MEGAHERZ & COMBICHRIST – 200% Abriss im Kulttempel Oberhausen

Double-Headliner-Touren sind im postpandemischen Zeitalter an der Tagesordnung. Mit MEGAHERZ und COMBICHRIST gab es aber ein ungewöhnliches Doppelpack zu bestaunen. Schließlich sind erstere eine Institution im NDH-Bereich und letztere entstammen eigentlich dem Aggrotech, auch wenn sie in den letzten Jahren eine gewisse “Metalisierung” durchlaufen haben. Das eigentlich für die Turbinenhalle 2 angesetzte Konzert in Oberhausen wurde kurz vorher noch in den angrenzenden Kulttempel verlegt. Eine schlechte Nachricht für alle Fotografen, denn ohne einen Graben war es schwierig, genügend Platz für gute Fotos zu bekommen. Gelungen ist es uns trotzdem!

Den Anfang machte die “Ein-Mann-Kapelle” JANOSCH MOLDAU, deren eher ruhige, kühl anmutende Klänge einen Kontrast zum Rest des Abends bildeten. Die “auf Krawall gebürsteten” ZuhörerInnen waren eher nicht die richtigen Adressaten für diese Art von Klangberieselung, weshalb der Anheizer-Effekt leider ein wenig verpuffte.

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Fotos: Andreas Theisinger

Als kurz darauf COMBICHRIST die Bühne stürmte und direkt loslegte, ging die Stimmungskurve aber exponentiell nach oben. Die Band hatte zuletzt etliche Oldschool-Electro-Sets gespielt, nun stand aber wieder die geballte Saitenpower mit Eric13 und Elliot Berlin zur Verfügung. Das Set startete mit “Blut Royale” und “Maggots At The Party”. Schon früh bildeten sich die ersten Moshpits, denn der Sound war wie gewohnt brachial gut, und brachte das Blut der Anwesenden ordentlich in Wallung. Lediglich hinter der FOH war ein wenig Platz für diejenigen, die nicht der fröhlichen Zermalmung frönen wollten. Andy LaPlegua war sichtlich zufrieden: “That’s what we’re talking about!”. Nicht nur in der Menge ging man ordentlich ab, auch an den Soundreglern wurde getanzt. Schön, wenn auch der Fachmann angetan vom Klangerlebnis ist. Es war natürlich auch ein Set der Klassiker, denn “Get Your Body Beat” (Gott bewahre mich vor diesem Ohrwurm) und “Fuck That Shit” erschütterten den Tempel, aber auch neueres Material in Form von “Compliance” oder “Heads Off” war genügend vertreten, letzteres auch als allgegenwärtiges T-Shirt. Elliot “klaute” während eines Songs ein Handy eines Filmenden aus der ersten Reihe für einen schnellen Perspektivwechsel und Eric posierte zwischendurch mit der Gitarre auf seinem Kopf. COMBICHRIST ist eben keine One-Man-Show, hier sind mehrere Verrückte auf einem Haufen. Nur hinter den Drums hat der Level an Wahnsinn eher abgenommen. Während Vorgänger Joe Letz bekannt dafür war, zwischendurch alles vom Drumstick bis zur Basedrum durch die Gegend zu werfen, konzentriert sich Dane White eher darauf, dem fantastischen COMBICHRIST-Sound den richtigen Rhythmus zu geben. “All you beautiful fuckin’ people. We’re here for one reason: The music!”, beschwor Andy zwischendurch das Zusammengehörigkeitsgefühl. “That makes you my family!”. Bei “Never Surrender” hielt es Elliot nicht mehr auf der kleinen Bühne und er spielte mitten im Pit, später wagte er auch noch eine Runde Crowdsurfen. Als das Set mit “My Life My Rules” endete, war die Band sichtlich glücklich und zufrieden. Und das Publikum erst: COMBICHRIST-Konzerte sind wie eine Frischzellenkur. Man kann die ganzen, alten, abgestorbenen Hautzellen abstoßen, die einem die Welt wieder einmal beschert hat und verlässt den Ort des Geschehens frisch und erneuert. Doch halt, noch war der Abend ja nicht vorbei…

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Fotos: Andreas Theisinger

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Fotos: Mirco Wenzel

Denn bei einer Double-Headliner-Tour kommt noch der zweite Headliner und der hörte diesmal auf den Namen MEGAHERZ. Die NDH-Band feiert dieses Jahr ihr 30jähriges Bestehen und wo kann man amtlicher feiern, als auf Tour? Das neue Album “In Teufels Namen” ist noch frisch und mit dem gleichnamigen Titelsong ging es auch gleich los. Sänger Lex kam wie üblich mit Baseballschläger auf die Bühne und die schwarz-weiße Schminke der Bandmitglieder ist auch Tradition. Im Vergleich zu COMBICHRIST wurde es nun rockiger und die Texte deutscher. Die Stimmung blieb aber gleich oben. “Wir leben in einer Arschlochgesellschaft!”, verkündete der Fronter den meisten sicherlich nichts Neues. “Wir haben den perfekten Song dafür!”. Genau wie bei COMBICHRISTS “Heads Off” war “Alles Arschlöcher” ein Song, der sich auf zahlreichen T-Shirts widerspiegelte, auch der Frontmann trug eins. Eine dystopische Hymne für eine abgefuckte Zeit brach sich im Kulttempel Bahn und sorgte nach “Get Your Body Beat” für die nächste hohe Mitsingquote. “Es tut so gut, gemeinsam mit euch wieder unsere Lieder abzufeiern!. Und der nächste Song darf auf keiner MEGAHERZ-Party fehlen!”, verkündete Wohlhaas als Ankündigung für den Klassiker “5. März”. Danach war das “Arschlöcher”-T-Shirt wie auf wundersame Weise verschwunden und wurde durch ein Oberteil mit nicht weniger einprägsamer Botschaft ersetzt: Fuck Racism! In der Menge ließ das allgemeine Energieniveau zu der Zeit etwas nach, schließlich hatte man sich bei COMBICHRIST bereits verausgabt. Doch ein toller Mitsing-Song wie “Engelsgesicht” wirkt da wahre Wunder und auch beim folgenden “Freigeist” konnte man Richtung Welt noch einmal deutlich herausbrüllen, was man fühlt. “Der alte Mann muss sich mal setzen”, läutete der Sänger alsdann eine Atempause ein und wurde ernst: “Jetzt kommt ein Song, der etwas ganz Besonderes ist. Ich genieße ihn jeden Abend und ich hoffe, ihr genießt ihn mit mir!”. Die Rede war natürlich von der Ballade “Für immer” und der fromme Wunsch erfüllte sich jedenfalls. In der Menge sah man eng umschlungene Paare und auch die ein oder andere Träne im Augenwinkel. Neue Deutsche Härte kann eben auch sanft sein. Doch direkt danach ging es lautstärketechnisch wieder steil nach oben, denn das berühmte “Miststück” verlangte nach ordentlich Hass in der Stimme. Als MEGAHERZ hernach die Bühne verließ, wollte sie trotz der Erschöpfung noch niemand gehenlassen. Natürlich wurden die Jungs lautstark zurückgebrüllt und gaben mit “Jagdzeit” und “Himmelsstürmer” noch zwei Zugaben.

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Fotos: Andreas Theisinger

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Fotos: Mirco Wenzel

Plus mal Plus ergab ein fettes Plus. Auch wenn sich die beiden Fanbases nicht zu 100% überschritten haben, so konnte man doch zwei volle Sets abfeiern und insgesamt ergab das einen fulminant-rockig-metaligen Abend, der einem viel abverlangte aber auch mindestens genauso viel zurückgab. Danke an die Bands und auch an Peter Jurjahn für das spontane Zur-Verfügung-Stellen seines Tempels.

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