Review: SOLAR FAKE – “Enjoy Dystopia”

Drei Jahre nach „You Win. Who Cares?“ liefern Solar Fake den Nachfolger „Enjoy Dystopia“ ab – ein Album, das den Weg des von Fans geliebten Vorgängers konsequent mehrere Schritte weiter geht. So fängt der Pressetext zum neuen SOLAR FAKE Album an und kann nach mehrmaligem Durchhören auch so bestätigt werden.

Nach dem ersten Durchgang ist erstmal klar: Das Album ist definitiv aus Sven Friedrichs Feder – aber es ist deutlich aggressiver als all seine Vorgänger. Wie man es von SOLAR FAKE gewohnt ist, werden auch auf “Enjoy Dystopia” teilweise sehr wütende Texte in zurückersüßen Hooks verpackt – ein Kontrast, der schon immer an dieser Band fasziniert hat.

Das Hauptthema der Texte, nämlich das der Mensch die Wurzel vielerlei Übels ist, zieht sich auch durch das neue Werk – diesmal gibt es mit “Es geht dich nichts an” auch überraschenderweise einen deutschen Track, in dem das lyrische Ich allerlei Phrasen zu hören bekommt, die sich jemand der an Depressionen erkrankt ist oftmals zu hören bekommt. Die Vermutung liegt nahe, dass die aktuelle Situation, die bekanntlich das Schlechte aus vielen Menschen zu tage gefördert hat, nicht ganz unschuldig daran ist, dass das Album sehr wütend und aggressiv wirkt.

Mit “At Least We‘ll Forget” geht es direkt tanzbar los – so gesehen ist der Opener perfekt gewählt um direkt einzusteigen, ist vom Sound her aber noch sehr nahe am Vorgängeralbum. Aber auch hier wird die Wut des Albums schon im Refrain spürbar, wenn auch der Rest noch sehr harmonisch klingt. “I Despise You” sollten diejenigen, die die Corona Konzerte der Band besucht haben bereits kennen. Auch hier zuckt es in den Beinen – der Wunsch zu Tanzen lässt sich bei dem sehr treibenden Song sehr schlecht unterdrücken. Textmäßig bitter böse in Svens ruhige, sanfte Stimme eingebettet – SOLAR FAKE at it’s best. Die erste Singleauskopplung ist der dritte Song auf dem Album – “This Pretty Life” startet mit ruhiger Strophe, in der es um Psychopharmaka geht. Im Video dazu findet man einen Haufen Informationen aus verschiedenen Beipackzetteln, man sieht einen Mord und Jeans als Psychopaten, der sein Opfer im Keller einsperrt. Nach dem ruhigeren Strophenteil folgt ein sehr mitreißender Refrain, der einem erstmal nicht mehr aus dem Kopf geht. Definitiv die richtige Wahl für eine Auskopplung.

Das Tempo wird erstmal nicht gedrosselt: “Arrive Somewhere” geht straight nach vorn, wenn auch von leichten Breaks unterbrochen, die aber lediglich minimale Verschnaufpausen bieten. Und da ist er – der erste deutsche Song von SOLAR FAKE – “Es geht dich nichts an”. Nicht nur textlich, auch vom harten, teilweise disharmonischen Sound gibt es hier Neues auf die Ohren. Jeder der schonmal von Depressionen betroffen war, wird sich in dem zum Ende bis ins Misanthropische gesteigerten, immer wütender werdenden Text wiederfinden. Sven schreit seinem Gegenüber förmlich ins Gesicht, dass er sich mit seinen klugen Ratschlägen einfach verziehen und sich um seinen eigenen Scheiß kümmern soll. Musikalisch ist das Thema perfekt umgesetzt. “It‘s Who You Are” ist dann schon als zweite Singleauskopplung bekannt. Hier steigert sich der Sound zum Refrain, um sich dann vollends im Gehörgang zu entfalten und so schnell nicht mehr raus zu gehen. Es ist immernoch ein Rätsel, wie man so fiese Texte in solch ohrwurmtaugliche Melodien verpacken kann. Fun Fact am Rande: Es gibt komische Blicke, wenn man den Refrain lautstark mitsingt.

Eine härtere Grundstimmung gibt’s bei “Trying Too Hard”. Der Song wirkt auch nach ein paar mal hören etwas sperriger, was ihn allerdings gerade interessant macht. Gefühlt entdeckt man bei jedem Durchlauf etwas Neues. In extrem vielschichtiger und experimenteller Song, der Lust darauf macht, ihn genauer zu analysieren. “Implode” ist ebenfalls sehr vielschichtig. Und tatsächlich etwas weniger nach vorn treibend, sondern eher etwas Midtempo. Der getragene Refrain ist wieder ein typisches Element, auch wenn der Rest drumherum eine Weile braucht, bis er richtig zündet. Es bleibt beim Midtempo: “Just Leave It” erinnert im ersten Moment ein weniger an die 20er und 30er Jahre – zumindest entfernt. Ein bisschen Glamour hat der Song irgendwie. Die Assoziation zu einer verrauchten Kneipe schleicht sich in den Kopf.. Irgendwie. Schwer zu fassen der Song. Wenn das Album eine Ballade hat, dann kommt “Wish Myself Away” am nächsten dran. Keine typische Ballade, aber ein ruhiger Song der dem Album einen ruhigen Ausklang beschert. Hier scheint sich der Zorn des Protagonisten etwas gelegt zu haben. Gefühlt verraucht die Wut und Aggression im Laufe des Albums – ungeachtet davon, dass die Texte zynisch und böse bleiben.

Fazit:

Wo SOLAR FAKE draufsteht, ist auch SOLAR FAKE drin. Auch wenn der Sound insgesamt aggressiver und härter ist als auf “You Win – Who Cares?” so sind die Grundstrukturen doch unverkennbar und bieten wieder einiges an Ohrwurmpotential. Mit “Enjoy Dystopia” gibt es nun ein neues Album, das sehnsüchtig live erlebt werden will – bis dahin werden alle Facetten auf der heimischen Anlage entdeckt – ich für meinen Teil kann mich an dem Album einfach nicht satt hören und erwische mich immer wieder dabei, ”It‘s Who You Are” und “At Least We‘ll Forget” vor mich hin zu summen. CD2 und CD3 wird jedenfalls mit Spannung erwartet – die beiden lagen bei der Bemusterung noch nicht vor.

Bewertung: 10 von 10

CD 1
1. At Least We‘ll Forget
2. I Despise You
3. This Pretty Life
4. Arrive Somewhere
5. Es geht dich nichts an
6. It‘s Who You Are
7. Trying Too Hard
8. Implode
9. Just Leave It
10. Wish Myself Away

CD 2:
1. Join Me In Death
2. Where Is My Mind
3. Es geht dich nichts an (Faelder Remix)
4. Implode (Blutengel Remix)
5. Arrive Somewhere (Solitary Experiments Remix)
6. This Pretty Life (Iris Remix)
7. I Despise You (Massive Ego Remix)
8. Trying Too Hard (Dunkelsucht Remix)
9. At Least We‘ll Forget (Backline Remix by Blood & Tears)
10. It’s who you are (Random Starlight Remix)
11. I despise you (Vintage Remix by NAN)
12. At least we’ll forget (Uplifting Emotional Mix by Anja & Alex)
13. It’s who you are (Ost+Front Remix)
14. Just leave it (Lord of the Lost Version)

CD3:
„Masked“
1. I despise you (Piano Version)
2. This pretty life (Acoustic Version)
3. Arrive somewhere (Acoustic Version)
4. Implode (in Wonderland)
5. Just leave it (Piano Version)
6. It’s who you are (Acoustic Version)
7. Wish myself away (Acoustic Version)

“Enjoy Dystopia” erscheint am 12.02.2021 bei Out Of Line Music

Cynthia Theisinger

#metalyoshi :P Du kannst frei sein - nur für dich - lass alles los du brauchst es nicht. Ich höre: Da blicke selbst ich nicht mehr durch Oo - von Melo-Death über Metalcore über Punk bis hin zu EBM und übelstem Industrial (hauptsache es scheppert ordentlich^^) eigentlich alles...

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