Review: AUDREY HORNE – Waiting For The Night
Jetz’ is’ hier Achterbahn!
Natürlich kann man sich die Frage stellen, wer denn in 2020 überhaupt noch ein Livealbum braucht, wo doch deren Produktion heutzutage einfacher denn je ist und Judas Priests “Unleashed in the East” nicht umsonst häufig mit dem Scherztitel “Unleashed In The Studio” bedacht wird, sprich: gern einmal nachgebessert wird. Die Antwort kann, muss lauten und ist in diesem Fall: genau wegen Bands wie Audrey Horne!
Im Jahr 2020 blicken Audrey Horne auf eine nunmehr 18-jährige Bandgeschichte zurück, haben in dieser Zeit 6 Studioalben ohne einen einzigen Totalausfall veröffentlicht, einen Metal Hammer-Award und den norwegischen Grammy Spellemanprisen abgeräumt, sich eine eigene Nische für retro-beeinflussten aber dabei niemals in der Vergangenheit stehengebliebenen Hardrock in modernem Gewand geschaffen und den Status einer absoluten Live-Institution erspielt. Viele Bands würden an dieser Stelle eine die bisherige Karriere zusammenfassende Best-Of auf den Markt schmeißen und bis zur nächsten Studioscheibe die Füße hochlegen. Nicht so Audrey Horne, die mit “Waiting For The Night” wohl das heißeste Livealbum des noch jungen Jahres in unseren Orbit schießen!
Wer die Jungs bereits einmal erleben durfte, weiß, um wieviel intensiver, energetischer und druckvoller die Jungs in unkonserviertem Zustand agieren, und nirgendwo zeigt sich dies authentischer als auf vorliegendem Manifest. Von “Weightless” und “Threshhold” über “Blaze Of Ashes” oder “Redemption Blues”, dem titelgebenden “Waiting For The Night” hin zu “Midnight Man” vom aktuellen Studiowerk “Blackout” – die Audreys servieren ein buntes Potpourri ihrer Livegranaten quer durch den kompletten Backkatalog, garniert mit norwegischen Ansagen, einem bestens und lautstark wahrnehmbaren Publikum und einem organischen Mix, der an genau den richtigen Stellen herrlich ungeschliffen aus den Boxen brodelt. Man bemerkt sofort, wie gut eingespielt die Formation mittlerweile ist: minimalste und auch wohl nur für Akribiker überhaupt wahrnehmbare Timingversätze der Gitarristen Isdahl und Tofthagen mussten nicht nachbearbeitet werden, da die Herren mittlerweile so nach Ohr aufeinander reagieren können, dass man mit schlafwandlerischer Sicherheit wieder zueinander findet. Basser Espen Lien bollert im Tieftonraum knackig und präzise und darf auch aufgrund der körperlichen Performance bewundert werden, hat der Gute doch im ausgekoppelten Video zu “Redemption Blues” einen Fender Steve Harris Signature Bass in den Händen, ein Modell, das unter Bassisten den Ruf genießt, entweder aus einer zu Instrumentenform komprimierten 60er Jahre-Volleichenwohnwand oder wahlweise Neutronensternmaterie zu bestehen und nicht nur extremst massiv klingt (wie hier eindrucksvoll hörbar) sondern auch dementsprechend bandscheibenvorfallinduzierende Qualitäten mit sich bringt. Kjetil Greve an den Kesseln klingt genau richtig, nämlich nach “wumms!” statt “klick!”, und muss man über einen Toschie in Hochform, text- und tonsicher bis zum Umfallen, am Mikro wirklich noch Worte verlieren? Mit “Waiting For The Night” nehmen Audrey Horne kräftig Anlauf und lassen die Messlatte links liegen, um auf einer Abrissbirne reitend durch die nächste Wand zu krachen, auf dem Barhocker Platz zu nehmen und sich erstmal einen Whiskey-Coke mit Eis zu genehmigen! Lediglich einige Überraschungen (z.B. “This Ends Here”) hätten der Setlist gut getan, es stellt sich schon fast ein Gefühl von zu viel Routine ein.
Bewertung: 9/10
“Waiting For The Night” erscheint am 28.02.2020 bei Napalm Records
AUDREY HORNE sind:
Torkjell Rød/Toschie – vocals
Arve Isdal/Ice Dale – guitar
Thomas Tofthagen – guitar
Kjetil Greve – drums
Espen Lien – bass
Tracklist:
- This Is War
- Audrevolution
- Youngblood
- Blackout
- Pretty Little Sunshine
- Out Of The City
- Sail Away
- Midnight Man
- Light Your Way
- California
- Weightless
- Threshold
- Blaze Of Ashes
- Waiting For The Night
- Redemption Blues
- Straight Into Your Grave
Tracklist Blu-ray
- Redemption Blues (Verftet, Bergen 2018)
- Straight into your grave (Verftet, Bergen 2018)
- This is war (Paris 2018)
- Blackout (Bergenfest 2018)
- Wolf in my heart (Verftet, Bergen 2014)
- Youngblood (Bergenfest 2018)
- Weightless (Verftet, Bergen 2018)
- Pretty Little Sunshine (Paris 2018)
- Sail Away (Verftet, Bergen 2018)
- Threshold (Verftet, Bergen 2018)
- There goes a Lady (Verftet, Bergen 2014)
- Waiting for the night (Verftet, Bergen 2018)
- Blaze of Ashes (Verftet, Bergen 2018)
Bonus features:
- The beginning (early days Bergen 2003-2004)
- Uken 2006
- Release “Audrey Horne” Bergen 2010
- Paris 2018
- Karmøygeddon 2019
AUDREY HORNE Live:
07.03.2020 DE – Neunkirchen, Stummsche Reithalle
09.03.2020 DE – Wiesbaden, Schlachthof
10.03.2020 DE – Berlin, Musik & Frieden
11.03.2020 DE – Dresden, Beatpol
12.03.2020 DE – Nürnberg, Z-Bau
13.03.2020 DE – Munich, Backstage
14.03.2020 DE – Essen, Turock
15.03.2020 DE – Hamburg, Logo