70000 Tons Of Metal – ein Erfahrungsbericht

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ Hat diese alte Fußballerweisheit, die regelmäßig 5 Euro fürs Phrasenschwein diverser Expertenrunden bringt, aber auch Gültigkeit für die 70000 Tons Of Metal Cruise? Kommt nach der Cruise der unumstößliche Wille, auch im Jahr 2025 auf der Freedom Of The Seas auf Bilderjagd zu gehen?

Würde ich mein Geld inflationär im Profifußball verdienen, dann müsste ich sicher nicht lange überlegen und würde schon jetzt die gepackten Koffer fürs nächste Jahr bereitstellen. Da mir mein Geburtsjahr im Ausweis allerdings suggeriert, dass ich mir auf eine Festanstellung im bezahlten Fußball keine Hoffnungen mehr zu machen brauche und ich sowieso mit 2 linken Füßen gesegnet bin, bleibt mein Koffer vorerst leer. Soll heißen … So toll diese Cruise auch sein mag, aber man muss sie sich halt auch leisten können. Demzufolge werde ich wohl etwas länger von dieser einmaligen Erfahrung zehren müssen.

Fotos: Oliver

Als Cruise-Novize ist es auch im Nachgang noch immer schwer zu verarbeiten, welche Eindrücke man an Bord dieser 4 Tage sammeln durfte. Eins ist aber sicher – die Eindrücke wirken nach und bleiben erhalten. Schon auf der Fahrt zum Hafen wird man beim ersten Anblick der Freedom Of The Seas von deren Größe erschlagen und auch der erste Rundgang an Bord lässt einen staunend zurück. Eine Entdeckungsreise, die sich über 15 Decks und 338 Meter erstreckt und die auch noch beim Verlassen des Schiffs am letzten Tag nicht beendet ist. Und dann gibt es natürlich auch noch die 4 Konzertlocations, die sich auf 3 Indoor- und eine Outdoor-Bühne verteilen. Eins vorweg, man sollte sich im Vorfeld nicht die Illusion machen, dass es möglich ist, sich alle Bands anzuschauen – schon gar nicht in voller Länge. Man macht tagtäglich unzählige Kilometer bei dem Versuch, dem Zeitplan der 4 Bühnen hinterherzujagen, um wenigstens ein paar Eindrücke von so viel als möglichen Bands zu sammeln, und das zwisc hen 10 Uhr morgens bis 6 Uhr morgens. Ich hatte teilweise sogar echt Probleme, Slots zu finden, um auch mal im Windjammer Café vorbeizuschauen, um einem meiner liebsten Hobbys nachzugehen – dem Essen. Nicht, dass ich Angst haben müsste zu verhungern, aber bei der tollen Auswahl an extrem leckeren und großzügigen Speisen wollte ich nur ungern eine Mahlzeit auslassen. Davon abgesehen ist das aber auch fast kaum möglich, da es eine nahezu zeitliche Rundumversorgung auf dem Schiff gibt – beeindruckend!

Fotos: Oliver

Was waren nun meine musikalischen High- und Lowlights? Eins vorweg … Es gab keine Lowlights, was vielleicht auch der Tatsache geschuldet sein mag, dass an Bord jede Band zu jeder Stunde und an jedem Ort ausnahmslos abgefeiert wurde. In so einem positiven und enthusiastischen Umfeld ist es schlicht nicht möglich, nicht abzuliefern. Einige Bands haben es aber aus meiner Sicht geschafft, ein, zwei Schippen mehr draufzupacken und vollständig abzuräumen. Allen voran THE HALO EFFECT! Toller Frontmann, tolle Songs und atemberaubende Atmosphäre. Der Auftritt von BLIND GUARDIAN auf der Pool Stage war magisch, und gefühlt war das komplette Boot zu dieser Show versammelt. Beide GRAVE DIGGER-Shows waren mehr als souverän. VICTORY haben mich in meine Jugendjahre zurückversetzt, FLESHCRAWL haben mir den Arsch versohlt, KATAKLYSM schaffen es perfekt, Härte mit Eingängigkeit zu verbinden, THRESHOLD überzeugten mit spielerischer Perfektion, LORD OF THE LOST haben deutlich mehr zu bieten als halbgares „Blood & Glitter“-Gedudel und MYSTIC PROPHECY haben bewiesen, dass man auch zu unchristlichen Zeiten ein Feuerwerk auf der Bühne abbrennen kann. Es ist einfach nicht möglich, hier jede Band zu erwähnen, aber alles, was ich mir mehr oder weniger lange anschauen durfte, war absolut sehenswert.

Fotos: Oliver

Und als ob das nicht schon genügen würde, gab es unzählige andere Zerstreuungen: Karaoke, ein Mega-Casino, Bars, Workshops, den Landgang in Puerto Plata, eine sehenswerte All-Star-Jam, die von einem extrem sympathischen Alex Krull (LEAVES‘ EYES) moderiert wurde, einen Belly-Flop-Contest, unzählige Sportangebote, kollektives Verkleiden am letzten Cruise-Tag und und und.

Es ist wirklich schwer, alle Eindrücke so kurz nach der Cruise zu bündeln und wiederzugeben. Genauso herausfordernd war es letztlich auch, die Bilder für diesen Beitrag auszuwählen und teilweise auch auf SD-Karte zu bringen. Bei einer Show wurde ich von einem Kollegen gefragt, warum ich nicht im Fotograben fotografieren würde. Ganz einfach – für mich ist ein Konzert immer eine Interaktion zwischen Publikum und Band. Ich möchte keine perfekten, unverbauten, aber sterilen Bilder von posenden Musikern aus dem Fotograben. Ich will das, was das Publikum sieht. Ich will die Energie zwischen Publikum und Band. Ich will das reine und ungeschönte Konzerterlebnis auf meinen Bildern. Das mag nicht immer sexy sein, aber es ist wenigstens roh und ungeschönt.

Fotos: Oliver

Was ist mein Fazit? Ist nach dem Spiel vor dem Spiel?

Trotz der nicht unerheblichen Kosten für die ganze Reise kann ich nur eins sagen: Es hat sich gelohnt! Es hat Spaß gemacht! Vielleicht sollte ich heute noch direkt die ersten 5 Euro in mein persönliches Phrasenschwein stecken, damit es in der Zukunft ein Nachspiel geben kann … Vielleicht nicht 2025, aber mein Koffer wäre jedenfalls schnell gepackt.

Fotos: Oliver
Gastautor: Oliver Kast
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