IN EXTREMO – Kompass zur Sonne Tour 2022 in Hannover (nachgeholt vom 23.04.2020)

Mal wieder ein Konzert, das wegen Corona verschoben werden musste – sogar eine ganze Tour! Entsprechend aufgeregt und ausgehungert  sind Fans wie Musiker bei diesem längst überfälligen Auftritt. Das letzte Studioalbum der Mittelalter–Rock-Titanen erschien am 9.Mai 2020 und eroberte bei Erscheinen schon Platz 1 der deutschen Albumcharts. Nach dem Austritt sowie dem späteren Tod des langjährigen Bandmitglieds Boris „Yellow“ Pfeiffer ist dies die erste Tour ohne ihn. Sharpshooter-pics.de war für euch in Hannover dabei.

Nachdem die „Kompass zur Sonne“-Tour immer wieder verschoben wurde (das Konzert in Hannover wurde vom 23. April auf den 9. Oktober, dann den 6. März 2021  schließlich auf den 7. Mai 2022 verlegt) konnten die Fans kaum glauben, dass es nun wirklich stattfinden sollte. Doch wie schon bei anderen Konzerten in den letzten Wochen obsiegt die Freude der Fans über die Ungläubigkeit. Die Schlange vorm Eingang reicht über 200 Meter die Straße herunter und als die Türen der Swiss Life Hall schließlich geöffnet werden, fühlen wir uns an ein Boy-Band–Konzert aus den 90ern erinnert, nur ohne Kreischen. Die Fans sind teilweise mit der Band gealtert und Kreischen gehört sich ab einem gewissen Alter einfach nicht mehr. Obwohl alle so aufgeregt sind, füllt sich die Halle nur langsam. Die Fans genießen das Wiedersehen und die Gemeinschaft nach der langen entbehrungsreichen Zeit sehr. „Wir konnten alle so lange nicht mehr gemeinsam feiern, das ist die Musik selbst fast nur das Sahnehäubchen“, findet Fan Olaf aus Braunschweig.

Die Vorband RUSSKAJA hat schon vor Beginn ihres Konzert ein klares Statement auf der Bühne aufgehängt: Eine ukrainische Flagge mit Peace – Zeichen. Nach dem ersten Song der österreichischen Kombo und dem tosenden Applaus im Anschluss wendet sich Sänger Georgij Alexandrowitsch Makazar mit einer emotionalen wie ehrlichen Botschaft an die Zuhörer: „Wir sind ja eigentlich keine Band, sondern ein Kollektiv. Wir kommen aus fünf verschiedenen Ländern, von denen zwei derzeit im Krieg miteinander liegen. Wir verurteilen diesen Krieg und werden weiter gemeinsam das Leben zelebrieren!“ (Anm.d.R. Makazar stammt aus Russland, Bassist Dimitrij Miller aus der Ukraine)

Der Auftritt der Musiker fühlte sich mit ca.45 Minuten viel zu kurz an. Vielen in Deutschland war die Band – Verzeihung, das Kollektiv, bisher nicht bekannt, doch mit ihrer tanzbaren Musik (eine Mischung aus Folklore, Ska und Rock) und dem Spaß, mit dem sie uns alle angesteckt haben, wurden nach diesem grandiosen Auftritt viele neue Fans gewonnen – völlig zurecht!

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Über dreißig Minuten dauerte die Umbauphase. Danach zücken erfahrene Fans bereits bei den ersten Klängen des Intros „Wintermärchen“ ihre Handykameras, um ein Bild der erwarteten Pyroshow zu machen. Die Spannung der Fans dehnte sich ins schier unendliche, bis die ersten Flammenstrahlen zum Refrain von „Troja“ in die Luft schossen. Danach gab es kein Halten mehr und es wurde mitgesungen, gegrölt und gepogt. Den Refrain von „Spielmannsfluch“ sang das Publikum komplett ohne Unterstützung von Sänger Michael „das letzte Einhorn“  Rhein. Da die Fans die Texte aber ohnehin meist besser können als er selbst und er zudem laut eigener Aussage „noch heißer von gestern“ war, kam das dem Frontmann sehr entgegen.

IN EXTREMO begeisterten ihre Fans bei diesem Konzert mit einer Mischung aus alten wie neuen Songs und erfreuten das Publikum zudem mit ungewohnt politischen Statements. Obwohl das normalerweise nicht ihr Ding ist, haben die Titanen der Szene mit „Lieb Vaterland“ eine eindringliche Hymne gegen Krieg und Nationalismus geschrieben und prangern in „Saigon und Bagdad“ die mangelnde Lernfähigkeit der Menschen an.

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Obwohl es nach diesen tiefen Aussagen schwer fiel, haben die Musiker es mit „Quid pro quo“ schnell wieder geschafft, das Publikum zum Feiern und Singen zu bewegen. Die anschließenden Schlagerhymnen „Reiht euch ein“ und „Sternhagelvoll“ spalten wohl die Herzen vieler Fans, doch mit genügend Alkohol kann ja alles mitgegrölt werden…

Fazit:

IN EXTREMO haben auch nach 27 Jahren Bandgeschichte nichts von ihrer Kraft und ihrem Humor verloren. Es war wie immer eine Freunde, mit den Musikern zu feiern. „Wir sind geil, sehr geil sogar. Arrogante Arschlöcher!”, sagt das letzte Einhorn gegen Ende des Konzerts. Dem kann ich mich nur anschließen.

Setlist:

  1. Intro „Wintermärchen“
  2. Troja
  3. Himmel & Hölle
  4. Vollmond
  5. Spielmannsfluch
  6. Feuertaufe
  7. Herr Mannelig
  8. Kompass zur Sonne
  9. Liam
  10. Lieb Vaterland
  11. Rasend Herz
  12. Saigon und Bagdad
  13. Unsichtbar
  14. Gaukler
  15. Quid pro Quo
  16. Poc Vecem
  17. Schenk nochmal ein
  18. Frei zu sein
  19. Störtebeker
  20. Reiht euch ein
  21. Sängerkrieg
  22. Sternhagelvoll
  23. Moonshiner
  24. Wind
  25. Ai vis lo lop
  26. Nur ihr allein
  27. Pikse Palve

 

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