Besuch aus dem tiefen Süden: TIR NAN OG und DEUS VULT geben sich in Hamburg die Ehre

Nach der Arbeit nicht viel geschlafen, um den Rhythmus wieder zu normalisieren, ging es durch einen wechselhaften Tag mit freudiger Erwartung. Ich hatte wieder ein Ticket an der Pinwand, dieses Mal für TIR NAN OG und DEUS VULT im Ballroom.

Zeitig ins Auto gehüpft ging es nach Süderelbien, das hügelige Land jenseits der Elbe, dort wo die wilden Kerle hausen, quasi schon Bayern. Die Kommunikation mit den Einheimischen fiel mir nach diversen Exkursionen bereits leichter, ich konnte mir ein Getränk erhandeln und mischte mich im Zwielicht unters Publikum.

Es war angenehm voll, schon fast kuschelig und trotz einer Konkurrenzveranstaltung mit der gleichen Zielgruppe meldete der kleine Laden: Ausverkauft. Grandios und meines Erachtens auch angemessen, verirren sich die beiden Bands doch eher wenig in den Norden. TIR NAN OG zuletzt als Support bei der “Knüppel aus dem Sack Tour 2022” von Schandmaul und DEUS VULT durften jetzt sogar das erste Mal so weit im Norden Süderelbiens spielen. (Fun Fact: Die meisten DEUS VULT Hörer bei Spotify kommen aus Hamburg)

Bei vollem Haus war “Zusammenrücken” nicht nur die Devise des Publikums, um einen möglichst guten Blick auf die Bühne zu erhaschen, auch die Jungs von DEUS VULT mussten zusehen, wie sie sich mit Instrumenten zu siebt auf der Bühne arrangierten, ohne dass es Schwund gab. Sänger Zwerg und seine sechs Halunken schafften es irgendwie sich in bester Tetris Manier zu sortieren und starteten unter lautem Begrüßungsapplaus direkt durch. Die Mittelalterrocker in Steampunk Optik verstanden es dem Publikum ordentlich einzuheizen und legten eine eindrucksvolle Bühnenpräsenz an den Tag.

“Tief in den finstren slawischen Wäldern geht eine Hütte auf Beinen umher, keine Türe, kein Fenster zu sehen, doch beobachtet dich irgendwer. Der Anblick lässt dich erschaudern. Es riecht nach Blut und nach Tod.”
(Baba Jaga)

Neben rockfolkigen Dudelsack Klängen zeigten Sven, Zwerg, René, Fabi, Tom, Chris und Thorsten, dass sie auch ruhigere Töne anschlagen können. Es wurde gelacht und gescherzt, Zwerg führte einen sich hinziehenden Kleinkrieg mit seiner verrutschenden Unterhose und die lockere Atmosphäre verschaffte den kräftigen Gesellen gleich noch mehr Sympathiepunkte.

“Da wo die Zeit still steht
Und auch kein Wind mehr weht
Ist es ein Leben aus Träumen und Schmerz
Dunkel, ein Schatten nur
Wider der Frohnatur
Ist es ein Leben aus Träumen und Schmerz”

Die kurze Setlist neigte sich alsbald schon dem Ende und die Jungs aus dem Süden mussten sich verabschieden. Die Reaktion des Publikums und auch die Begeisterung der Band darüber, hier so herzlich empfangen und gefeiert worden zu sein, legt den Schluss nahe, dass sie uns hier sicher irgendwann wieder beehren werden (dürfen/müssen).

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Fotos: Cynthia Theisinger

In der Pause gab es für mich genug zu quatschen und TIR NAN OG bereiteten ihre Bühne vor. Nach dem Support für Schandmaul 2022 war dies ihre erste eigene Headliner Tour, die “Bastards Tour 2023”. Wie DEUS VULT auch aus dem tiefen Süden stammend, zieht das muntere Grüppchen mit seiner aktuellen Scheibe “Sing, Ye Bastards” durch Deutschland und gastierte bisher in Nürtingen, Übach-Palenberg, Frankfurt a. Main und Hannover.

“Zum Glück” nur zu sechst stand Matze, Sarah, Joggl, Robert, Andreas und Volker etwas mehr Platz zur Verfügung, der auch nötig war, würde ihr Teufelsgeiger doch sicher wieder unablässig umherwirbeln. Stürmisch begrüßt vom kreuz und quer zugereisten Publikum, manche waren am Vortag schon in Hannover, andere kamen aus Berlin, erklangen schließlich die ersten folkigen Töne.

Die Frage des Abends wurde: “Who the fuck is Shaun O’Malley?”

Die Stimmung ließ sich untertrieben als gelöst und freudig bezeichnen, ehrlich gesagt waren die Leute einfach begeistert und auch ich habe mich herrlich amüsiert. Es wurde gesungen und getanzt, das Publikum war textsicher und die sechs rannten mit ihrer munteren Art offene Türen ein. Vielen waren sie auch schon vor der Support Tour bekannt, manchen wirklich erst seitdem, aber bei 14 aktiven Jahren und 5 Alben sind es auch wahrlich keine Neulinge mehr in der Szene.

“Going down in this maelstrom of life like a ship on the waves of the ocean, waves keep throwing me to the side in a never ending locomotion…”

Es gab keinen Kuchen, wie am Vortag in Hannover, aber da hatte Sarah schließlich auch Geburtstag, in Hamburg gab es in erster Linie Bier… oder Jacky-Cola. Sláinte! Matze ließ es sich nicht nehmen, mal wieder auf Schultern getragen im Publikum zu baden und auch die übrigen brachten ihre kleinen Anekdoten und Scherze.

(Erwartetes) Emotionales Highlight war für mich, als sie Sea of Sorrow spielten, ein Song, der das Sterben im Mittelmeer thematisiert und dessen Bandcamp-Einnahmen Sea-Watch zugutekommen.

“You’re asking me to sing a happy song
But how could I when happiness is gone?
See the bodies lying face down in the sand.
Sing a happy song for those who reach the land.”

Nach den letzten Tönen und der extralangen Zugabe blieben die sechs noch zum Quatschen, für Bilder und obwohl es schon bald Mitternacht war, keine 20 Stunden mehr bis zum Gig in Düsseldorf, blieb alles herzlich und freundlich. So kann ein Konzertabend gerne immer ausklingen.

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Fotos: Cynthia Theisinger
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