‘Construct // Destruct’ in Bielefeld – Teil 1 unseres VNV NATION Konzertwochenendes

Aus dem Leben eines redaktionellen Mitarbeiters von Online- Musikmagazinen:
Samstagmorgen, fünf Uhr früh Neuzugänge im Mailpostfach checken, Nachbarn mit dem allerneuesten Shit aus den Betten wummern, Artikel schreiben. Damit der Unterleib durch die lange Sitzhaltung nicht allmählich abstirbt, geht es am Vormittag zu Fuß bergauf und bergab ans andere Ende der Stadt in die Muckibude, nach dem Mittag völlig fertig zurück. Und das alles nur, um für Nächte wie die Folgende fit zu sein…
Bei dieser Gelegenheit festgestellt, dass dieses 3 Tage VNV NATION Festival von einem fast schon perfekten Wetter begleitet wird, nachdem die Tage zuvor eher für die Rundablage waren.
Damit wäre auch die Überleitung zum Motto der Tour vollzogen, denn Wetter ist die natürliche Darstellung von “Construct // Destruct“, oder? Schon mitten im Frühling gewesen, dann wieder schmuddeliges Winterwetter, bevor wir wieder in angenehme Zonen vordringen.

Puh, was für eine Einleitung. Und warum das Ganze?
Weil wir euch eine geballte Ladung VNV NATION Tour- Experiences unter die Nasen reiben wollen, allerdings ohne den Freitag in Oberhausen, wovon der Autor hier doch ganz prima abgelenkt hat (lasst den Autor in dem Glauben, insbesondere nach diesem Satz. Danke; Anm. der Redaktion).
Okay, starten wir also mit dem Termin in der Stadt, über deren Existenz es die dämlichsten Gags gibt und deren wohl aktuell bekanntesten Personen CASPER, RALPH RUTHE und dieser Puddingproduzent sind. Also keine Müdigkeit vorschützen, ab unter die Dusche und ab dafür auf die road to nowhere.
Auf dem Weg noch laut die Musik des Support Act STRAIGHT RAZOR auf die Ohren, da von VNV NATIONs “Construct // Destruct” noch nicht Neues greifbar ist. Und natürlich hat man als musikinteressierter Mensch sofort gecheckt, wen RONAN HARRIS da als Begleiter ins Boot geholt hat, als die Namen auf die Flyer gestickt wurden.

Ankunft

Als geübter Besucher des Bielefelder RINGLOKSCHUPPEN reist man etwa per ÖPNV an oder parkt seine technologieoffene Sänfte möglichst deutlich entfernt von der Location.
Denn dies kann als deutlicher Minuspunkt der Örtlichkeit betrachtet werden: es gibt praktisch keine Parkmöglichkeiten auf dem Gelände und nur homöopathische Dosen an öffentlichem Parkraum. Das führt zu jeder Menge Frust bei den Nachbarn, den man auch als berufsmäßiger Antispießer durchaus nachvollziehen kann. Wenn die Parkplätze des benachbarten Discounters, sowie anderer Geschäfte, die alle noch geöffnet sind, zu 90% von Besuchern des Konzertes belegt werden, führt das über kurz oder lang zwangsläufig zu massivem Ärger. Aber selbst Besucher von VNV NATION Konzerten sind eben nur ein Querschnitt der Gesellschaft, positiv wie negativ. Und in einer auf „mobile Freiheit“ ausgerichteten Gesellschaft ist es natürlich irgendwie widersinnig, Großtreffpunkte ohne auch nur annähernd ausreichend Parkfläche zu betreiben. Deutschland in a nutshell, ganz bildlich. Und irgendwie “Construct // Destruct”

Ups, zuviel Gemecker gleich zum Start. Wird besser, versprochen.
Beispielsweise direkt am Einlass, denn die Security ist nicht gerade mit einem Übermaß an Freundlichkeit gesegnet, aber eben auch nicht unfreundlich, dafür jedoch sehr schnell und effektiv.
Selten, dass man eine so lange Schlange so zügig durchläuft. Problematisch war daher eher die Garderobe, die zwangsläufig zu einer Art Bremse im Haus wurde, was bitte nicht als negative Kritik verstanden werden soll. Das Personal war schnell, freundlich und ziemlich motiviert. Damit war das Personal der echte Support für RONAN HARRIS und seine Begleiter, da sie den Gästen überhaupt erst einen tollen Start in die Nacht ermöglichten.
Zack, Kurve gemeistert. Auf geht es, die Spiele mögen beginnen…

STRAIGHT RAZOR

Der Verfasser dieser Zeilen befindet sich gerade in einer Zwickmühle. Im Kopf kämpfen die Teile “Punkt 20:00 Uhr ging es los“ gegen “boah nee, keine abgedroschenen Phrasen“ gegeneinander.
Man muss aber zugeben, dass da tatsächlich jemand offenbar ganz furchtbar deutsch und somit überpünktlich war.
Die tatsächlich schon extrem gut gefüllte Halle wurde düster und es rollte eine Bassdrum zum Wachrütteln der Crowd durch den Saal. Das Licht ging an und gab den Blick frei auf OMAR DOOM alias STRAIGHT RAZOR. Dieser Mann sieht sich selbst eher als Musiker, der den überwiegenden Teil seines Lebens mit der Erschaffung von Klängen verbracht hat, dennoch eher als Schauspieler etwas Bekanntheit erhielt. Als solcher hat er, der auch noch in Hollywood lebt, unter anderem in QUENTIN TARANTINOS Werken “Death Proof“ und “Inglourious Basterds“ mitgewirkt. Seit einigen Jahren betreibt er sein Label Doom Vision, um seine Werke unters Volk zu bringen.
Die Speisekarte ist übersichtlich und wird mit „ein Mix aus Dark Wave, Techno und EBM“ gut zusammengefasst.

Er stellte sich kurz vor und gab bekannt, dass er uns das aktuelle Album “Casualty“ vorstellen wolle, mit dessen Titeltrack er den Abend dann eben auch direkt eröffnete.
Während er den äußerst eleganten Gothic inszenierte, angelehnt an edle Vampir Darstellungen, kümmerte sich ein maskierter Kapuzenmann um die Begleitung am Synth.

Als kritischer Beobachter muss man anmerken, dass die Tracks für sich genommen alle wunderbar tauglich sind, um Massen zu bewegen. In Summe hintereinander gehängt allerdings nur wenig Abwechslung bieten und somit eine wenig erbauliche Eintönigkeit aufzeigen. Nichts desto Trotz war es eine gute Show, die auch von der aufgefahrenen Lichttechnik sehr profitierte und einen herrlichen Blick über den Tellerrand darstellte.
So war dann auch die Reaktion der Publikümmer etwas ambivalent: der Saal füllte sich weiter massiv und es waren auch Cluster mit leicht tanzenden Personen auszumachen, eine wild feiernde Masse ließ sich jedoch nicht einmal erahnen. Nach 30 Minuten war es dann auch schon wieder vorbei… Als Beobachter vom Spielfeldrand soll dennoch ein Dank an die Besucher gesendet werden, denn solch hohe Füllstände und gelebtes Interesse an einer Vorband sind leider keine Normalität mehr.

Setlist STRAIGHT RAZOR

  1. Casualty
  2. Black Smoke Rising
  3. Suffering
  4. Misery
  5. The End
  6. Black Elixir
  7. The Curse

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Fotos: Jan Sebastian Tegelkamp 

Selbst von den Werken überzeugen könnt ihr euch auf Bandcamp, unter dem Reiter „Merch“ bekommt ihr physische Datenträger.

Construct // Destruct

Vorweg der Hinweis an alle Detailverliebten: Euer Schmierfink hier hat einen Anfängerfehler gemacht und in der Umbaupause seinen Platz verlassen, weshalb er euch hier nicht über die Qualität von RONANS Friseur, die Schlüpferfarbe des Keyborders links oder der Schuhauswahl der Protagonisten versorgen kann. Clevererweise haben wir als Fotomagazin einen Fotographen dabeigehabt, der all dies in Bildern dokumentierte. Ich schreibe hier also lauter unwichtiges Zeug von Musik, Stimmung und dergleichen, ha ha.

Die obligatorische Umbaupause nach dem Support Act fiel überraschend kurz aus, denn keine 15 Minuten nach Herrn DOOMs letzten Ton legten VNV NATION gleich mal mit ganz neuem Material von “Construct // Destruct” los.
„Save me“ ist definitiv ein klasse Opener. Dazu eine geradezu überbordende Fröhlichkeit, die da zur Begrüßung aus RONAN HARRIS förmlich heraussprudelte. Da hatte offensichtlich jemand ganz großen Bock auf diesen Abend und machte es uns Gästen sehr leicht, ebenfalls in eine latent beschwipste Gefühlsebene zu wechseln.
Dem geübten Ohr kamen sowohl bei „Save me“, als auch beim zweiten Song „Only Satellites“ einige Stellen unrund vor. Aber völlig egal, ob der Text noch nicht ganz saß oder es technische Mängel gab, es tat weder dies- noch jenseits des Bühnengrabens einen Abbruch der Stimmung.

Natürlich gab es auch die übliche Ansprache zur Handynutzung, die sehr freundlich ausfiel und eigentlich doch auch klar sein sollte, oder? Traurig, dass RONAN das immer wieder sagen muss (sagt der Typ, der den ganzen Abend sein Smartphone in der Hand hatte – das war ja nun beruflich bedingt; Anm. des Autors).

„… was Neues. Ich sage das jeden Abend: Lust auf Tanzen? Gott sei Dank! …“

Und zack, schon gab es mit „Silence Speaks“ den nächsten Spoiler vom kommenden Album- Duo “Construct // Destruct”.
Gefolgt von ganz großen und gut gealterten Klassikern, bevor er seinen ersten sentimentalen Ausbruch hat:

„… Bielefeld ist immer eines der größten Shows auf der Tour in Deutschland und das ist ein ganz großes Kompliment. Ich will einfach nur Danke sagen… „

Zudem stellte er die Frage, ob wir alle Lust auf singen hätten, als der nächste Song einsetzte. Die wurde zwar von der Masse bejaht, allerdings war sie dann doch noch recht schüchtern und beteiligte sich eher in Form von klatschen. Genau dies nutzte Ronan dann anschließend aus und choreographierte die Klatscherei mittels „Stop“ & „Go“ Rufen.

„I hate war!“

Bei „Honour“ ließ er es sich nicht nehmen, lauthals „I hate war“ in den Saal zu rufen, zumal er auch sonst genügend Andeutungen zu seiner Weltsicht machte, wofür ich sehr dankbar bin.

Witzig seine Ansage bei „Farthest Star“, als der Jubel erst nach seiner Verwunderung ob der Ruhe im Saale ausbrach und er meinte, wir wollen an dem Abend nichts unter Druck machen. Das wäre auch gar nicht nötig gewesen, denn die Crowd wollte ihm wirklich jede Minute folgen, alles genießen und machte dementsprechend anständig mit.
Ebenso lustig war auch die Aufforderung, jetzt Selfies zu machen, um die Szenerie dann zu kommentieren mit

„… so sieht eine TAYLOR SWIFT Show aus…!“

Nach „Perpetual“ gab es die obligatorische Pause, die erste dieses Abends, denn bis jetzt wurde durchgeackert. Etwas seltsam mutet sie dennoch an, da sie nur 2 Minuten währte und auch ohne die obligaten „Zugabe“- Rufe beendet wurde. Für den Spannungsbogen also unnötig, zur Erholung der Akteure aber natürlich absolut gegönnt.

Die erste „Zugabe“ lieferte drei weitere Songs, von denen ein weiterer angenehmer Spoiler für “Construct // Destruct” war.
Die zweite „Zugabe“, die nach demselben Prinzip wie Nummer eins durchgezogen wurde, bot dann noch einmal die ganz großen Hymnen zum Abschied.

Setlist VNV NATION

  1. Save Me
  2. Only Satellites
  3. Silence Speaks
  4. Nemesis
  5. Legion
  6. When Is The Future?
  7. Space & Time
  8. Tomorrow Never Comes
  9. Honour
  10. The Farthest Star
  11. Carbon
  12. Retaliate
  13. Lights Go Out
  14. Control
  15. Prophet
  16. Resolution
  17. Perpetual
  18. The Game (Encore)
  19. Gratitude (Encore)
  20. Close To Heaven (Encore)
  21. Illusion (Encore 2)
  22. Nova (Encore 2)
  23. All Your Sins (Encore 2)

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Fotos: Jan Sebastian Tegelkamp 

Fazit

Es war eine grandiose Reise durch die musikalische Referenz von VNV NATION, die durchgängig Spaß machte. Es gab keine Downer, keine Ausreißer, nur große Freude und ein verdammt hohes Tempo.
Ein Wermutstropfen war der sparsame Einsatz an Song von den Alben, die der Tour ihren Namen “Construct // Destruct” gaben. Zugegeben ist dies bei dem Gesamterlebnis jammern auf hohem Niveau.
Besonders positiv sei die Lichtshow erwähnt, die von Tour zu Tour immer beindruckender wird. Bei der Gelegenheit könnte man vielleicht auch langsam über Leinwände nachdenken, denn in Sälen wie dem Ringlokschuppen ist schon ab Höhe der ersten Bar nicht mehr viel von der Darbietung auf der Bühne zu sehen, das audiovisuelle Erlebnis beschränkt sich da dann nur noch auf Musik und Licht.
Ich wiederhole mich: Jammern auf hohem Niveau.

Der Dank geht an RONAN HARRIS, seinen Bühnenkollegen, der Crew, sowie dem gesamten Personal des Ringlokschuppen für diesen erstklassigen Konzertabend.

Augen auf, der zweite Teil von unserem Besuch bei VNV NATIONs ‘Construct // Destruct”- Konzert in Hamburg folgt umgehend!

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