Review: BRDigung – “Wieder Hässlich”, eine Abrechnung

„Wieder hässlich“, eine Ansage, die einiges erwarten lässt. BRDigung melden sich zurück, um das Land mal wieder ordentlich aufzumischen.

Und das gelingt ihnen von Anfang an. Es beginnt recht harmlos mit Uptempo Beats, geht dann aber schnell über in Streicher aus der Konserve und Vocals im angesagten Hip-Hop Style, bevor es dann deutlicher wird und Deutschrock-Gitarrensoli einsetzen. Das hat was, wenngleich altgediente Punkhasen hier in der Redaktion etwas sparsam schauen, bei diesem New School Punk. Dennoch geht das definitiv über das mittlerweile etablierte verbreiten harmloser Rockmusik im Gewandt angestaubter Punk-Attitüden hinaus. Unser Interesse ist nach „0815 Band“ geweckt. Der Titeltrack „Wieder Hässlich“ holt Versatzstücke aus Hip-Hop und Synthlines ins Boot, ohne damit das Feuer aus den Vocals zu nehmen. Der Name hält, was er verspricht, denn allein hier wird zu einem allumfassenden Rundumschlag ausgeholt.

Mit „Fick Deine Playlist“ geht es ganz deutlich Richtung Deutschrock – natürlich nicht, ohne die Grenzen hier und da zu überschreiten.
„So High“ ist eine seltsame Pop Punk Nummer, die wir nur bedingt verstehen (wollen).
Wer nicht BRDigung auf Wish bestellt, hört „Tune In MF“: ein Bashing gegen alles, was gerade im Trend ist. Herrlich aggro, politisch so dermaßen inkorrekt, dass es fast selbst schon wieder trendet.

Wutbürger werden diesen Song lieben (hauptsächlich natürlich, weil sie den Inhalt nicht verstehen; Anm. der Redaktion).
„Punkrock Genozid“ ist nun die absolut schonungslose Abrechnung mit Welt, Szene und Kollegen. Mit zwanzig Jahren auf der „Haben-„ Seite können sich die Jungs von BRDigung das tatsächlich auch erlauben. Man muss als Hörer nicht jede der getroffenen Aussagen gut finden, aber dass sie getätigt werden, ist einen Jubelschrei wert.

Es wird Zeit, etwas versöhnlicher zu werden und die Fanszene zu feiern: „Brennt Den Club Ab“ ist eine augenzwinkernde Clubhymne par excellence! „Unsichtbar“ ist ein fast schon braver Rocksong, während „Kippen Holen“ stilistisch experimenteller wird und textlich ein durchaus ernstes und nachvollziehbares Thema behandelt. Tanzend in den Untergang geht s mit „Fick Die Welt“. Bläsersätze versüßen uns die schlechten Botschaften. „Ich komm wieder“ ist ein auf die Realität übertragbares Schauermärchen im Country- Rock- Stil – das überzeugendste Stück der Platte – davon hätte es mehr geben dürfen. Etwas strange im Kontext der restlichen Songs auf „Wieder Hässlich“ wirkt „Niemals Aufgewacht“, ein verzichtbares Stück.

„Spiegellabyrinth“ lässt wieder etwas mehr das Können der Jungs aufblitzen, kann aber auch nicht gänzlich überzeugen. Mit „Ich bin bereit“, begeben wir uns langsam auf die Zielgerade. Zurecht möchte man meinen, denn die Luft scheint mittlerweile raus zu sein, wie auch dieses klassische Deutschrock-Stück beweist. Zu guter Letzt gibt es bei „Stress Mit Uns“ nochmal ordentlich akustisch auf die Fresse und man kommt zu dem Fazit, dass die Platte auch deutlich schlanker hätte daher kommen können. Klasse statt Masse gilt selbst im Punkrock als akzeptable Regel.

Fazit:

Als Mitglied der Bevölkerungsschicht, die bereits mit Pre-Punk sozialisiert wurde, kann der Autor seine teilweise vorhandene Enttäuschung nur schwer verbergen.
Sowohl musikalisch, als auch inhaltlich, ist man da deutlich „hässlicheres“ gewohnt, BRDigung halten ihr Versprechen also nur bedingt. Wir finden auch lyrische Mängel. Klar ist Kritik an aktuellen Trends und Politik nicht nur erlaubt, sondern insbesondere im Punk sogar erwartbar. Und Anspielungen an die vermeintliche Gleichstellung von Kritikern mit Wutbürgern etc. haben wir zur Kenntnis genommen. All diese plumpen Vorwürfe eben dieser Klientel zu wiederholen, ohne eine Differenzierung jeglicher Art, ist allerdings auch nicht der richtige Weg.

Musikalisch kommt das Album unpunkig fett und experimentierfreudig daher.
Alles in Allem sind zwei Drittel dieses Werkes durchaus hässlich und energetisch, wenngleich kaum noch echter Punk, ein Drittel jedoch recht verzichtbares Füllmaterial. Es gab da durchaus ein paar Kollegen, die das mit den Rundumschlägen besser und vor allem gezielter hinbekommen haben.

6/10

Daten

Act:   BRDigung
Release:   Wieder hässlich
Release Date:   06.01.2023
Label:   Drakkar Entertainment
Media:   CD, Vinyl, Box Sets
Quellen:   vorbestellbar überall, wo es Musik gibt und hier

Tracklist

1. 0815 Band
2. Wieder Hässlich
3. Fick Deine Playlist
4. So High
5. Tune In MF
6. Punkrock Genozid
7. Brennt Den Club Ab
8. Unsichtbar
9. Kippen Holen
10. Fick Die Welt
11. Ich Komm Wieder
12. Niemals Aufgewacht
13. Spiegellabyrinth
14. Ich Bin Bereit
15. Stress Mit Uns

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