Kunst zum Geschäft: Wer hält hinterher die Rechte an den Werken, Du oder der Kunde?
Alexander: Ich mache die Sachen fertig und dann ist es deren Eigentum. Die Leute bezahlen mich dafür, dass ich das mache, dann verlange ich ja keine Lizenz oder so mehr dafür. Ich gebe das ab und dann ist es nicht mehr meins. Und die Werbung per Credits kommt meisten von denen selbst, ich bestehe da gar nicht drauf.
Dany: Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?
Alexander: Ich möchte mich fortbilden, möchte ein bisschen mehr so Richtung Illustration gehen. 3D habe ich schon mal angetestet, ist für mich sehr schwer. Da ich aber mittlerweile einige Leute kenne, die in diesem Bereich sehr gut arbeiten, unter anderem den, der bei „The Witcher“ diese Spinne am Anfang gebaut hat, würde ich mir durch die Leute auch ein bisschen was beibringen lassen. Ob die jetzt immer Zeit dafür haben, sich mit dem doofen Typen aus Dortmund zusammenzusetzen und zu sagen „Drück den Knopf, geh mal dahin mit der Maus, mach das“ ist eine andere Sache, aber im Prinzip man einigt sich untereinander irgendwie immer.
Dany: Könntest du dem interessierten Nachwuchs einen Job wie diesen empfehlen oder würdest du eher davon abraten? Also würdest du das Ganze noch mal wieder so tun, wie du es getan hast, oder eher nicht?
Alexander: Ja, das ist echt schwierig zu sagen… Ich weiß nicht, ob ich es genauso machen würde, vielleicht würde ich es noch ein bisschen krasser angehen. Ich würde noch mehr auf den Markt schmeißen sagen „Hier, habe ich gemacht, habe ich gemacht, habe ich gemacht…“, also mal einfach noch mehr auf mich aufmerksam machen.
Dany: Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch und die tiefen Einblicke und ich wünsche dir nur das Beste für die Zukunft.
Alexander: Vielen Dank, wir sehen uns… .
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