HÖRNERFEST 2020
Einsam hinter einem düsteren Wald gelegen ein kleines Haus – gedacht wohl mal für eine Familie. Vielleicht ein alter Hof? Aber wer wohnt hier wirklich?
Eine dunkle Gestalt schleicht durch den Garten. Hinter einem Stall erklingt hämmern und sägen wie aus einer Werkstatt, aber da ist keine. Stattdessen wird plötzlich ein großes Ungetüm sichtbar — weiter hinten im Garten, am Rande der großem Wiese.
Bei näherem Hinsehen entpuppt es sich als eine große schwarze Bühne. Es werden von unheimlichen dunklen Schatten Lautsprecher aufgebaut. Eifrig wuseln schwarz gekleidete und verhalten bunte, mittelalterlich anmutende Gestalten mit wilden und zottigen Haaren auf der Wiese herum. Bauen Zelte und Lager auf, heizen Grills und Feuerstellen an und zappeln zu merkwürdigen Geräuschen, die nach Kampfgesängen, Beschwörungen aber auch Spaß klingen.
Es sieht alles ein bisschen skurril aus, was das wohl soll?
Eine ganze Schar böser Hexen und Zauberer, könnte man meinen hält hier seinen Sabbat ab – Hexentänze vollführend, merkwürdig scharf riechende Süppchen und andere Mahlzeiten produzierend. Einzelne Feuer lodern auf — Dreibeine stehen darüber, in denen große Kessel hängen. Platsch, da wirft gerade so eine düstere Gestalt etwas in dem Topf— Krötengebein und Fledermausdreck vielleicht? Nach einer Weile ruft jemand mit heiserer Stimme: “Essen fassen! Kommt alle. Haut rein. Ihr werdet sehen nachher tanzt es sich besonders gut!” Plötzlich – der eben noch feuerrote Ball der Sonne, am Horizont verschwunden.
Aber nun ziehen von der anderen Seite her dicke schwarze Wolken auf und es dauert nicht lange, da prasselt ein harter Regen auf die unzähligen Gestalten nieder. Sturm kommt auf, Zelte fliegen davon, nur die Suppentöpfe hängen noch über den Gluthaufen, die nun auch nach und nach den himmlischen Sturzbächen zischend ihr Leben lassen. Naß und kalt stehen die Gestalten zitternd und tropfend an ihren Lagern und Fuhrwerken und überlegen was zu tun ist, während es auf der Bühne trocken bleibt. Als das entdeckt wurde, scharen sich in Windeseile wieder Mengen von den Gestalten auf den wenigen trockenen Quadratmetern vor der Bühne und fröhnen tanzend, singend und johlend den aufspielenden gar düster wirkenden Musikgruppen und anderen Spielleuten. Die Glieder wirbeln hin und her, die Köpfe wippen mal mehr mal weniger im Takt, die Haare fliegen: alles wie immer beim Hörnerfest.
Selbstvergessen bewegt sich de Menge freudig zur Musik von KRAYENZEIT, FEUERSCHWANZ, RAGNAROEK, VROUDENSPIL, FORGOTTEN NORTH und all den anderen. Einige stolpern, landen im nassen Gras oder mit Pech daneben, im aufgewühlten Boden in dem der ein oder andere Schuh unrettbar versunken bleibt. Manch einer landet auch gleich mehrfach im Morast, doch Gram kommt bei keinem auf. Ein Heidenspaß für alle auch die Betroffenen johlen und lachen. Am Haus indes, steht eine langhaarige Gestalt, sauber, trocken, die Arme verschränkt, in der Hand ein Trinkhorn voll Met, mit den Füßen mitwippend und das treiben auf den Gelände schadenfroh und freudig grinsend beobachtend. „Hat also wieder mal alles geklappt. Der Zauberspruch bei Vollmond, hilft doch immer wieder”, denkt er und schlürft feixend an seinem Met.
Ein Klingeln…. Ich mache die Augen auf und bin verwirrt. Feste Wände, keine Plane. Ich liege in meinem Bett, zu einer Zeit, wo ich mich normalerweise aus dem Schlafsack pelle, die Morgensonne begrüße und die Zeltnachbarn ihres martialischen Schnarchens wegen verfluche. Normalerweise würden wir das Feuer anheizen für den Kaffee, die Reste des Abends wegräumen und in Ruhe vorm Pavillion das Wetter genießen. Egal ob grau oder sonnig.
Seit 12 Jahren ist es dieses Jahr zum ersten Mal anders zu dieser Zeit. Wir bleiben zu Hause. Das HÖRNERFEST darf nicht stattfinden, wie hunderte andere Festivals und Großveranstaltungen auch. Doch bei so langer Zugehörigkeit zur Hörnerfestfamilie fühlt man sich irgendwie leer, es fehlt etwas. Also ab ins Auto und rüber zum Platz. Die Gestalt am Haus aus meinem Traum, öffnet die Tür und empfängt und freundlich. Thomas, so heißt der langhaarige Sympath, lädt uns auf die Terrasse zu dem ein oder anderen Kaltgetränk ein. In Hamburg geht gerade Die Welt unter, Sturm, Starkregen- wir sitzen keine halbe Stunde entfernt bei schwülen, fast sonnigen 28°C gemütlich beisammen und reden über das, was möglich gewesen wäre, was man hätte anbieten können, was aber seitens der Behörden nicht zugelassen wurde.
So bleibt uns für heute nichts anderes übrig, als hier noch ein paar nette, lustige Momente zu verbringen und uns auf nächstes Jahr zu freuen. Egal ob im Matsch, wie in meinem Traum oder bei 35°C wie die letzten Jahre, das HÖRNERFEST 2021 wird mit Sicherheit ein Traum. Ein Familientreffen der besonderen Art.