Review – SORROWNIGHT “Akoasma”
Die Erfurter Dark Rock-Band SORROWNIGHT treibt noch nicht so lange ihr Unwesen in der Szene, gleichwohl besteht sie aber aus erfahrenen und passionierten Musikern, die mit ihrer EP “Hellish Sacrifice” 2016 und mit dem Debutalbum “Unknown Presence” in 2019 bereits erste Akzente setzen konnten. Die ersten Veröffentlichungen sind eine kritische Phase im Leben einer Band, wo sich oft die Spreu vom Weizen trennt. Hier zeigt sich, ob man das Ganze als halbherziges Hobby nebenbei betreibt oder die Musiker wirklich mit dem Herzen dabei sind und dem gemeinsamen Projekt einen Teil ihrer Seele verschrieben haben. Schon der Vorgänger “Unknown Presence” präsentierte sich als Gesamtwerk deutlich reifer als man vielleicht erwartet hätte und wies sogar auf Nebenkriegsschauplätzen wie dem Artwork eine wahnsinnige Liebe zum Detail auf. SORROWNIGHT ist kein Hobby, sondern badet in Herzblut.
Widmen wir uns nun der aktuellen EP mit dem klangvollen Namen “Akoasma”. Wer kein Griechisch beherrscht bzw. Medizin studiert hat, dem sei gesagt: Das Wort beschreibt eine akustische Halluzination, also z.B. Geräusche, die man zu hören glaubt, wenn man gruselige Orte betritt und die Sinne zum Zerreißen gespannt sind.
Die Platte kann man hingegen ganz wirklich und wahrhaftig anhören. Und wie klingt sie?
“Autumn Melodies” beginnt mit groovigem Gitarrenklang und sanftem Keyboard. Veri Jumalas Stimme nimmt uns sodann an die Hand und geleitet uns in den Herbstreigen. Ein schöner Auftakt, der vielleicht mit 02:53 etwas kurz geraten ist, aber “Deny Me” gleicht das wieder aus. Die Gitarren wirken hier geradezu doomig, stellenweise wird man an THE 69 EYES erinnert. Man kann Jumala nur ermuntern, häufiger in hoher Tonlage zu singen, gerade langgezogene Töne entfalten hier einen hochwillkommenen schmerzhaften Sog.
“Silent River” empfängt uns mit einer tollen Basseinlage, die Doom-Elemente bleiben auch hier präsent und schaffen eine düster-verspielte Atmosphäre. Gerade als man die Gänsehaut an sich bemerkt, zieht das Tempo nach dem ersten Songdrittel plötzlich an. Die nun folgenden rasanten Gitarrenläufe drängen jedoch leider die Stimme etwas zu sehr in den Hintergrund. Doch nach dem Spurt geht es zurück in die basslastige Samtkabine und der Song verklingt langsam im Hintergrund. Ein Song der Kontraste und definitiv das Highlight auf der EP. Doch SORROWNIGHT haben noch mehr in petto. Nun wartet ein alter Bekannter auf uns: “Hellish Sacrifice”. Der Song gab der EP vor fünf Jahren seinen Namen und entwickelte sich schnell zum Publikumsliebling. Hier geht es wie schon damals ordentlich zur Sache, hier wird abgerockt, allerdings in einer neuen Version, die deutlich ausgereifter daherkommt als das Original. Ein Song zum Tanzen, was hoffentlich bald wieder vor einer Bühne zelebriert werden darf. “Höllische Opfer” haben wir schließlich im letzten Jahr langsam genug gebracht.
Die Gitarren-/Schlagzeugparts des Folgesongs “My Own Enemy” laden zum Headbangen ein – auch etwas, das die alternative Szene schmerzliche vermissen dürfte. Christine Shadow webt hier einen sanften Klangteppich für Veri Jumala und schafft in den Strophen ein Ruhepol-Refugium. Es drängt sich mir ein Bild auf, wie der Sänger sich gegen eine Front aus Finsternis stellt und seine “own enemies” mutig aber verzweifelt bekämpft. Während die grollenden Gitarren und das unbarmherzige Schlagwerk diese Feinde darstellen, hüllt das Keyboard den Kämpfer in einen kühlenden Schutzmantel ein, damit er stetig gegen die Gewitterfront ansingen kann. Sehr gut gelungen, SORROWNIGHT! Doch eine EP ist keine Langspielplatte, wir kommen mit Track Nummer 6 “Ghostlike Vision” leider schon zum Ende. Hier wird möglicherweise noch einmal Bezug auf den Albumtitel genommen, ein Akoasma-Ereignis kann man sicherlich besonders gut in einer gespenstischen Umgebung erfahren. Dem auditiven Charakter der Halluzination wird hier noch das Visuelle hinzugefügt. Der Song präsentiert sich stark verdichtet, hier werden ungewöhnlich viele Soundstränge verwoben und jedes Instrument hat seine eigenen Momente. Somit wird ein würdiges Finale geschaffen und nochmal bewiesen, dass ein neues Level auch in der Produktion und dem Mixing erreicht wurde.
Fazit
SORROWNIGHT fingen damals recht schlicht, fast schon minimalistisch an und legten den Schwerpunkt besonders auf das Songwriting. Sicherlich kein verkehrter Ansatz, doch sieht man an der aktuellen EP, dass eine komplexere Instrumentalisierung der Musik ebenfalls guttut. Sie wird dadurch greifbarer und durchdringt noch mehr die Seele. Wir haben es hier mitnichten mit einem ambitionierten HIM-Double zu tun, sondern mit einem organisch wachsenden Projekt, das zwar seine Vorbilder haben mag, aber trotzdem eigene Wege geht. Wem die Vorgänger vielleicht etwas zu soft und melancholisch waren, der wird “Akoasma” ins Herz schließen, denn hier ist etwas mehr “Wumms” dahinter. Das Keyboard hatte seine größte Präsenz im ersten Song und kam für meinen Geschmack danach etwas zu kurz. Hier würde es eventuell nicht schaden, die großen Möglichkeiten dieses Instruments mehr einzusetzen. Alles in allem eine bemerkenswerte Scheibe, die es sich auf jeden Fall lohnt, anzuhören.
Bewertung: 7,5/10
TRACKLIST:
1. Autumn Melodies
2. Deny Me
3. Silent River
4. Hellish Sacrifice
5. My Own Enemy
6. Ghostlike Vision