“Ihr habt lange gewartet, wollen wir zusammen durchdrehen?” – MADSEN, THE LATE SUMMERS & GEORG AUF LIEDER in Hannover

Das Chaos steht in der Südstadt von Hannover gerade an der Tagesordnung. Es ist Tag der Niedersachsen – oder eher das Wochenende der Niedersachsen. Du suchst einen Parkplatz? Vergiss es, reise lieber mit der Bahn, das 9€-Ticket lässt grüßen. Und was hat das mit dem MADSEN Konzert zu tun? Dieses ist in unmittelbarer Nähe und entsprechend von ähnlichen Problemen betroffen. Trotzdem finden sich viele in der Swiss Life Hall wieder, um mit MADSEN, THE LATE SUMMERS und GEORG AUF LIEDER zu feiern. Hannover ist die größte Show auf der Tour, wie uns Sasha Madsen noch vor der ersten Band erzählt.

GEORG AUF LIEDER
“Hallo Hannover, vielen Dank, dass ihr die Karten so lange am Kühlschrank hattet”, begrüßt uns Sasha Madsen und gibt uns ein kurzes Intro, was uns diesen Abend erwarten soll. Kaum hat er dieses ausgesprochen, kommt GEORG AUF LIEDER mit seiner Gitarre auf die Bühne. “Ich habe nur 20 Minuten, also muss ich schneller machen”, sagt er uns und beginnt von seiner komplizierten Anreise mit der Bahn zu berichten – nur in einem schnelleren Ton als normal. Mit sehr viel Humor steuert er uns durch das nur drei Song starke Set, hinterlässt damit aber einen bleibenden Eindruck. “Ich reise mit der Bahn, da war kein Platz für ein größeres Banner”, sagt er während er ein Pappschild mit seinem Namen hochhält. “Ich habe zwischen 2016 und 2020 über 500 Wohnzimmerkonzerte und in Altenheimen gespielt, an die Lautstärke kommt ihr fast ran” – diese sind nur zwei Beispiele, die den Raum mit Lachen füllen und vielen ein Grinsen ins Gesicht treibt.

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Fotos: Cynthia Theisinger

THE LATE SUMMERS

Die Umbaupause reicht nicht mal, um sich ein neues Bier zu holen, bzw. alkoholfreies Getränk – immerhin sind heute auch viele Kinder mit ihren Eltern da. Jetzt steht jedoch eher die Musik im Vordergrund. ”Hallo, wir sind THE LATE SUMMERS aus Würzburg und wir freuen uns krass heute hier zu sein”, begrüßt uns Sängerin Hannah. Der Sound der Band entführt uns an ein imaginäres Lagerfeuer – nur mit mehr Piano und ruhigen Schlagzeug Rhythmen. Die Stimmen von Hannah und Falco verschmelzen angenehm und runden das Gesamtwerk musikalisch ab. Das Publikum ist ruhig, schwingt im Rhythmus hin und her und gibt sich vollends der Musik hin. Sascha Madsen hat bei der Vorstellung der Band nicht zu viel versprochen, dass wir künftig noch viel von der Band hören werden – das musikalische Potenzial ist da. Lediglich die Bühnenshow kann noch verbessert werden, wo dies durch die Bindung an die Instrumente sich immer schwer gestaltet.

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Fotos: Cynthia Theisinger

MADSEN

Eine weitere kurze Umbaupause später kommen MADSEN auf die Bühne. “Ihr habt lange genug gewartet, wollen wir zusammen durchdrehen?”, fragt uns Johannes Madsen und bezieht sich damit auf die Verschiebungen durch die Pandemie. Die Frage klärt sich von selbst, als schon beim zweiten Song “Sirenen” laut mitgesungen wird. Während der ersten Songs werden alle Künstler namentlich mit kurzen Soli der jeweiligen Person vorgestellt. “Ich glaube, das wird ein langer, schmutziger Abend, Hannover, wie viele Moshpits können wir heute Abend bauen?”, fragt uns Sebastian Madsen. Die Antwort lautet viele. Zeitgleich geht es in diesen aber auch recht entspannt zu. Man kennt ja, wie diese auch eskalieren können.

“Wer hier von seinen Kindern oder Partnern mitgeschleppt würde, wir sind Madsen”, sagt uns Johannes lachend. Aber auch die „mitgeschleppten“ kommen an diesem Abend auf ihre Kosten. Eine große Show gibt es nicht. Lediglich die Musiker, die je wie sie können, über die Bühne laufen und springen und man sieht immer wieder Luftschlangen, die gekonnt aus der Hand geschossen werden. “Ich hatte viel Zeit in der Pandemie, also hab ich die genutzt und war beim Zahnarzt und was soll ich sagen Hannover? Ein Stück Zahn liegt jetzt auf eurer Bühne”, erzählt Johannes etwas später. Zähne und Mikrofone vertragen sich nicht. Direkt bekommt er aber angeboten, den Termin von Bassist Niko Maurer am kommenden Montag zu übernehmen. Mit einem Lachen geht es aber erstmal weiter auf der Bühne, bis Johannes auf Techniker Lorenz aufmerksam macht. Dieser ist heute das erste Mal mit dabei und das an seinem Geburtstag. Das lässt sich das Publikum nicht zweimal sagen und gibt eigenständig ein Ständchen zum Besten.

“Wer ist heute mit seinen Kindern oder Eltern hier?”, fragt Johannes. “Wir werden langsam familientauglich, früher waren wir die Rocker aus dem Wendland” sagt er lachend weiter und freut sich die nächste Generation auf seiner Seite zu haben. Das Set an diesem Abend lässt sich nicht auf ein bestimmtes Album festlegen. Es ist von allem etwas dabei, wodurch keine Wünsche offen gelassen werden. “Was bei Metallica ‘Nothing Else Matters’ ist, ist bei uns ‘Wir nennen Dich Mücke’”, meint Johannes und stimmt selbigen an. Während des Songs gibt es dann eine kurze Unterbrechung und alle stoßen mit einem Bier mit Gitarrist Mücke an, dem der Song entsprechend gewidmet ist. Zum Schluss wird es nochmal emotional. Johannes erzählt davon, dass er eine Nachricht bekommen hatte von einer Freundin eines Fans, der Karten für das ursprüngliche Konzert hatte. Dieser Fan ist jedoch vor zwei Jahren verstorben und “Du schreibst Geschichte” lief auf der Beerdigung. Entsprechend möchte er diesem Fan den Song widmen. Anschließend geht die Band ohne große Worte von der Bühne.

Ein paar Zugaberufe, unterstützt durch lautes Stampfen, kommen sie zurück und geben mit “Leuchttürme”, “Wo es beginnt” und “Lass die Musik an” nochmal alles und kitzeln die letzte Energie aus dem Publikum. Hierbei gibt es nochmal einen großen Circle Pit nur für Frauen. Als die letzten Töne von der Bühne verklungen sind, singen die Fans noch lange die Melodie von “Lass die Musik an” weiter, bis schließlich “Just Can’t Get Enough” von Depeche Mode aus den Boxen ertönt und das Konzert wohl ganz gut zusammenfasst – immerhin hat die Band über zwei Stunden gespielt. Zu dem Song bildet sich eine lange Polonaise, die lachend durch den Raum läuft. Sollte das der Rausschmeißer gewesen sein, hat er sein Ziel vollends verfehlt.

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Fotos: Cynthia Theisinger
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