Interview: Samsas Traum “In Hannover hat es immer etwas gedauert, bis ich die Menschen motiviert hatte”

Vor dem SAMSAS TRAUM-Konzert in Hannover hatten wir die Möglichkeit, kurz mit Mastermind Alexander Kaschte zu sprechen

SPX: Hallo, Alex. Wir sind hier in der Subkultur in Hannover im Rahmen deiner. „Dafür sind Helden da“ Akustik Tour. Wie kam es zu der Idee einer Akustik Tour?

Alex: Ich wurde von einem befreundeten Veranstalter aus der Ukraine gefragt, ob wir nicht mit Samsas Traum ein paar Wohltätigkeitskonzerte in der Ukraine spielen können und im Gegenzug den Veranstalter mit seiner Band nach Deutschland holen können. Also er wollte, dass wir irgendwie Geld generieren durch Benefizkonzerte. Und er wollte quasi einen Tausch machen, dass er bei uns spielt und wir spielen bei ihm. Seinen Besuch musste ich leider dankend ablehnen, auch wenn ich ihn gerne in Deutschland mit uns auf Tour genommen hätte. Aber im Augenblick ist die Situation für normale, rockige Clubkonzerte so schwierig, weil erst mal die Konzerte der letzten zwei Jahre nachgeholt werden müssen. Deswegen sind wir da nirgendwo reingekommen. Aber wir haben gesagt „Okay, trotzdem, wir fahren in die Ukraine für euch und spielen da zwei Gigs in Lwiw und in Kiew“. Und mein Gitarrist, der Michael Puchala, der hat sich dann intensiv auf diese zwei Konzerte vorbereitet. Also er hat mit möglichst geringem Aufwand, mit kleinem Equipment hat er quasi 15, 16 Lieder arrangiert, damit wir mit dem Zug ohne großen Aufwand und ohne großes Zeug irgendwie zwei Shows in der Ukraine spielen können und einfach irgendwie einreisen können. Und ja, ich glaube, er hat sich insgesamt zehn Wochen darauf vorbereitet. Und dann habe ich gesagt, das müssen wir auch noch mal ausnutzen. Es wäre blöd, wenn du die Arbeit nur für zwei Gigs gemacht hast. Wir fahren dann auch noch mal durch Deutschland und dann habe ich ganz spontan eine Tour gebucht und so Leute wie hier der Jens von der Subkultur in Hannover, die haben sehr schnell geantwortet und diesen Gig hier heute sehr schnell möglich gemacht. Ganz unkompliziert, total cool.221115_Samsas-Traum_Subkultur_Cynthia_Theisinger_sharpshooter-pics_02

SPX: Du sagst gerade, ihr habt in Lwiw und Kiew gespielt. Wie war da das Feedback?

Alex: Wichtig war vor allen Dingen, dass die Leute sehr, sehr dankbar dafür waren, dass wir gekommen sind. Und das war ein überwältigendes Gefühl. Also in Lwiw haben wir mit einem Online-Stream 3.500 € für die ukrainische Armee generiert und in Kiew waren an die 70 Leute da und die Stimmung war ausgelassen und cool. Und die Menschen haben nach den Gigs mit uns geredet und das hat uns sehr, sehr viel gegeben, weil die Dankbarkeit, die da rüber kam, die war echt und so was habe ich in meinem Leben noch nicht gespürt wieder.

SPX: Welches Lied war akustisch am schwierigsten umzusetzen und warum?

Alex: Am schwierigsten ist für mich „Ingwerbrot und Nüsse“ umzusetzen, weil das von Mädchen handelt, die ich getroffen habe in meinem Leben bzw. unglücklichen Lieben und die reichen teilweise zurück bis ins Kindergartenalter. Ich habe das Lied lange nicht mehr gehört und hatte auch den Text nicht mehr so präsent. Und als ich das dann jetzt wieder ausgepackt habe, der Michael wollte, dass wir das spielen, hat mich mein eigener Text dann doch sehr ergriffen. Und das ist immer wieder eine emotionale Zeitreise im Set, wenn dieser Song kommt. Das ist nicht leicht zu singen für mich.

SPX: Wie kam es zu der Idee, ausgerechnet in kleineren Clubs und Comicläden und ähnlichem zu spielen?

Alex: Ich bin ja eben schon darauf eingegangen, dass es im Augenblick sehr schwierig ist, überhaupt irgendwo aufzutreten, weil es müssen Konzerte von zwei Jahren nachgeholt werden, und deswegen haben wir das einfach zum Konzept gemacht. Wir haben einfach gesagt: Okay, wenn die Großen keinen Bock haben, wenn das da nicht klappt, dann fragen wir einfach die Kleinen und gucken, was da zurückkommt. Und wir haben dann die Fans dazu aufgefordert, uns die Lieblings-Clubs zu nennen, ihre Lieblings-Clubs in ihren Städten. Und dann haben wir an die 250 Namen gekriegt und die sind wir dann alle durchgegangen.

SPX: Noch mal zum Thema Benefizkonzerte und Ähnliches. Wünschst du dir mehr politisches Engagement von anderen Künstlern?

Alex: Also grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man Politik und Kunst voneinander trennen sollte. Ich bin kein großer Politiker auf der Bühne und wollte das auch nie sein. Bei dieser Sache geht es mir allerdings darum, dass ich persönlich betroffen bin. Ich habe 15 Freunde in der Ukraine, die mit Ausbruch des Krieges allesamt auf der Flucht waren und die über halb Europa verstreut wurden. Die Leute sind nach Graz abgehauen, sie sind nach England abgehauen. Sie haben sich in den Karpaten versteckt, sie sind nach Warschau gegangen und alle Freunde bzw. alle Familien, um die es sich da drehte, haben individuelle Schicksale. Sie mussten Personen zurücklassen, sie haben Leute verloren, sie sind wieder zurückgekehrt. Sie mussten Leute aus dem Krieg rausholen. Also ich war von Anfang an sehr dicht mit dieser Geschichte konfrontiert und deswegen nehme ich es mir einfach heraus, so viel darüber zu erzählen und auch so viel auf der Bühne zu sagen. Man kann natürlich nicht erwarten, dass sich jeder irgendwie irgendwo hinstellt und Pro Ukraine Konzerte veranstaltet oder etwas in der Art macht. Aber ich glaube, das reicht als Antwort. Also mein persönlicher Bezug dazu war meine Motivation. Normalerweise halte ich die Musik und die Politik getrennt voneinander.

SPX: Du machst ja nicht nur Musik, sondern du schreibst auch Bücher und Comics. Wie kam es zu der Idee von „Der Angriff des Asp“?

Alex: Da muss ich nachdenken. Wie kam es zu der Idee von „Der Angriff des Asp“? Ich glaube, eigentlich wollte ich mir nur einen Spaß erlauben und ein bisschen die Leute verarschen. Ich kann mich nicht konkret daran erinnern, was meine Initiativzündung für dieses kleine Comicheft war. Ich glaube Asp und ich hatten wieder plötzlich Kontakt miteinander. Also wir waren ja ein bisschen zerstritten über mehr als zehn Jahre und dann haben wir Signale in beide Richtungen geschickt, dass wir uns eigentlich mal wieder treffen können. Und das war auch echt nett und ich glaube, danach habe ich einfach gedacht, jetzt mach ich mal einen Spaßcomic und verarsch so ein bisschen die Szene. Und als wir dann gemerkt haben, dass das auf so großen Erfolg stieß und so gut angekommen ist, haben wir dann noch „Tears of Blood“ produziert. Aber ich kann mich nicht mehr genau erinnern, was der eigentliche Grund war.

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SPX: Hast du denn von den Künstlern, die in diesem Comic vorkommen, ein Feedback bekommen? Waren sie begeistert oder waren sie eher beleidigt?

Alex: Ich weiß, ich weiß von einigen Leuten, die mir über diese Künstler erzählt haben, dass diverse Leute sehr, sehr beleidigt waren und sehr, sehr ungehalten reagiert haben auf dieses Büchlein. Was ich nicht nachvollziehen kann, weil es sollte eigentlich nur ein Scherz sein und ich wollte niemandem ans Bein pissen und man muss so was wegstecken, man muss so was wegstecken können. Es ist ja nichts Schlimmes.

SPX: Du spielst ja während deiner Touren des Öfteren mal in Hannover. Hast du in Hannover besonders gute oder schlechte Erfahrungen gemacht?

Alex: Wir waren bisher immer im Musikzentrum. Und das war so ein bisschen wie Business as usual bei denen. Es waren routinierte Shows, es war immer alles sauber, es war alles professionell gemacht. Hannover ist bei uns so, rangiert bei uns so im Mittelfeld, was die Leidenschaft des Publikums betrifft. Die Leute sind sehr respektvoll, die Leute nehmen sich immer so ein bisschen zurück. Und ich glaube, mich daran erinnern zu können, dass es bei den letzten Gigs eine Weile gebraucht hat, bis ich die Menschen motiviert hatte, es dann am Ende der Shows aber doch richtig krass abging. Ist das richtig? Ich meine, du warst doch auf dem letzten Konzert, oder?

SPX: Ich war die letzten Jahre immer auf den Konzerten, ja. Hannovers Publikum ist manchmal schwierig zu begeistern

Alex: Genau. Aber der Punkt ist, dass sie dann, ich glaube, einmal war das so, dass wir, dass wir am Ende verwundert darüber waren, dass alle nur da standen und nichts gemacht haben, aber uns dann erzählt haben, wie geil es doch war. So, so war das irgendwie bei uns. Ansonsten habe ich wenige private Bezüge zu Hannover. Vielleicht fällt mir deshalb nicht so viel ein, aber ich habe in anderen Städten irgendwie mehr Kumpels und Leute als hier.

SPX: Zum Schluss noch eine Frage Welche Frage wolltest du schon immer mal beantworten?

Alex: Oh Gott, welche Frage wollte ich schon immer mal beantworten. (denkt kurz nach) Ähm. (betont laut in Richtung Clubbetreiber) Möchtest du eine Flasche Jack Daniels in deinem Backstage Raum haben? Diese Frage würde ich gerne mit Ja beantworten.

SPX: Vielen Dank, Alexander Kaschte!

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