Review: ORANGE SECTROR – “Zerstörer”

Ein Release, wie eine Offenbarung! Zufall? Gezielt? Egal! Diese EP passt jedenfalls gerade, wie der Arsch auf den Eimer. Und es gibt ein nettes, aber gar winziges Zusatzangebot, dazu aber später mehr. ORANGE SECTOR – “Zerstörer” ist aber auch ein Weckruf!

Zu allererst natürlich an die bestiefelten Tanzbeine, denn aufbauen tut sich alles rund um den “Zerstörer (Club Mix)”, welcher die EP auch eröffnet. Ein straighter Beat, mit 120 BpM im richtigen Stiefeltanz- Tempo, dazu eine EBM- taugliche Bassline und schon geht es auch los mit Martins Shouts: “Zerstörer! Ich zerstöre meine Heimat, unser Land und den Frieden…!” Wann hätte das besser passen können, als in dieser Zeit, auf diesem Planeten, in dieser Situation? Und trotz der simplen Lyrics, die kackig auf den Punkt sind, lässt es Spielraum zur Interpretation. War das der Grund, diesen Track, der bereits auf dem 2019er Album “Alarm” erstmalig veröffentlicht wurde, zu überarbeiten und erneut zu releasen? Möglich wäre es. Doch ORANGE SECTOR – “Zerstörer” reißt nicht nur mit dem Club Mix, der originalen Albumversion und den ausgewählten Remixen gründlich ein, sondern verheißt mit “Wir sind mehr” auch einen hoffnungsvollen Wiederaufbau.

 “Zerstörer” im Detail

Wir starten also direkt mit der 2020er Neuauflage für die (zur Zeit leider unvorteilhafterweise geschlossenen) Clubs. Der Song ist etwas geradliniger und technoider als das Original, eben Ideal zum Tanzen. Ungewöhnlich geradlinig, aber hart und fordernd, wie man es von ORANGE SECTOR kennt. Auffällig auch der neu eingebaute Synth, der sich aber gut einfügt. An zweiter Stelle haben wir das Original, das mit 180 BpM ordentlich los hämmert und die Bandtypische Mischung aus EBM und einigen NDW- Elementen repräsentiert. Hier bleibt kein Stein auf dem anderen, wobei gerade die gebremstere Clubversion noch einmal deutlich agressiver rüber kommt. PANDORIA RMX steht bei Track 3 hinter dem Titel. Ab jetzt wird es auch für alle interessant, die vielleicht mit dem Sound von OS nicht so viel anfangen können, denn hier kommt rein retropoppiger Beat zum Einsatz, gepaart mit Strings und ein paar zusätzlichen Samples. Das gibt dem Track eine ganz andere Note. Ein gutes Stück Industrial Pop. Dem Ganzen die Krone auf setzt Vasi Vallis mit dem FROZEN PLASMA Remix auf Platz 4. Auch hier ein herrlich auflockernder Break Beat und zusätzliche Synth Pop Elemente. Das Ergebnis wirkt tatsächlich wie die Ansage eines Majors in einem Bootcamp, unterlegt mit einer zuckersüßen Melodie. Das ist weder ironisch, noch böse gemeint, es ist einfach sehr speziell. Damit loten sowohl FROZEN PLASMA, als auch ORANGE SECTOR, die diese Auswahl ja getroffen haben, sehr taff die Grenzen der Belastbarkeit der Hörerschaft aus. Man hört förmlich bereits die Rufe aus allen Richtungen, von wegen “nicht true” und “nicht real”! Und, fuck the hell yeah, das ist wahr! Und das ist auch gut so, machen doch gerade solche Remixes ein Release erst spannend. Was will man einer EBM- lastigen Veröffentlichung auch sonst mitgeben, noch mehr EBM?! Wir sind der Meinung, DAS sind die Highlights dieses Releases, eben wegen der Andersartigkeit. Danke an ORANGE SECTOR für euren weiten musikalischen Horizont. Weiter geht es mit “Wir sind mehr”, ebenfalls original vom Album “Alarm”. Der Sound ist änlich dem von “Zerstörer”, das Tempo ebenfalls höllisch hoch, aber er wirkt bei Leibe nicht so aggressiv. Wichtig ist hier vor allem die inhaltliche Aussage der Shouts, die möglichst immer zutreffen möge. Gefolgt wird die Nummer vom “MUSKELTANZ Remix” selbiger Nummer. Dieser rückt den Song näher an “Zerstörer” und könnte als Soundtrack für einen Straßenkampf durchgehen. Erinnert stark an die großen DAF Nummern (R.i.P. Gabi Delgardo- Lopez). “Wir sind mehr (ZOON POLITICON Remix)” bildet den gebührenden Abschluss. Klingt ab und an wie ein Spätachtziger Discostomper, dann aber wieder wie ein gediegener Electro Pop Hit und ist gegenüber den Vorgängern mit etwa 122 BpM schon deutlich gebremster. Über allem tront der klare Schout von Martin.

Fazit:

Ja, irgendwie hat es das jetzt gebraucht! Clubmixe mögen wegen der gerade überall geschlossenen Venues wie aus der Zeit gefallen wirken, haben aber dennoch definitiv ihre Berechtigung. Dieses ORANGE SECTOR – “Zerstörer” ist ein verdammt gekonnter Appetizer für die gesamte Szene, denn es braucht nur 2 Songs und gut gewählte Fremdbearbeitungen, um ein wunderbar weites Bild der (elektronischen) dunklen Musik zu malen. Jeder, der auch nur ein wenig offen für andere Substyles ist, kann und sollte hier zugreifen. Das Release ist in dieser Form ein rein digitales. Als besonderes Schmankerl gibt es aber etwa eine Handvoll Vinyls davon, streng limitiert und definitiv ohne Repress- Aussichten. Es hätten ein paar mehr sein sollen, aber aufgrund von Problemen im technischen Ablauf ist die Zahl der verfügbaren Schallplatten fast nicht messbar (mehr Infos weiter unten). Dafür enthält die Ten Inch- Vinylausgabe auch nur 4 Titel.

Bewertung: 8/10

Infos:

Artist:             ORANGE SECTOR
Release:          Zerstörer
Art:                 digital only (+ minimale 10″ Vinyl- Sammlerauflage)
Label:             Infacted Recordings
Release Date: 20.03.2020
Quelle:            Bandcamp.com

Hinweis: für die handverlesenen Vinyls gibt es eine Beschränkung. Die Platte kann für 22,95 € zzgl. Versand nur direkt beim Label unter info@infacted-recordings.com bestellt werden.

ORANGE SECTOR Vinyl
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