Review: SHARON NEXT – “Hansa, Here We Come”

SHARON NEXT – “Hansa, Here We Come”

Das letzte Album von SHARON NEXT ist nun gerade einmal 2 Jahre alt und doch wurde es Zeit für ein neues Lebenszeichen der Darkwaver aus Östereich. Um es gleich vorweg zu nehmen: „Hansa, Here We Come“ ist kein Album mit neuen Liedern, sondern eine Compilation. Wie jetzt, schon eine „Best Of“?! Jain. „Hansa, Here We Come“ ist eine handverlesene Auswahl an Titeln, die den Werdegang der Band widerspiegeln. Und sie sind auch nicht einfach so auf diesen Tonträger geworfen worden, sondern wurden 2019 im Rahmen einer Studiosession in den altehrwürdigen Hansa Studios Berlin neu instrumentalisiert aufgenommen. Dabei wurden Hel Prixs und Michael Ruin von Clemens Haipl (DEPECHE AMBROS; hier an Gitarre und Bass) und Maximilian Schachner (WIENER LINIE, BLACK PALMS ORCHESTRA; Schlagzeug) begleitet und bei den Aufnahmen von der Schwedin Nanni Johansson als Tontechnikerin unterstützt.

Doch all das ist ja nur Makulatur, was bekommen wir denn serviert?

 

SHARON NEXT – „Hansa, Here We Come“ im Detail

Wir beginnen direkt mit „In My Sphere“, welches mit 10 Jahren auf der Uhr langsam den Schritt zum Klassiker macht. Schon mit den ersten Klängen wird klar, dass es sich hier nicht um einen „Party Power Pack“ handelt. Es handelt sich um Dark Wave in seiner puren düsteren Form. Es klingt bedrückend, aber wundervoll. Die Instrumentalisierung ist sehr zurückhaltend, die Gitarre sehr harmonisch eingefügt, ebenso wie das Piano. Mit „Feuerzeichen“ folgt ein recht neuer Titel und das auch noch auf Deutsch: eine ruhige Hymne über das Scheitern, ergreifend und beklemmend, man leidet regelrecht mit. Zwar ist der Grundtenor sehr getragen, jedoch wirken Orgelpfeifen, Gitarren und das herrlich organische Schlagzeug auflockernd. „Fairytale Romance“ erinnert schon etwas mehr an düsteren Synthpop mit einer Ohrwurmtauglichen Hook, die Ohren haben generell auch nach mehrmaligem Hören immer noch etwas neues zu entdecken. Ein Song zum dahinschmelzen und träumen, mehr muss dazu gar nicht gesagt werden.

Fast volljährig ist „Sweet And Tender Lovely Toy“ und ein gutes Beispiel für die Entwicklung der Band. Die handgespielte Bassline wirkt fordernd und energetisch, die Drums treibend. Der Sound ist dunkel und dicht, nimmt den Hörer voll unter Beschlag. Auch die „Realität“, original vom 2018er Album „Auto.Hotel“, ist keine schöne. Also zumindest vom vermittelten Gefühl. Ein Song wie 3 Wochen Novemberwetter, während man dem Regen wie gefesselt von der Couch durchs Fenster beim Fallen zusieht, komprimiert auf knapp 4 Minuten. Sehr eindringlich, beklemmend und doch schön und. „Your Embrace“ trägt dagegen fast schon euphorische Züge, geht wieder mehr in Richtung SynthPop. Das Tempo, Piano und das fast schon rockige Schlagzeug verhalten sich schon fast Konträr zum getragenen Gesang von Helmut Prixs. Ähnlich verhält es sich bei „Trying To Stop“, denn auch hier werden die klassisch wavigen Vocals von einem energetischen Klangteppich getragen. „First Man“ kündigt sich an wie ein herannahendes Gewitter. Das Thema ist, wie bei allen Tracks, wieder tiefgründig, musikalisch ist die höher gespielte Bassgitarre prägendes Stilelement und es gibt Backingvocals.

Kurz vor Schluss wird bei „Holyhead“ noch einmal alles in einen Topf geworfen: Darkwave, SynthPop und eine Prise Post Punk. Der Sound ist deutlich rockiger, als der Rest des Albums, die Gitarre dominant, man fühlt sich erinnert an große dunkle Synthie Hits der Mid 80´s, was wahrlich als Kompliment zu verstehen ist. Das Finale bildet mit „Der Hase“ der wohl bekannteste Titel der Band. Die Metaphern sind unterschiedlich interpretierbar und laden ein, sein eigenes Denken und Handeln zu reflektieren. Wie bei allen vorherigen Titeln lassen die Vocals, ganz unabhängig von den transportierten Aussagen, schon Stuhl und Strick bereit legen, aber die musikalische Untermalung hält einen immer wieder davon ab, sich mutlos fallen zu lassen. Bei aller Schwere vermittelt sie doch etwas lebensbejahendes, soweit es in dieser Musikrichtung möglich ist.

 

Fazit

Hat der Rezensent gerade noch über ein anderes „Best Of“ mit neu aufgenommenen Versionen genörgelt, urteilt er hier genau entgegengesetzt. Die aktuelle Besetzung wirkt harmonisch und die Aufnahmen mit echten Drums und einer Bassgitarre werten die Songs ungemein auf. Alles wirkt sehr organisch und lebendig, es ist kein Maschinensound, was der immer sehr getragenen Grundstimmung der Songs sehr zugute kommt. Es ist auch unverkennbar, wie sehr sich die musikalische Qualität seit den Anfangstagen gesteigert hat, SHARON NEXT sind erwachsen geworden. Eine Freundin nutzte neulich den Begriff „Wintermusik“, den man auf dieses Werk wunderbar anwenden kann. Glasklare Empfehlung für alle Fans des Genre und jene, die ihre Ohren auch in ungewohntes tauchen. Ganz und gar nichts für Feierwütige am Strand von Malle, und das ist auch gut so. In der aktuellen Situation, mit dem Gefühl „eingesperrt“ zu sein, sicher nur mit Vorsicht zu genießen, da die Stimmung einen gut mitreißt. Wer Probleme hat, sollte sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen und in Anspruch zu nehmen.

Also, Genießermusik für schwarze Seelen und reine Herzen, 9/10 Punkte.

“Hansa, Here We Go” erschien am 13.03.2020 bei Arenberg.

Tracklist: 

  1. In My Sphere
  2. Feuerzeichen
  3. Fairytale Romance
  4. Sweet And Tender Lovely Toy
  5. Realität
  6. Your Embrace
  7. Trying To Stop
  8. First Man
  9. Holyhead
  10. Der Hase

Zum Zeitpunkt des Reviews wurden auf der Homepage der Band auch signierte CDs angeboten, schaut dort ruhig mal vorbei.

sharonnext.com/
facebook.com/sharonnextofficial/
facebook.com/ArenbergRecords/

 

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