Review: ZOODRAKE – “Purified”

Am Freitag ist es soweit – das lang ersehnte Debütalbum von Hilton Theissens neuem Projekt ZOODRAKE steht endlich in de Regalen. Die Debüt-Single “Sent To You” sowie zwei weitere Auskopplungen – “Our Light” und “Death Bloom” – haben schon ordentlich Appetit drauf gemacht, was einen denn da nach der Trennung von SEADRAKE so erwartet.

Wirkt das Album auf den ersten Blick etwas sperrig, so wird es auch nach mehrmaligem Hören absolut nicht langweilig. Man hat fast das Gefühl, dass Hilton hier seine ganze Palette an Kreativität aufgefahren hat.

Wir haben uns das Ganze vorab angehört und stellen euch hier Track by Track vor, was euch erwartet.

Track 1 – “Upgrade”

“Upgrade” ist als Intro sehr gut gewählt – der Sound baut sich stampfend, episch, düster-bedeutungsschwanger auf und wechselt verspielt zwischen minimalistischem Beats’n Bass und geradezu pompösen Wall of Sounds in den Bridges. Streckenweise fühlt man sich stimmlich an Steven Wilson erinnert. Insgesamt nicht geradlinig, aber genau deshalb macht das Ganze Lust auf mehr.

Track 2 – “Death Bloom”

Die dritte Singleauskopplung beginnt ungewohnt technoid. Die verzerrte Stimme verleiht dem ganzen einen leicht “groovigen” Touch. Die Synths muten leicht orientalisch an. Am ehesten würde man diesen Song in “Synthwave” einordnen. Als dritte Auskopplung war er deshalb sehr gut gewählt, weil er zeigt, dass das Album im Ganzen sehr experimentell wird.

Track 3 – “Lasting”

Romantisch-verträumter Soundtrack für den ersten Kuss gefällig? Dann sei euch Track drei wärmstens ans Herz gelegt. Sehr verspielte Synths “plätschern” vor sich hin, dazu Hiltons tragende, kräftige Stimme. Einfach wunderbar zum Träumen und als Hintergrundmusik für glückliche Zeiten. Das hier ist kein dunkel-düsterer Grufti-Song, sondern ein sehr glücklicher, lebensbejahender Song, der einfach Spaß macht zu hören.

Track 4 – “Our Light”

Der Track wurde als zweite Singleauskopplung gewählt. Tanzbarer Beat und treibende Synths, die im Ohr hängenbleiben, machen das Stillsitzen schwer. Hier ist ein deutlicher 80er-Jahre-Touch rauszuhören. Man könnte sagen, dass dies der poppigste Song auf der Platte ist, der am wenigsten experimentelle. Leichte Kost für zwischendurch mit Ohrwurmfaktor.

Track 5 – “For A While”

Man stelle sich eine Bühne vor – einen Lichtspot in dem Hilton steht und “For A While” performt – das Bild ist stimmig und gefällig – kraftvoll, gefühlvoll – sehr überzeugend. Hier fühlt man sich vom Aufbau und der Vocal-Führung am ehesten an Seadrake erinnert. Der Kontrast zwischen dem sehr böse-sägendem Bass und den sonst eher fröhlichen Klangfarben ist außerdem sehr gelungen. Funktioniert ziemlich sicher hervorragend live.

Track 6 – “Faster”

Wieder ein hymnischer Song – diesmal treibend und mit deutlich hörbarer Gitarre. Der Kinderchor fällt direkt ins Auge – interessant aber sehr passend. Wieder etwas leichtere Kost – hier sitzt alles. 

Track 7 – “Sent To You”

Die erste Singleauskopplung bietet reinrassigen Futurepop – verspielte Gitarrensamples setzen Kontrapunkte. Eine runde Sache, die sich auch wunderbar für die Tanzfläche eignet. 

Track 8 – “Fear”

Der erste Gedanke, als das ruhige, verträumte “Fear” aus den Boxen klang war “Hmm.. lange kein SAVAGE GARDEN mehr gehört. Ja, der Song erinnert schon stellenweise sehr an die Band. Zärtliches “Geklimper” auf heavy Breakbeat, schöner Kontrast – tolle Flächen und überall “klingelt” was – so haben die Ohren was zu tun. In den Strophen wird sich stark zurückgenommen, sodass es schon fast minimalistisch wirkt – ganz starker Song, auch wenn er ein wenig braucht um zu zünden, da er sehr experimentell ist. Mehrmals hören und auf sich wirken lassen lohnt sich!

Track 9 – “Solitude (you will)”

Der vorletzte Track kommt sehr perkussiv daher – das Intro mit viel Hall hat einen leichten Post-Punk-Charakter. Flashbacks zu THE CURE sind hier nicht auszuschließen. Die Strophen wirken sehr minimalistisch mit sattem Technobeat. Ab Minute drei getragener, befreiter, was dem Stück einen sanften Ausklang verleiht, irgendwie versöhnlich. Sehr stark mit kraftvoller Stimme.

Track 10 – “I Am The Drake”

Die erste Reaktion von jemandem, dessen musikalischer Schwerpunkt komplett woanders liegt und der genötigt wurde, sich das Ganze mal anzuhören war “Ist das immer noch Zoodrake?” Ja, ist es. Das fast schon geflüsterte Intro auf ungewohntem Soundteppich gipfelt in einer Wall of Sound, die schon fast an große NDH-oder Industrial-Bands erinnert – es gibt schon fast einen “in die Fresse” als Hilton im Refrain fast trotzig “I am the Drake” ins Mikro brüllt – will er hier seine Identität in einem Song als Showcase festhalten? Soll durch die harten Gitarren untermalt werden, dass er “der drake” ist und sonst kein anderer? Hier wird einmal die komplette stimmliche Palette ausgeschöpft. Völlig unerwarteter Song nach allem, was vorher zu hören war – macht aber echt Lust auf die “härtere” Seite von ZOODRAKE. Wenn das ein Ausblick auf Kommendes ist – gern mehr davon!

Fazit: 

Das Album ist vielleicht sperrig, vielleicht nicht unbedingt für die Charts gemacht. Es ist aber ein wunderbares Zeugnis von Hiltons Kreativität. Anfang und Ende überzeugen am meisten, weil sie ungewöhnlich und neu, ja fast “erfrischend” sind und bei jedem Hören ein anderes Gefühl hängenbleibt. Die Mitte ist ein breites Feld zwischen gefällig und fast schon kommerziell “hittig” bis hin zu belanglos, weil zu einfach und geradlinig – als Gesamtwerk aber trotz der überraschenden Experimente durchaus gut verdaulich und interessant, da eben nicht auf die ewig gleiche Songstruktur zurückgegriffen wird.

“Die Musik fokussiert fernab von aktuellen Trends oder politischen Inhalten das Spiel der Emotionen menschlichen Seins und die besonderen Momente.” – dieses Statement aus dem Pressetext trifft das Ganze wohl so ziemlich auf den Kopf. Wer seine Ohren mal mit erfrischend anderer Musik verwöhnen will und sich nicht scheut, ganz tief in die Musik einzutauchen findet hier ein absolutes Meisterwerk. 

Bewertung: 10 von 10

“Purified” erscheint am 27.03.2020 bei Elektrofish/Believe

ZOODRAKE sind:
HILTON –  vocals, guitar, production
SILVVEIL – synth, piano, backing vocals

Cynthia Theisinger

#metalyoshi :P Du kannst frei sein - nur für dich - lass alles los du brauchst es nicht. Ich höre: Da blicke selbst ich nicht mehr durch Oo - von Melo-Death über Metalcore über Punk bis hin zu EBM und übelstem Industrial (hauptsache es scheppert ordentlich^^) eigentlich alles...

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