Review: KORN – Requiem

Nach drei Jahren erscheint nun am 04.02.2022 mit “Requiem” das 14. Studioalbum von KORN. Entstanden sind neun Songs und eine knackige Spielzeit von 32 Minuten. Ist dies ein Nachteil? Keineswegs, denn die Jungs haben einfach auf Lückenfüller verzichtet. KORN sind genau da, wo sie hingehören. Ihr Alleinstellungsmerkmal haben sie mit diesem Album fett unterstrichen. Sie haben es nicht nötig, sich neu zu erfinden. Der Sound auf “Requiem“ ist gewohnt hart, düster und doch verspielt und melodisch wie nie zuvor.

Doch fangen wir weiter vorne an. Die Jahre waren kein reines Zuckerschlecken. Und die Pandemie machte auch vor KORN nicht Halt. Mit dem Sänger Jonathan Davis, dem Drummer Ray Luzier und dem Gitarristen James “Munky“ Shaffer waren immerhin im Laufe der Zeit drei der fünf Bandmitglieder mit COVID-19 infiziert. “Munky” hat es sogar zweimal erwischt. KORN waren daraufhin gezwungen, Konzerte zu verschieben und zum Teil mit Ersatz-Musikern aufzuwarten. Bassist Reginald “Fieldy“ Arvizu nimmt sich derzeit übrigens aus gesundheitlichen Gründen eine persönliche Auszeit. Er ist daher auf den aktuellen Pressefotos nicht zu sehen. Sein unvergleichliches, ultratiefes Bassspiel ist jedoch zum Glück auf “Requiem“ zu hören. Wir wünschen ihm an dieser Stelle alles Gute und hoffen auf seine Rückkehr zur Tour im Frühjahr.

Der Entstehungsprozess des neuen Albums entstand gänzlich ohne Druck, denn die Suche nach einem Label wurde erst nach der Fertigstellung aufgenommen. Die Jungs haben sich mehrfach im Studio eingefunden und Zeit und Raum nahezu vergessen lassen. Jonathan Davis war zum ersten Mal an jedem einzelnen Tag dabei. Dies erleichterte das Songwriting auf eine angenehme Art und Weise. In einem Interview berichtete Jonathan, dass sie zwischendurch aufgeregt wie Kids durch das Studio hüpften, Gänsehautmomente teilten und das Feeling einfach stimmte. Die Musiker bilden eine Einheit, in der sie sich pudelwohl fühlen. Sie betiteln sich gern gegenseitig als Brüder. Der Sound wurde diesmal analog auf Tonband aufgenommen. Dies führte zu einem anderen Klangerlebnis, das dem Sound durchaus zu Gute kommt und diesem mehr Tiefe verleiht.

Der Opener “Forgotten‘‘ läutet das neue Werk von KORN im Gegensatz zum Start auf dem Vorgängeralbum “The Nothing“ NICHT mit dem bekannten Dudelsacksound ein. Auf diesen hat man übrigens auf “Requiem“ gänzlich verzichtet und das geht echt klar. “Forgotten“ klingt zunächst nach einem recht typischen Song der Band. Doch der Schein trügt. Natürlich dürfen düstere Shouts und auch der verzweifelte Sprechgesang nicht fehlen: “Don‘t feel bad for me, don‘t feel sad for me“. Aber Jonathan`s Stimme klingt zwischendurch wärmer als gewohnt und diese Momente werden einem noch häufiger begegnen. Am Ende ist es einem sogar für einen kurzen Augenblick gegönnt, seiner Stimme ohne instrumentale Untermalung lauschen zu können.

Die ersten Klänge von “Let The Dark Do The Rest” könnten auch einen Song von Marilyn Manson einläuten. Doch nach diesem kurzen Moment geht es in gewohnter Manier weiter. Der Song ist rockig und groovy zugleich. In einem Zwischenspiel gönnt man sich mal etwas Zeit. Ansonsten geht es hier aber gut voran. Der Refrain ist eingängig und insgesamt findet man hier schnell einen Zugang.

“Start The Healing“ wurde gerade erst als Single ausgekoppelt. Für die visuelle Umsetzung ist kein Geringerer als Tim Saccenti verantwortlich, der bereits die Regie für Depeche Mode-Videos geführt hat. In dem Video mutiert die DNA von Korn. Es entsteht eine beängstigende Verbindung aus Tod und Wiedergeburt. Übernatürliche Wesen vereinen sich mit Humanoiden. Animierte Sequenzen wechseln sich mit Live-Darbietungen der Band ab. Der Song selbst startet angenehm freundlich und mündet in einem eingängigen Refrain. Die Shouts wirken hingegen bedrohlich. Im Gegensatz dazu wandelt sich der Gesang dann in der Bridge und wird angenehm melodisch, gar lieblich, um dann final im Sprechgesang bedrückend und böse zu wirken.

“Lost In The Grandeur” transportiert noch einmal das Feeling der letzten beiden Alben in die Gegenwart. Der Anfang ist brachial. Drummer Ray spielt zunächst auf einer offenen Hi-Hat. Der scratchende Gitarrensound sticht deutlich hervor. Insgesamt wirkt der Song schwermütig.

“Disconnect” steht für sich. Der Song strahlt eine unglaubliche Wärme aus, der man sich nicht entziehen kann. Er entführt einen ohne Umwege auf eine sphärische Reise. Als dann aufgebrachter Sprechgesang einsetzt, mündet dieser auch hier in einem bezaubernden Refrain mit gefühlvollem Gesang. Die Gitarren sind generell sehr präsent. Dieses Stück ist ein wahres Highlight. Generell gefällt mir Jonathan`s Stimme auf der neuen Scheibe außerordentlich gut.

Schluss mit den seligen Momenten! Mit “Hopeless And Beaten“ folgt nun harter Tobak mit brachial schweren Riffs. Der Gesang erscheint zunächst leicht bizarr. Zu Beginn spielen alle Instrumente das Gleiche. Dies sorgt für einen sehr düsteren Effekt. Hier entsteht richtiger Doom Metal-Vibe. Doch es bleibt nicht dabei. Dunkelheit und Licht bilden klare Kontraste. Wirken die Growls doch beklemmend bis erdrückend, folgen darauf zarte, aufmunternde Parts.
Mit “Penance To Sorrow“ und “My Confession“ geht es mit gewohntem Sound, jedoch vereinzelt auch mal verspielt weiter. Letzterer Song hat zudem einen coolen Gitarren-Stereoeffekt im Gepäck.

Finale! Nun legen wir den Rückwärtsgang ein und grooven zurück in das Jahr 1998. “Worst Is On Its Way” hätte durchaus auch auf dem Album “Follow The Leader“ erscheinen können. Neben dem eingängigen Refrain erklingt ein massiver Gitarrensound. Der Sprechgesang wirkt einschüchternd. Und dann geht es los. Da ist sie! Diese Spielerei mit den Wortfetzen, die direkt an den Hit “Freak On A Leash“ erinnert. Und da ist auch wieder diese einstige Wut. Sie ist deutlich spürbar. Dann beruhigt sich dieser heftige Tsunami und es erklingt kurz ein cleaner Gitarrenpart, der jegliche Sturmwellen abebben lässt und für Ruhe sorgt. Jonathan singt seinen Refrain. Der Song nimmt doch nochmal Tempo auf und schwingt dann allmählich aus, ehe die Gitarre final verhallt. Ja man, das macht Bock!

Das Album tut einfach gut. Let´s ”Start The Healing”. Das kann die Welt schließlich gerade echt gut gebrauchen.

P.S.: Ein “Requiem“ ist übrigens eine heilige Messe im Gedenken an Verstorbene. Anlässlich ihres Album-Releases geben Korn am 04.02.2022 um fünf Uhr morgens zu unserer Zeit eine “Requiem Mass“-Performance in der Hollywood United Methodist Church in Los Angeles. Diese ist den Opfern der Pandemie gewidmet. Die Band wird sich dort mit einigen Gästen zu Ehren dieser Seelen versammeln und neben der Live-Performance für eine intime Zeremonie sorgen. Bei Youtube wird es weltweit einen dazugehörigen Livestream geben. Diesen findet ihr hier:

 


Bewertung: 8,5 von 10.

Tracklist:
01. Forgotten
02. Let The Dark Do The Rest
03. Start The Healing
04. Lost In The Grandeur
05. Disconnect
06. Hopeless And Beaten
07. Penance To Sorrow
08. My Confession
09. Worst Is On Its Way

“Requiem” erscheint am 04.02.2022 bei Loma Vista Recordings / Virgin Music
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