REVIEW: “Torn From Core” – Kernspaltung im ZOODRAKE- Style

Das Sauerland, jene seltsame Gegend mit Bergen, Wäldern, Sturen Ochsen, Hunden, Schafen und Kühen, gesperrten Autobahnbrücken und Brauereien. Eine davon macht theoretisch trinkbares Material, ist allerdings eng mit Blau-Weiß verbunden, weshalb sich die Verwertung selbigen für Schwatt-Gelbe irgendwie geradezu verbietet. Hach ja, das Leben ist schon kompliziert… Zu den negativen Dingen dort gehört neben vorgenannter Brücke auch ein ziemlich rückwärtsgewandter Ultrakapitalist, der ausgerechnet eine Partei mit dem Attribut christlich im Namen führt. Ich schrieb es bereits: kompliziert hier, bisweilen!
Zu den positiven Dingen hier gehört HILTON THEISSEN, aktuell besser bekannt als ZOODRAKE. Aktuell? Ja, denn im Musikgeschäft ist dieser Herr schon länger unterwegs, unter anderem mit den Bands/ Projekten AKANOID und DARK MILLENNIUM, sowie mit seinem WIDE NOISE STUDIO, wo er als Produzent aktiv ist. Lest hier, hier und hier, um euch ein Bild zu machen, falls ihr noch nicht ganz wisst, worum es hier geht.

 

 

Mit „Broken Down“ hat ZOODRAKE am 28. April die finale Single vor dem kommenden dritten Album gedroppt, wie man neudeutsch so sagt. Und damit sind wir direkt beim Thema: HILTON THEISSEN scheint sich in einem kreativen Hoch zu befinden. Das Debüt „Purified“ erschien gerade erst 2020, der Nachfolger „Seven“ 2021, nun steht ab dem fünften Mai 2023 Album Nummer drei „Torn From Core“ zum Erwerb bereit. Wir durften schon vorab ein Ohr auf dieses Werk werfen und wollen es euch nachfolgend etwas ausführlicher vorstellen.

ZOODRAKE

ZOODRAKE Promo 2023 für "Torn From Core"
(c) ZOODRAKE

Auffällig ist der eigene Ansatz bei der Musik von ZOODRAKE, wo nicht vorsichtig Stilzitate aneinandergehängt werden, sondern massiv sich eigentlich abstoßende Stilistiken miteinander dauerhaft verschweißt werden. Hier umarmen sich beispielsweise Synth Pop und harter Metal innig und ohne Vorbehalte. Dazu experimentelle Sounds und poppige Strukturen, fertig ist das Grundgerüst einer aus Extremen geschneiderten Musik, die dennoch weich genug ist, um im elektronischen Dark Pop- Bereich angenommen zu werden. Dazu sauberer Gesang mit vielen Facetten bis hin zum Growling, mit dem tiefsinnige Botschaften zum geneigten (oder auch geraden) Hörer transportiert werden. Eigentlich würde man solch wilde Konstruktionen eher bei Künstlern aus Schmelztiegeln wie dem Ruhrpott vermuten, denn bei jemandem aus einem vermeintlich ländlich- idyllischen Paradies.
Nun, so kann man sich irren…

Torn From Core

Auffällig ist direkt, dass es diesmal nicht ein prägnantes, schlagkräftiges Wort für den Titel gereicht hat. Dafür verrät der Titel schon viel über den Inhalt, der uns erwartet.
„Torn From Core“ ist das persönlichste Album von THEISSEN aka ZOODRAKE. Es erwarten uns Demut, Erkenntnisse nach Selbstreflektionen, eine persönliche Sicht auf Gesellschaft und Welt, also Emotionen und Tiefgang.

Ich habe mir endlich ein paar Dinge von der Seele gesungen, die mir schon seit langem am Herzen lagen, und die zu vertonen nicht leicht fiel. Von den schlimmsten Erfahrungen meines Lebens, über meine Sichtweise auf die Menschheit bishin zu einer persönlichen Botschaft für meine Tochter.

Der elementare Sound des Projektes ist mittlerweile absolut gefestigt und klar als ZOODRAKE identifizierbar. Hier gibt es also kaum mehr überraschende Effekte, was jetzt aber bitte nicht mit ‚langweilig‘ von euch übersetzt werden darf. Es ist lediglich so, dass man mittlerweile mit all den Ausschlägen, die Hilton seinen Werken verschafft, ganz gut umgehen kann. Dieser Crossover ist also tatsächlich bereits etabliert, und das nach nur drei Jahren offizieller Existenz! Das als Alternative- SubPop in Reinform!

If your dream turns out to be nothing but a big misfortune.
Any breach you cause is to narrow options down like too soon.
Any price that you pay, any reason to stay, utopic.
Like a needle in hay, too much pain every day, you feel sick.

Nun also liegt der Fokus noch mehr auf den Lyrics. Sie sind noch viel persönlicher, als bisher üblich. Wir erfahren eine Menge über den Autor, seine Gefühle, seine Sozialität, seine Sicht der Welt. Und er nimmt uns mit in seine Schlachten gegen dunkle Feinde, gegen die wohl jeder schon einmal kämpfen musste.

Dadurch gewinnen die Tracks noch deutlich mehr an Emotionalität, wir werden von etlichen Gefühlszuständen regelrecht durchgeschüttelt. Von Niedergeschlagenheit zur großen Vaterliebe, von Wut bis Angst, von Resignation und Verzweiflung bis zum mentalen Aufbruch in vermeintlich bessere Zeiten. Wenn dir zukünftig jemand mit In Ears (Neudeutsch für Kopfhörer) in Bus oder Bahn gegenübersitzt, der während der Fahrt von Zornesröte im Gesicht über Ganzköper- Gänseanzug bis zum hemmungslosen Weinen alles durchläuft, hört er vermutlich „Torn From Core“.

Es ist schon beachtlich, was für eine Achterbahnfahrt „Torn From Core“ hier unternimmt. Noch beachtlicher daran ist, wie leicht es dennoch konsumierbar ist. Das jedoch ist auch der gefühlte Nachteil an diesem Album: es ist viel zu schnell durchgehört. Die zehn Titel vermitteln ein echtes Gefühl von Kurzweil, die Zeit zieht wie im Fluge vorüber und schon ist der letzte Ton verklungen. Es hätte locker das Doppelte an Songs bieten können, ohne langatmig zu werden.

It`s in your hand, I recommend you fucking draw a line.
You swore to mend, but all you send are signs that you resign.

Unsere Empfehlung: hört es ruhig mehrfach hintereinander und befasst euch intensiv mit den Lyrics.

Promo 2023 für ZOODRAKEs Album "Torn From Core"
(c) ZOODRAKE
Bonus Tipp

Allgemein empfiehlt es sich, ZOODRAKE live zu erleben. Hilton ist einfach der personifizierte Derwisch auf der Bühne und die Songs funktionieren alle exzellent live. Besonders ans Herz legen möchten wir euch hier aber das SHIP OF REBELS auf dem Kölner Achterdeck, wo ZOODRAKE mit drei weiteren Acts ein ganz besonderes „Familienfest“ feiern werden. Alle Infos und Tickets zu diesem Event findet ihr hier.

Fazit

Ja, „Torn From Core“ ist ein typisches ZOODRAKE Album. Wir bekommen von der SynthPop- Ballade über Synthrock bis Alternative wieder einiges geboten. Und HILTON THEISSEN gewährt uns einen so tiefen Einblick in sein Innerstes, das jeder Proktologe neidisch wird. Es ist perfekt produziert und bietet eine menge Details, die in diesem Segment des Sub- Pop als durchaus unüblich gelten dürfen. Wie man das bekömmlich zusammenfügt weiß der Mann hinter ZOODRAKE, da er ja seit Jahrzehnten in den verschiedenen Welten des Undergrounds unterwegs ist. „Torn From Core“ ist der Beweis dafür, das eine gute Verdaulichkeit schwerer Inhalte nicht zwangsläufig als ‚belanglos‘ abgestempelt werden sollte. Hier steckt große Kunst drin und ‚Kunst‘ kommt bekanntlich von ‚können‘. Klare Empfehlung der Redaktion!

9/10

Fakten

Act Zoodrake
Release Torn From Core
Release Date 05.05.2023
Label Elektrofish
Vertrieb BOB Media
Medien Digital, CD, Stream
Quellen im gut sortierten Musikhandel, in den einschlägigen Digital Shops und auf den angesagten Streaming- Plattformen

Cover "Torn From Core", Album Nummer drei von ZOODRAKE

Die Fotos für das Artwork dieses Werkes stammen von DOMINIQUE SCHMITT, das Layout stammt von JÖRG TOCHTENHAGEN, Bildrechte bei ZOODRAKE.

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Note: beim Verfassen dieses Textes kamen weder eine künstliche Intelligenz zum Einsatz, noch eine natürliche. Zwinkersmiley…

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