Interview mit Sven Friedrich von SOLAR FAKE zum neuen Album
Im Zuge der Veröffentlichung des neuen Album “Enjoy Dystopia” von SOLAR FAKE hatten wir die Gelegenheit, mit Bandkopf Sven Friedrich über das Album, das Veröffentlichen mitten im Corona Lockdown, Auto-Konzerte und die Hoffnung, dass alles besser wird zu sprechen.
Hallo Sven. Wie geht es dir denn so im Moment?
Sven: Also eigentlich geht es mir grad wieder ein bisschen besser. Ich hatte richtig Probleme mit der Bandscheibe und durfte jetzt 2-3 Tage gar nicht am Rechner sitzen, das ist irgendwie doof. Das ist jetzt aber wieder gut und war zum Glück kein ernster Bandscheibenvorfall. Insofern: Alles nicht so dramatisch, jetzt geht es wieder besser, also jetzt ist es eigentlich wieder ganz in Ordnung.
Das klingt doch super. Noch kein Lagerkoller bzw. noch kein “Corona-Lagerkoller?”
Sven: Nee. Ich bin ja eh nicht so viel unterwegs und ich mache ja nicht viel außerhalb. (lacht) Im Prinzip ist das alles nicht schlimm, ich kenn das nicht anders. Wenn ich hier in Spanien bin, ist es auch sonst im Winter sehr einsam und verlassen, ich merke eigentlich gar keinen großen Unterschied. Klar, die Restaurants und Bars sind jetzt zu aber da geh ich sowieso nicht hin. (lacht) Insofern ist das eigentlich auch egal und… ja für mich ist es nicht doll anders außer, dass wir halt keine Konzerte spielen können und man nicht mal eben weg kann… Ich habe meine Eltern jetzt schon ein Vierteljahr lang nicht gesehen aufgrund dieser ganzen Situation. Das ist halt schon blöd, denn normalerweise sieht man sich so einmal im Monat mindestens.
Das kenn ich irgendwoher. Ich bin sonst auch immer ganz gerne in Spanien. Im Winter ist da echt nicht so viel los, das ist immer recht schön. Lebst du von der Musik? Ist das in der momentanen Situation überhaupt möglich oder machst du gerade auch noch einfach sehr viel anderes Zeug nebenher?
Sven: Ja, ich hab noch nen Grafik-Job, das ist natürlich auch ganz gut für jetzt gerade in dieser Zeit, dass man noch ein zweites Standbein hat. Ich hab ziemlich lange von der Musik gelebt, aber das ist immer blöd, weil du dich damit einem Druck aussetzt, der einfach unangenehm ist. Jetzt bin ich in der relativ komfortablen Situation, erst ein Album zu veröffentlichen, wenn ich der Meinung bin, das ist richtig cool und das ist so, wie ich es haben will. Und ich muss jetzt nicht sagen wir bringen mal raus, weil das Geld schon wieder alle ist (lacht) und ich den nächsten Vorschuss brauche. Irgendwas abgeben was noch nicht gut ist, diesem Druck will ich mich auch einfach gar nicht aussetzen. Deswegen fahr ich schon ziemlich lange zweigleisig und das ist auch gerade in der Situation jetzt tatsächlich nicht ganz so blöd, wo halt kaum Konzerte gespielt werden können. Ich meine, wir sind im letzten Jahr noch recht gut bei weggekommen, weil wir haben Anfang des Jahres ja Konzerte spielen können, so quasi vier Rest-Konzerte von unserer Tour und dann waren wir noch zweimal in Spanien und wir konnten über den Sommer auch noch drei Open Airs spielen. Insofern war das jetzt schon gar nicht so schlecht. Da gibt es Bands, denen geht es viel beschissener, die haben überhaupt nichts gespielt oder nur so 1-2 Konzerte. Insofern …
… Ihr wart ja grad mit der Tour durch irgendwie – zum Glück.
Sven: Genau.
Wenn ich da so an FROZEN PLASMA oder ZOODRAKE denke, die ja alle Shows zu den neuen Alben nicht spielen konnten…
Sven: Ja genau, das ist dann total scheiße. Da gibt es ganz viele, die dann natürlich auch ihr Album veröffentlich haben. Da war alles geplant, die Tour schon längst gebucht und dann kannst du das alles nicht machen. Das ist natürlich auch wirtschaftlich echt beschissen, aber naja… Für uns zieht sich das jetzt natürlich auch ein bisschen: Unsere Tour zum neuen Album findet jetzt auch nicht so statt, wie geplant – logisch – das wäre jetzt eigentlich im März losgegangen. Wir haben aber die Termine gar nicht veröffentlicht, weil wir den Leuten einfach den Scheiß ersparen wollten, Tickets zu kaufen, wieder zurückzugeben, etc. Wenn wir selber nicht wissen, ob die Gigs überhaupt stattfinden können, veröffentlichen wir sie natürlich auch nicht. Insofern planen wir jetzt für relativ viel später die nächsten normalen Clubgigs – also unsere normale Clubtour – mal gucken.
Wie ist das mit so nem Album mitten im Lockdown: Eher Fluch oder eher Segen? Ich nehm da mal so ein bisschen AESTHETIC PERFECTION als Beispiel. Da hat Daniel jetzt angekündigt, dass er kein Album rausbringt, sondern jeden Monat einen Song, weil er meint, das Album lohnt sich nicht so wirklich, weil das auf einer Tour ja nicht wirklich präsentiert werden kann. Wie siehst du das?
Sven: Ja, das ist natürlich auf jeden Fall ne Überlegung, ich kann das durchaus nachvollziehen. Allerdings überzeugt mich so ein Konzept nicht so richtig für unsere Musik. Ich finde das immer gut, wenn man einfach auch mal was am Stück hören kann und nicht alles so häppchenweise bekommt. Irgendwie also… weil die Songs wirken ja auch. Es ist ja immer die Frage, wie man rangeht. Wenn man natürlich zwölf Singles macht, dann ist das scheißegal, aber normalerweise gehören die Songs von einem Album ja auch irgendwie zusammen: Die spiegeln so ne Schaffensphase in einem wieder. Da find ich das eigentlich ganz schön, wenn man die auch relativ zügig am Stück hören kann. Ich meine, wir haben natürlich jetzt auch zwei Songs vorab veröffentlicht mit Singles und Video aber das ist natürlich nur ein Vorgeschmack. Und natürlich sind die nachher eingebettet in die zehn Songs vom Album. Insofern ist das natürlich jetzt bescheuert, weil wir jetzt halt nicht auf Tour gehen können und die Leute noch ein bisschen vertrösten müssen. Andererseits sag ich mir auch: Wir haben immerhin ein Album und das überzeugt vielleicht den ein oder anderen Veranstalter, uns im Sommer spielen zu lassen, weil wir halt was Neues zu präsentieren haben. Und nicht nur ein bis zwei neue Songs, sondern zehn neue Songs, das ist natürlich eventuell auch ein Argument, was für uns spricht.
Für den Release habt ihr ja dieses Radio-Event. Wird dann noch irgendwann was nachgeholt? Habt ihr dann irgendwie vor, nochmal zu sagen: Wenn’s wieder geht machen wir noch mal ne Releaseparty oder sowas oder ist das eher so: Wenns vorbei ist, ist es vorbei? Dann wärmen wir das nicht nochmal auf?
Sven: Wir haben ja eigentlich jetzt für morgen so ein Fan-Event geplant. Wir haben einen sehr, sehr aktiven Fanclub, der extrem gut organisiert ist und mit dem machen wir eigentlich jedes Jahr – das versuchen wir zumindest – so ein Event, wo immer ein spezielles Konzert stattfindet. Und dieses Jahr hatten wir das alles schon fertig geplant: Ein Akustikkonzert bzw. zwei hintereinander, weil wir in einer großen Location mit viel Abstand und Sitzen und so auftreten wollten. Das werden wir sicher, wenn die Venues wieder unter Corona-Bedingungen irgendwie was machen können, nachholen. Aber eine Releaseparty, wie wir sie normalerweise immer machen, also ein Konzert, wo wir das ganze Album spielen, das werden wir wahrscheinlich nicht machen. Wir müssen mal gucken. Dafür machen wir dann die Tour – also die kommt dann ja auch irgendwann.
Dann kommen wir mal zum Album: Wie kamt ihr zu dem Albumtitel “Enjoy Dystopia?”
Sven: Ich tu mich mit Albumtiteln irgendwie immer extrem schwer. Das ist ganz schwierig. Das ist immer so ungefähr das Letzte was passiert, bevor das Artwork fertig ist. Eigentlich hatte ich das Artwork sogar schon angefangen und dann fiel irgendwie auf, dass “Dystopia” im Wort das Wort “Stop” hat und dann gab es zuerst dieses Stopschild und dann irgendwie entstand der ganze Rest. Und dass es irgendwas mit Dystopie zu tun haben muss, war mir relativ früh klar. Also dass irgendwie Dystopia oder irgendwas mit Dystopia im Namen sein musste, weil was die Songs betrifft, geht es eigentlich vorrangig darum. Es geht um den Verfall unserer Gesellschaft und unserer Welt. Das war eigentlich relativ klar. Aber wie man es dann am Ende wirklich formuliert? Da gibt es natürlich schon ein paar Bands, die im Albumtitel irgendwas mit Dystopian oder Dystopia haben, daher musst du dann natürlich erstmal irgendwas finden, was es noch nicht gibt, aber da ich immer ein Freund von Gegensätzen bin, dachte ich dann “Enjoy Dystopia” klingt nicht schlecht (lacht).
Wie ordnet sich das Album denn in die Bandgeschichte ein? Ist das der nächste logische Schritt? Man muss ein bisschen sagen: Viele Stücke sind stilistisch noch nahe bei dem Vorgänger, andere wirken halt deutlich wütender und energetischer. Ist das so ein bisschen die Weiterentwicklung in härtere Gefilde?
Sven: Ja, eventuell. Ich hab ja eigentlich schon immer ein bisschen darauf Wert gelegt, dass nicht jeder Song klingt wie der vorherige. (lacht) Also dahingehend, dass es ein bisschen Abwechslung gibt. Deswegen gibt es ein paar langsamere Songs, wobei die auf diesem Album tatsächlich unterrepräsentiert sind. (lacht) Aber ein paar so Midtempo-Sachen haben wir schon, finde ich. Natürlich auch ein paar schnellere und ein paar wütende aber das hatten wir eigentlich auch schon immer. Ich finde so für mich ist das quasi die logische Weiterentwicklung vom Sound von SOLAR FAKE und von uns als Band. Wobei – letzten Endes das Album mach ich ja komplett allein, da spielt ja meine Liveband keine große Rolle im Kreativprozess. Aber natürlich hat man, wenn ich jetzt nen Song schreibe, die Live Umsetzung im Kopf, und das spielt mit Sicherheit auch eine Rolle.
Vielleicht auch durch die Drums, so dass das live besser (aggressiver) rüberkommt?
Sven: Genau
Das Album ist insgesamt sehr aggressiv, auch deutlich mehr als der Vorgänger. Ist das auch ein Statement zur aktuellen Zeit? Also auch von den Texten her?
Sven: Ja! Mich macht momentan unglaublich viel wütend. (lacht) Irgendwie ist das Wahnsinn, größtenteils ist es aber meistens die Dummheit. Das ist immer schwierig, sowas zu sagen aber manchmal ist es die Dummheit von bestimmten Leuten. Manchmal ist es auch einfach diese Naivität, oder die Unreflektiertheit, mit der Leute an bestimmte Themen rangehen. Gerade jetzt in dieser ganzen Pandemie-Geschichte hat man so viele Abgründe gesehen. Was da so mit Menschen passiert ist, das macht mich einfach fassungslos und tatsächlich wirklich wütend und das muss dann auch irgendwie raus. Es geht genau um solche Sachen. Jetzt nicht auf die Pandemie bezogen, sondern einfach auf den ganz normalen Alltag – wie der Mensch immer egoistischer in unserer Gesellschaft wird, wie er immer weniger drauf achtet, wie es seinem Umfeld geht, oder was seine Handlungen für Auswirkungen auf sein Umfeld haben und das macht mich auch wahnsinnig (lacht) und darum geht es eigentlich – und das vom ganz kleinen Privaten bis hin zum ganz großen Ganzen. Und ja klar, dadurch wirkt das alles sehr negativ und fatalistisch. Aber mein Gott, so ist das halt. So ist auch momentan meine Sicht auf die Dinge und ja: Ist ein bisschen blöd. (lacht)
Bei all dieser Wut: Wie schaffst du es, dabei, die Kontrolle zu behalten? Das sind teilweise so in – man kann es fast zuckersüße Hooks nennen – ein bisschen zu kanalisieren? Es fällt auf, dass die Melodie trotzdem fröhlich ist und wenn man jetzt nicht auf die Texte hört, könnte man auch denken, du singst über eitel Sonnenschein. Dieser Kontrast ist schon ziemlich krass. Ist das so gewollt oder wie schaffst du das überhaupt, diese Wut in “nette Melodien” zu verpacken?
Sven: Auf jeden Fall! Ja, ich weiß nicht, das ist was, das hat mich auch immer schon an THE SMITHS und MORRISSEY oder so fasziniert. Der schafft das viel perfekter als ich. Wirklich so krasse Sachen zu sagen und dabei einfach zu lächeln. (lacht) Ich find es einfach spannend, es so zu machen, irgendwie, und letzten Endes, klar ich mag einfach “hookige” Songs. Musik, die nur aus Krach besteht, find ich zwar auch mal geil aber nicht zehn Songs am Stück oder so. Das find ich mal zwischendurch auch wirklich super und das brauch ich auch, also auch bei anderen Bands, aber auch nicht zu viel am Stück, das mag ich auch einfach nicht. Das ist mir dann auch zu einseitig und deswegen ist ja auch nicht jeder Song besonders – ja obwohl doch eigentlich schon – sagen wir mal in eine positive Richtung geht eigentlich kaum ein Song. (lacht)
Ich wollt grad sagen, Texte über den Menschen als Wurzel des Übels zu singen und dann mit so einer sanften Stimme – das ist schon eine Ansage!
Sven: Ja, aber es ist doch so: Wir setzen grad alles daran, alles was man geschaffen hat oder grad existiert, kaputt zu machen und das ist ja irgendwie schon kacke. Also für mich ist das nicht so geil
Wie kam es denn dazu, dass der Song “Es geht dich nichts an” auf deutsch ist? Also der deutschsprachige Track macht dann schon Appetit auf mehr. Kann man da zukünftig weitere oder deutlich mehr muttersprachliche Songs erwarten oder ist das eher so ein “Ausrutscher”?
Sven: Also eigentlich ist das bisher nur ein “Ausrutscher”. (lacht) Ich hab zu dem Song, als ich den geschrieben hatte – irgendwie mach ich ja immer zuerst die Musik – beim Schreiben des Refrains schon direkt diesen Text im Kopf – und was der Gesang dort machen muss. Und dann hatte ich kurz überlegt, wie ich das jetzt ins Englische krieg und dachte: Das ist doch jetzt Scheiße, dann lass es jetzt einfach deutsch, das ist doch irgendwie Quatsch gerade. (lacht) Und dann hab ich geguckt, ob ich eine deutsche Strophe noch dazu hinbekommen kann, weil das Thema auch schon relativ klar war. Es sollte um die ganzen Plattitüden gehen, die einem von Menschen gesagt werden, ohne dass darüber nachgedacht wird. Also wenn du einem Menschen mit Depressionen sagst: “Jetzt reiß dich doch mal zusammen. Komm hier, mach doch mal ein bisschen, steh doch mal auf, geh doch einfach zur Arbeit“. Diesen ganzen unreflektierten Schwachsinn sozusagen, der solchen Leuten gerne mal an den Kopf geworfen wird und der die Situation viel, viel schlimmer macht, als sie vorher war. Und dann im Refrain dreht sich alles um die Perspektive desjenigen, der diesen Unfug empfängt oder empfangen muss und insofern ging es dann eigentlich relativ einfach. Und dann dachte ich: Dann lass ich den jetzt mal deutsch und guck mal. Das war eigentlich nicht wirklich geplant. Ich würds jetzt auch nicht so richtig ablehnen. Wenn sowas nochmal passiert, würde ich mich nicht mit Händen und Füßen dagegen wehren, nochmal nen deutschen Song zu machen.
Trotz des deutschen Textes bleiben doch ein paar Interpretationsspielräume drin, was jetzt damit ausgesagt werden soll. Du hast es ja grad schon mal gesagt, aber es wird nicht ganz klar, ob das jetzt der Kampf gegen die Depressionen ist oder die Niederschrift misanthropischer Gedankengänge.
Sven: In den Strophen sind das alles Zitate. Das ist alles wörtliche Rede. Dadurch wird es dann relativ schnell klar. Letzten Endes bleibt es dann in dieser Richtung. Dadurch, dass es alles wörtliche Rede ist, wird es relativ klar, dass es jetzt nicht von einer gespaltenen Persönlichkeit ausgeht, sondern das sind dumme Ansagen an empfindsame Menschen, würd ich mal sagen. Die halt einfach die Situation verschlimmern, anstatt sie zu verbessern, obwohl sie vielleicht sogar gut gemeint sind.
Verschlimmbessern irgendwie, ja…
Wie kam es dazu, dass “The Pretty Life” dann die erst Single geworden ist ?
Sven: Also es war relativ schnell klar, dass wir dazu auch ein Video machen wollten, und letzten Endes mache ich es meistens so, dass ich das mit der Plattenfirma abspreche. Songs, zu denen ich Video-Ideen habe oder zu denen wir Video-Ideen haben, schicke ich hin und dann gucken die, ob was dabei ist, was sie als Single sehen. Da kam dann sofort: Ja – “The Pretty Life” – auf jeden Fall wird das die erste Single. Ich finds immer gut, wenn ich das nicht selbst entscheiden muss (lacht), weil ich damit auch mal völlig daneben liegen kann. Es kann ja sein, dass mir ein Song super gut gefällt, und dass ich nen Song für sehr erfolgversprechend halte, und die Plattenfirma sagt: Da hätten wir mal lieber einen anderen genommen. Deswegen find ich das ganz gut, die müssen ja auch damit arbeiten aber der war eh in meiner Auswahl mit drin, insofern haben wir dann ein Video gedreht und das war es dann eigentlich schon.
Welches ist denn grundsätzlich dein Favorit auf dem Album oder hast du da keinen speziellen?
Sven: Nee, kann ich nicht sagen – das sind wirklich alle. Ich hab keinen, den ich so wirklich rausheben könnte. Die sind alle auf ihre Art besonders. Das ist wohl so wie mit Kindern – ich weiß nicht genau wie das ist – ich hab keine Kinder – aber wenn man jetzt fünf Kinder hat, ob man da eins mehr mag als die anderen. Ich weiß es nicht aber ich stells mir so vor, als ob man die alle immer gleich lieben müsste. Aber wahrscheinlich ist das gar nicht so, weil bei Kindern kann auch eins ein Arschloch sein und dann magst du das vielleicht nicht so… hmmm okay, vielleicht ist das ein hinkender Vergleich (lacht). Auf jeden Fall ist das bei Songs jedenfalls so dass, wenn ich irgendeinen weniger mögen würde, der nicht auf dem Album drauf wäre. Deswegen sind es nur zehn – zehn vollwertige Songs und dann noch 2 Coverversionen auf der zweiten CD. Ich glaube, wenn irgendeiner nen Tick nach unten rausfallen würde, dann wäre der nicht auf dem Album.
Hast du das denn bei alten Alben, dass du dann sagst “Okay, da ist jetzt ein Song, den hätte ich jetzt im Nachhinein nicht drauf gepackt”? Oder kommt das eigentlich auch nicht vor?
Sven: Ne, das kommt dann eigentlich auch nicht vor. Bei SOLAR FAKE und eigentlich auch bei ZERAPHINE nicht. Klar, du entwickelst dann natürlich ne Vorliebe für bestimmte Songs, einfach weil die live viel Spaß machen aber das hat dann nicht wirklich so viel mit dem Song selbst zu tun, sondern einfach nur: Der macht halt live tierisch viel Spaß und ein anderer ist zwar auch nicht schlecht, aber der ist besser. Das ist dann eher so das Kriterium, was dann am Ende übrig bleibt. Wenn ich die Alben höre, dann bereue ich bisher keinen Song, von SOLAR FAKE zumindest. (lacht)
Das ist doch schon mal gut
Sven: oder? (beide lachen)
Bei welchem Song hast du das – war witzigerweise genau die nächste Frage – bei welchem Song hast du richtig Bock den live zu spielen, von dem neuen Album?
Sven: Eigentlich wirklich bei allen, wir haben ja schon 2 bei den Sommer Open Airs gespielt: “I Despise You” und das was heute als Video rauskam: “It‘s Who You Are”.
… das ist ja eins mit diesen typischen Hooks
Sven: Genau, die haben schon tierischen Spaß gemacht und ich freu mich richtig auf alle Songs. Ich glaube, die machen alle tierischen Spaß, weil die sind alle ein bisschen schneller. Da freu ich mich richtig drauf aber wir konnten uns auch alle momentan nicht sehen, also konnten wir auch nie irgendwie mal spielen im Proberaum oder mal so ein bisschen für live umarbeiten. Aber wir fangen jetzt quasi damit an, dass jeder für sich mal so Parts aussucht, wahrscheinlich haben wir ja noch ein bisschen Zeit dafür und wenn wir uns mal wieder tatsächlich gegenüberstehen, dann werden wir uns im Studio zusammensetzen und das mal live spielen.
Thema Shows: Wie schwer ist es euch denn gefallen, eine Show, ich sag jetzt mal von diesen Zirkuskonzerten, aus Überzeugung abzusagen? Ich meine, dass es Überzeugung war, war klar, aber dass ihr wirklich von vorneherein gesagt habt: Nee, das kommt überhaupt nicht in die Tüte? Es war ja zu dem Zeitpunkt noch nicht so, dass man wirklich extrem wenig Möglichkeiten hatte… Ist es da nicht eher so, dass man sagt: Ich greif jetzt nach jedem Strohhalm und versuch irgendwie irgendwas zu spielen?
Sven: Ja, das war wirklich ne extrem schwere Wahl. Wobei so richtig schwer war sie dann auch wieder nicht. Also wir haben zuerst irgendwie überhaupt nicht reflektiert. Wir dachten zuerst: Da kommt ein Angebot. Super, wir können da in nem Zirkus spielen. Und dann und so im zweiten Satz kam: Hää in nem Zirkus spielen? Ähm nee! Und wir hatten zu dem Zeitpunkt wirklich noch nichts anderes in Aussicht, also das war wirklich das einzige Konzert. Abgesehen von den Cube Sessions – also dieses Streaming-Konzert, das wir da gemacht haben – war überhaupt nichts geplant und noch kein Licht am Horizont und dann haben wir kurz gesprochen und haben gesagt: Nee, das können wir nicht machen, das ist totaler Scheiß. Wir können nicht und wenn ein Cent an diesen Zirkus geht, ist das zuviel, weil wir das einfach nicht unterstützen können, dass da Tiere gehalten werden und Tiernummern stattfinden. Und dann haben wir uns erstmal informiert, was das für ein Zirkus ist und ja, das ist leider so ein Zirkus, der immer noch Tiere benutzt und da haben wir gesagt: Nein, das ist dann egal wie, es wird sich was anderes auftun. Und wenn nicht, dann haben wir halt Pech gehabt dann ist das so und klar, das ist dann natürlich ne schwere Entscheidung, weil das natürlich auch wirtschaftlich reinhaut. Das muss man sich auch leisten können, (lacht) so etwas abzusagen aber was solls. Das hätten wir ewig bereut, das gemacht zu haben. Insofern war das ne super Entscheidung und es kamen ja dann noch die 3 Konzerte, die wir dann noch spielen konnten.
Was hältst denn allgemein von diesen aktuellen Konzepten? Was hatten wir nicht alles: Auto-Konzerte, Strandkorb-Geschichten… Was hälst du denn von diesen Konzepten? Und welche Variante gefällt dir grundsätzlich am besten?
Sven: Also ich muss sagen, ich finde, glaub ich, diese Auto-Konzerte komisch. Im Prinzip ist es natürlich geiler als nix und vielleicht macht es auch irgendwie Spaß, ich weiß es nicht so genau. Aber im Auto hörst du über die Autolautsprecher das Konzert. Ich find das komisch, aber gut, es ist auch egal. Ich finds auf jeden Fall gut, dass überhaupt was stattfinden konnte und diese Strandkorb-Konzerte fand ich auch ne interessante Geschichte. Wenns halt so möglich ist, diese komische Zeit zu überbrücken, dann na klar warum nicht? Das ist doch besser, als wenn gar nichts ist und wir hatten ja größtenteils Glück. Gut, das erste Konzert, was wir hatten, war in München und das zweite in Leipzig auf der Parkbühne und beim dritten mussten die Leute dann tatsächlich sitzenbleiben. Bei den anderen beiden Konzerten durften sie an ihrem Platz immerhin stehen und dadurch kam ne relativ normale Stimmung auf, obwohl die Leute halt sehr weit verteilt auf den jeweiligen Publikumsflächen waren. Trotzdem war das cool. In Hannover haben die Leute einfach im Sitzen getanzt, auch geil. (lacht) Ich meine, die hatten nicht so richtig viel Spaß, aber es war trotzdem ne großartige Stimmung. Ich fands echt cool, daher ist das natürlich das Beste, aber wenn das nicht geht… Also wie gesagt: Das ist halt so ne Geschichte, auch diese kleineren Konzerte, so wie wir die jetzt hatten. Es waren immer so um die 500 Leute oder so da, das ist natürlich für niemanden so richtig lukrativ und da werden natürlich nur Bands gebucht, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass es voll wird. Sonst legen die Veranstalter halt drauf. Die sind eh grad schwer gebeutelt in dieser Phase, weil die kompletten Einnahmen ja gegen Null tendieren. Klar kommst du da als kleinere Band sehr sehr schwer rein, um irgendwie so ne Geschichte zu machen. Das ist wirklich wirklich schwierig und insofern können wir von Glück sagen, dass wir drei so tolle Konzerte machen konnten.
In Hannover war das ja ein bisschen gemein für mich, das war ne Entscheidung zwischen zwei Lieblingsbands – FROZEN PLASMA und euch – das war echt gemein, weil FROZEN PLASMA waren zu dem Zeitpunkt, als ihr in Hannover wart, im Zirkus… ähm ja… (beide lachen)
Sven: Wo bist du hingegangen wenn ich fragen darf?
Ich war bei FROZEN PLASMA, (Sven lacht) weil ich Vasi auch gut kenne und mit ihm schon etwas länger befreundet bin. Wobei ich auch Jens von der Subkultur kenne und auch gern unterstütze – das war dann echt so … ehrlich jetzt? … erst wenig los und dann beides an einem Tag. (beide lachen)
Sven: Das ist natürlich doof, aber mein Gott – es war trotzdem cool und wir waren auch trotzdem ausverkauft – insofern ist das alles super. Momentan geh ich davon aus, dass in diesem Sommer auch nicht viel anders laufen wird. Ich befürchte, dass das erst wieder normaler wird, wenn ein großer Teil der Bevölkerung geimpft ist. Insofern bin ich gespannt, was sich die Veranstalter über diesen Sommer ausdenken.
Habt ihr schon was am Wickel – also was Konzerte angeht – für dieses Jahr? Also ich meine außer von “vielleicht im Herbst irgendwas, wenn es wieder normal geht”? Oder ist das alles noch ein “Wir planen erst, wenn wir was Genaueres sagen können”?
Sven: Wir sagen erst, was geplant ist, wenn wir was Genaueres sagen können. (lacht) Klar, da sind jetzt schon paar Sachen im Gespräch, aber das ist noch gar nicht spruchreif. Ich glaube, das wird alles relativ spontan passieren, so wie im letzten Jahr auch. Ich meine, im letzten Sommer hatten wir dann Sachen, da war drei Wochen vorher klar: “Ey ihr könnt dort und dort spielen” und normalerweise haben wir ein Jahr Vorlauf. Daher glaube ich, dass alles in diesem Jahr auch ein bisschen spontaner sein wird. Man muss jetzt einfach abwarten. Wenn du jetzt schon zu viel planst, läufst du einfach nur Gefahr, dass alles nicht stattfindet und deine ganze Arbeit und Energie umsonst ist. Das ist auch blöd. Auf der anderen Seite musst du natürlich überall deinen Fuß in der Tür haben, damit die dich nicht vergessen. (lacht) Das ist schon etwas schwierig, aber ich vertraue da voll auf unsere Agentur, die wird das alles toll machen denke ich mal – wie bisher auch immer.
Das haben wir von Festivals auch gehört: Wenn die jetzt anfangen richtig zu planen, dann wird es teilweise ein Aufwand, den sie finanziell nicht auffangen können. Da muss man gucken, wie weit man überhaupt plant.
Sven: Genau, die meisten haben ja eh noch den Ballast vom letzten Jahr. M’era Luna, Amphi und das in Berlin, also der Weekender. Das ganze Lineup wird ja auf dieses Jahr verschoben – einige sind sogar schon noch ein Jahr später – auf 2022 – verschoben. Das hilft ja nix, da brauchste gar kein neues Festival zu planen, weil du erstmal das 2020er irgendwie noch nacholen musst. Wir schauen mal, ich bin sehr gespannt, was das jetzt wird. Ich hoffe, dass das netter wird als letztes Jahr.
Was wirst du als erstes tun, wenn der Lockdown vorbei ist?
Ich wollte eigentlich zu Weihnachten meine Eltern besuchen und sobald ich erstmal wieder halbwegs normal reisen kann, werde ich das erstmal tun. Also wenns auch wieder Flüge gibt von Spanien nach Deutschland, (lacht) das ist nämlich momentan auch ein bisschen schwierig. Wenns wieder so richtig normal ist, sind wir wahrscheinlich direkt auf Tour denk ich mal. (lacht) Ansonsten lebe ich mein Leben ja nicht so großartig anders: Ich arbeite entweder an meinem Grafik-Job oder Musik oder irgendwas, das mit SOLAR FAKE zu tun hat. Insofern in meinem normalen Alltag merk ich gar nicht so die großen Unterschiede zu 2019. Also erstmal Konzerte.
Vielen Dank für die Zeit und auf hoffentlich bald.