Review: DARK SARAH – Attack of Orym

Die finnischen Symphonic Metaler DARK SARAH veröffentlichen ausschließlich Konzeptalben. Und so ist jedes neue Album wie eine weitere Staffel der Lieblingsserie. Nun ist es wieder einmal so weit: Mit “Attack Of Orym” erscheint Album Nr. 5. Orym ist der Antagonist dieses Albums und die Titelfigur Sarah bekämpft ihn auf ihre eigene Art, zu sehen im Video zu Song Nr. 5 “Warning Sign”. Doch lasst uns nicht vorgreifen…

Zunächst ertönt das orchestrale Intro, bevor wir uns in Lied Nr. 2, dem Titeltrack des Albums, gleich Orym stellen müssen. Dementsprechend hart und kompromisslos kommt das Lied daher und wirft uns direkt hinein in die Kulisse der “Upper World”. Hier wirkt Mark Jansen (EPICA, MAYAN) mit und schafft den bedrohlichen Antipart zu Sarah aka Heidi Parviainen. Die Protagonistin lässt sich aber nicht unterkriegen und kämpft für ihre Freiheit. Ein Kracher-Song in metallischem Gewand. Doch dann gibt es zu Song 3 einen harten Bruch. Heidi kommt ursprünglich von AMBERIAN DAWN und außerdem wirkt bei diesem Song, wie auch bei Song Nr. 7, der BEAST IN BLACK-Gitarrist Kasperi Heikkinen mit, der ebenfalls eine AMBERIAN DAWN-Vergangenheit hat. Beides mag vielleicht mit bewirkt haben, dass es hier recht synthig zugeht. Das trifft vor allem aufs Intro zu, aber auch später im Song bleibt der entsprechende Rhythmus erhalten. Dieser Song nimmt einen sofort gefangen, die Geschwindigkeit, das Stampfen, die Synthies… ein höllischer Ohrwurm, den ich seit Tagen nicht mehr loswerde. Großartig und das erste Highlight des Albums. Zugegeben, man bekommt hier auch gewisse Pop-Vibes mit eingeschenkt, wer also mehr auf die großen Orchestersongs von DARK SARAH steht, wird hier nicht satt. Doch der nächste Gang wartet schon…

B.U.R.N. wurde ebenfalls als Single ausgekoppelt und zwar als letztes. Auch hier blubbern die Synthies im Hintergrund munter weiter. Doch die lang gezogenen Töne von Heidi bewirken eine andere Stimmung. Das Stakkato aus dem Vorgänger fehlt hier, stattdessen gibt es Choral-Passagen und einen eher klagenden Refrain, der seine Wirkung durchaus nicht verfehlt. Als nächstes kommen wir auf der rasanten Fahrt also an ein Stoppschild, das eben schon erwähnte “Warning Sign”. Das gilt aber vor allem für den fiesen Orym. Wenn man nach dem Video geht, fehlt diesem Halunken die geheimnisvoll-düstere Aura des Drachen (Antagonist in der Unterwelt, dargestellt von JP Leppäluoto). Er macht eher den Eindruck, als sei er Sarah ohnehin nicht gewachsen, da er zwar einige drohende Gesten vollzieht, aber letztendlich umgepustet wird. Ich bin mir an der Stelle noch nicht sicher, wie ich das bewerten soll. Wenn wir zum Serienvergleich zurückkehren und der Bösewicht so leicht zu schlagen ist, was kommt dann danach noch? “Warning Sign” war Single Nr. 1 und hat ein sehr interessantes Keyboard-Intro. Das Lied ist sehr eindringlich und Heidi kann hier ansatzweise auch ihre meiner Meinung nach größte Stärke ausspielen: Sehr hohen, durchdringenden Sirenengesang. Und trotzdem wünsche ich mir an der Stelle noch einen atmosphärischeren Song im Stile von “River Of Tuoni” oder “Arctica”. Aber wir sind ja auch gerade mal bei der Hälfte des Albums angelangt. Zu früh für Reklamationen!

Stürzen wir uns in Song Nr. 6 namens “Goth Disco”. Interessanter Titel. Was kommt jetzt? Dark Wave? Nein, natürlich nicht, wir bewegen uns hier immer noch auf dem Gebiet des Metals. Der Refrain hat etwas Seltsames, Unwirkliches, aber irgendwie werde ich mit der Tonart nicht ganz warm. Es klingt bewusst etwas schaurig-schräg, aber meinen Geschmack trifft das nicht, auch wenn ich gerne in Goth Discos verkehre. “Delirium” beginnt etwas kitschig und so gestaltet sich auch der Refrain. Ich bin verwirrt. Das klingt mittlerweile wie ein Disney-Musical. Bisher vermisse ich an dem DARK SARAH-Album vor allem das “dark”, man fühlt sich hier viel zu wohl und wird kaum herausgefordert. Ich dachte, ich muss dem Schneeleopard fest in die Augen sehen, um ihn zu bannen. Stattdessen wirft er sich auf den Rücken und will spielen. Schade! Der Song ist wirklich von vorne bis hinten überladen mit Kitsch und tut mir ein bisschen weh. “Piece Of My Heart” macht diese “Verwundung” nur teilweise wieder gut. Der Song hat seine Momente und hat wieder deutlich mehr Gitarren, ein Hauch von Kitsch bleibt aber auch hier erhalten. Ab der Bridge nimmt dieses Lied noch einmal richtig Fahrt auf. Der Musicaleffekt wird sicherlich auch von den mehrstimmig gesungenen Refrains ausgelöst. Das muss nicht sein. Heidi ist so eine großartige Sängerin, die ganz für sich stehen kann. Ich wiederhole mich, aber “River Of Tuoni” wurde praktisch komplett von dem einen Ton von Heidi getragen, der den Refrain einläutet. Diese Dominanz ist jetzt kaum noch spürbar. Man muss aber gar nicht so weit zurückgehen. “Dance With The Dragon”, eins der großartigsten Duette der Symphonic Metal-Geschichte vom DARK SARAH-Album “The Puzzle” vertraute auch rein auf Heidis und JPs Stimmen. Warum sperrt man die Ausnahmestimme nun in einen Käfig aus Keyboardgeklimper und stellt ihr unnötigerweise verstärkende Co-Sänger zur Seite? Track Nr. 9 “Breaking Free” schlägt wieder in die harte Kerbe, die schon “Attack Of Orym” geschlagen hatte und ja, hier schimmert im Refrain auch endlich mal wieder Heidis Intensität durch. Reichlich spät leider. Hier passt der kraftvolle Sound ganz gut zum Text, hier fiebert man wieder mit und hat die komischen Musical-Vibes abgeschüttelt. Wenn jetzt der finale Song richtig reinhaut, kann man versöhnlich mit dem Album abschließen. Also los, “Hero And A Villain” – du bist dran, Donnerblitz Attacke! Oh wow! Das klingt… super. Ist das etwa Bass? Danke, danke, danke! Ein Intro, das wie die gepimpte Version von VISIONS OF ATLANTIS’ “Wing-shaped Heart” klingt. Die Attacke ist sehr effektiv, Disney ist kampfunfähig! Das ist definitiv der beste Song des Albums. Den muss man gleich mehrmals hören und er hat mit 04:26 Minuten auch eine angenehme Länge. Hier wird man von dem intensiven Sound direkt mitgerissen und hier ist auch eine tolle Symbiose aus Gitarren und Synthies gelungen und Heides kraftvolle Stimme peitscht von Anfang bis Ende durch den Song und lässt einen mit Gänsehaut zurück. Gerade noch gerettet, DARK SARAH! Volle Lautstärke für “Hero And A Villain” wird empfohlen.

Fazit

Gemischt! Der Start war in Ordnung, dann kam es zum Hänger in der Mitte, bevor das Finale noch einmal alles rausgerissen hat.
Was mir fehlt ist ein operesker Song.

Bewertung
Wenn man einen Zusatzpunkt für das tolle Artwork verleihen möchte – und das möchte ich tatsächlich – landen wir bei 6,5/10

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