UNZUCHT – Emotionales Jahresabschlusskonzert in Hannover – Abschied von Daniel Schulz

Es gibt bei Konzerten manchmal fast so etwas wie “Routine”. Wenn man eine Band häufiger live sieht, wiederholen sich Setlisten, Ansagen, bestimmte Bewegungen und Abläufe… es gibt Muster. Und wenn diese Muster ZU starr sind, kann sich so etwas wie Gewöhnung einstellen und hernach sogar Langeweile.

Und dann gibt es Abende wie den 16.12. Wo nichts so ist, wie vorher. Wo jegliche Routine krachend zerbirst und man plötzlich nichts mehr unter Kontrolle hat. Wo Band und Publikum von Emotionen überwältigt werden und Abende entstehen, die niemand der Beteiligten je wieder vergessen wird. UNZUCHT ist eine sympathische Band, die viele von uns über die Jahre hinweg beim Wachsen begleitet haben. Die Banner wurden breiter, die Themen vielschichtiger, die Gigs größer, die Fan-Armee wuchs und ebenso das Selbstvertrauen. Wie selbstverständlich bespielte man die großen Bühnen und Festivals der Republik, vom Amphi, über das M’era Luna bis hin zum Wacken Open Air. UNZUCHT stand auch immer, trotz aller thematischer und klanglicher Härte, für große Emotionen, für Balladen und für ganz viel Herz auf und vor der Bühne. Ich selbst habe einige Artikel über die Band aus Niedersachsen verfasst und auch das letzte Album rezensiert. Dieser Text hier ist anders.

Zum Glück hatten die geschundenen Herzen der UNZUCHT-Fans in Hannover eine Gnadenfrist, denn zunächst wurde die Bühne in grünes, heilsames Licht getaucht. ALIENARE traute sich trotz der ambivalenten Atmosphäre dieses besonderen Abends auf die Bühne des MusikZentrums, um für die UNZUCHT zu eröffnen. Das riesige Backdrop hätte vermutlich zur Verhüllung des Hannoveraner Rathauses ausgereicht, (habt ihr diesen unfassbar überdimensionierten Prachtbau mal gesehen? Hannover war mal ein Königreich, am Rathaus kann man das immer noch erkennen) aber Christo hatte offenbar gerade keine Lust dazu. Pünktlich um 20 Uhr stürmte das dynamische Dance-Duo aus Tim und Timo die Bühne und eröffnete die alternative Tagesschau mit deutlich mehr Wumms. Schon beim Opener “Perception” drehte Tim im wahrsten Sinne des Wortes frei und verlangte seinen Kreuzbändern einiges ab. Der elegante junge Mann aus dem Norden legte, tatkräftig unterstützt vom Herrn der Tasten Timo, einen fulminanten Kaltstart hin, langsames Aufwärmen war also gestrichen. “Guten Abend, Hannover und ein ganz herzliches Willkommen! Wir sind ALIENARE”, eröffnete der Sänger den Abend schwungvoll und wurde mit Jubel begrüßt. “Ah, ein paar kennen uns schon”, quittierte er die Reaktion. “Und für alle, die sich fragen: Wann kommt endlich der Schlagzeuger: Wir sind eine Synthie-Combo! Och nööö… Wie lange spielen die?”, nahm er ironisch einige Reaktionen vorweg. Man musste unweigerlich lachen, weil es ja durchaus in der Metal- und Rock-Szene etliche “Electrophobiker” gibt. Ich selbst habe auch lange dazugehört. Es war eine Zeitlang durchaus “Mode” in der Metalszene, alles rundheraus und ungeprüft abzulehnen, was Synthie-Klänge beinhaltete. Die fundamentalistische “Religion der Gitarre” regiert in einigen Kreisen auch immer noch. Und ihr Glaubensbekenntnis besagt: Keine Saiten = kein Spaß. Liebe Freunde der Nacht: Seid bitte offen und hört euch auch mal etwas an, das hinter diesem begrenzten Horizont liegt. Mich persönlich hat dieses “Wagnis” sehr bereichert. Tim hatte jedenfalls das Eis gebrochen und setzte da auch gleich wieder an: “Und außerdem sind wir eine Mitmachband. Ach du scheiße! Das Ganze wird viel erträglicher, wenn man mitmacht! Hannover, Hände hoch!”, versuchte er, die Menge zu verhaften und hatte damit auch durchaus breiten Erfolg, auch wenn noch einige hartnäckig mit Metal(l) verkrustete Mundwinkel und Hände beharrlich unten blieben. “Diamonds” vom aktuellen Album “Emerald” löste dann aber doch bei etlichen Anwesenden genug Zuckungen aus. Überhaupt war der Sound an diesem Abend sehr gut und die treibenden Rhythmen von ALIENARE verfehlten ihre Wirkung keineswegs. Aber auch für die Anhänger ruhigerer Klänge war einiges im Set vorhanden, so zum Beispiel auch einer meiner persönlichen Favouriten “The Colour Of My Soul”. Hier wedelte die Menge ausdauernd mit den Armen. Bei den beiden folgenden Songs “Wrong” und “Move” war es besonders leicht, am Klang mitzuwirken, denn der jeweilige Titel wird im Refrain mehrfach gebrüllt. Tim stieg sogar in den Graben hinab, um mit der enthusiastischen ersten Reihe zusammen zu singen. In den Ecken verfielen einige direkt in ausgiebige Industrial-Dance-Choreographien, was ich hier und heute nun wirklich nicht erwartet hätte. Auch beim “Klassiker” vom ersten Album “Mission Abort” suchte der agile Fronter wieder die Nähe zum Publikum und ließ auch einzelne Fans ins Mikro singen. Toll, wenn die Schranken zwischen Bühnenpersonal und Fußvolk so sympathisch aufgebrochen werden! Vor “# (Hashtag) NEON” ging das Licht auf der Bühne aus und ließ nur die neongrünen Krawatten von Tim und Timo plus die Lichtsäulen am Keyboard hell erstrahlen – ein super Special Effekt.
Trotz des heiteren Sportprogramms, das ALIENARE anbot, war die Band sich des emotionalen Hintergrundes durchaus bewusst, wie die Schlussansage von Tim bewies: “Dies ist ein ganz besonders emotionaler Abend. Viele haben sich vielleicht gefragt: Was machen die Vögel auf der Bühne? Ich kenne die UNZUCHT schon sehr lange, seit dem dritten Gig oder so und daher wächst jetzt hier was zusammen. Genießt diesen Abend bitte in vollen Zügen, viel Spaß mit jedem einzelnen Song!”. Nach dem Titelsong des Albums “Emerald” verabschiedete sich der Sänger mit einem Augenzwinkern: Ja, das sind meine echten Haare, um diese Frage vorweg zu nehmen. Genießt die Unzucht!”

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Fotos: Mirco Wenzel

Letzteres war eine Herausforderung. Natürlich weiß man in der Schwarzen Szene überwiegend durchaus über den Zusammenhang von Genuss und Schmerz Bescheid. ASP geben hier Hilfestellung in Form der berühmten und vielfach tätowierten Textzeile: Nur wer sich öffnet für den Schmerz, lässt auch die Liebe mit hinein! . Trotzdem stellten sich viele Fans die bange Frage, wie sich dieses Konzert anfühlen würde. Fakt ist und war: Der seit über zwanzig Jahren aktive Sänger der Truppe, Daniel Schulz, würde heute zum letzten Mal mit der Band auf der Bühne stehen. Ich habe noch nie eine solche Situation erlebt, obwohl ich jetzt schon viele Jahre Konzerte besuche. Natürlich passiert es relativ häufig, dass Bands auseinanderbrechen. Besetzungswechsel aufgrund von Zeitknappheit, Krankheit, musikalischer und/oder persönlicher Differenzen gab es schon einige vorher. Aber stets geschah das mit einem Vorab-Statement in der Öffentlichkeit, zumeist, wenn bereits ein Ersatz für das scheidende Mitglied gefunden war. So gut wie nie folgten dann noch gemeinsame Konzerte. Die Verunsicherung in der Fanbase fußte zudem auf dem Umstand, dass es verschiedene Einlassungen gegeben hatte, und allgemein nun der Eindruck blieb: Es war keine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen! Nachdem bekannt wurde, dass Daniel Schulz der neue Sänger der ikonischen NDH-Band OOMPH! geworden war, trennte UNZUCHT sich von ihm. Sein Plan, in beiden Bands zu singen, wurde also von den übrigen Mitgliedern nicht mitgetragen. Ein kurz vorher veröffentlichtes gemeinsames Statement von UNZUCHT und Daniel Schulz wirkte nun doch einvernehmlich, es deutete also alles auf einen provisorischen Frieden hin. Soweit die Ausgangslage vor dem Konzert. Bei den Fans war die Aufregung jedenfalls nach wie vor groß. Ein paar Zeilen auf Facebook änderten nichts an dem großen Trennungsschmerz, der bei der Anhängerschaft vorherrschte.

Zu dem RAMONES-Song “Merry Christmas (I Don’t Want To Fight Tonight)” betrat die Band die Bühne. Der wichtigste Satz aus dem Intro war wohl “‘Cause Christmas ain’t the time for breaking each other’s hearts”. Ein frommer Wunsch, aber viel war ja bereits durch die wechselhafte Kommunikation vorher zu Bruch gegangen. Würde die Band hier und heute Abend genug davon reparieren können? Der erste, augenfällige Unterschied zu sonstigen Konzerten war, dass Daniel S. sich ungewöhnlich oft zu den Hardcore-Fans der ersten Reihe herunterbeugte, um Hände zu drücken. Er suchte durchgehend den Kontakt. Das Set folgte unterdessen der bereits bekannten Reihenfolge: “Unzucht”, “Engel der Vernichtung”, “Kleine geile Nonne”… Und trotz dieser bekannten Muster durchbrach Daniel Schulz immer wieder den inneren “Alltag”. Er sang sich die Seele aus dem Leib und zelebrierte bewusst jedes einzelne Wort. Ich war von der Intensität der Vocals überrascht und natürlich färbte die Abschiedsstimmung die altbekannten Texte auf eine ganz besondere Weise ein. Immer wieder stolperte man beim Mitsingen über Textbruchstücke, die nun wohl für immer ihre Unschuld verloren haben: “…und der allerletzte Tag reißt dein Herz entzwei” war nur die erste Dornenranke, die einen unvorbereitet traf und einen blutroten Striemen hinterließ. Während bei diesem Song nur ein Fragment verletzte, war es bei “Nur die Ewigkeit” praktisch der gesamte Text. Die UNZUCHT-Fans fühlten praktisch, wie ihnen ein “Freund” entrissen wurde. Egal, ob es in dem Song eigentlich um den Tod geht, für viele war der Verlust des sympathischen Sängers trotzdem ähnlich schlimm. Es tut einfach weh! Das spürte man auch auf der Bühne. Daniel Schulz versuchte erst gar nicht, seine Tränen zu verbergen. Auch für ihn war es unendlich schwer, diese letzten Meter mit den Fans zu gehen. Er quälte sich vorwärts, klammerte sich an jeden einzelnen Ton und sang wie noch nie in seinem Leben, so mein Eindruck. Als er ein blondes Mädchen, das in der ersten Reihe hemmungslos weinte, in den Arm nahm, brach dieses fast zusammen und musste nach hinten gehen. Spätestens an der Stelle wurde deutlich, was diese Band vielen Fans bedeutet. Ich glaube, dass das Außenstehenden oft nicht klar ist, was für eine tiefe Bindung es zwischen Musikern und ihren Fans geben kann. In den letzten Monaten wurden öffentlich vor allem ungesunde, missbräuchliche Versionen dieser Bindung diskutiert. Aber es gibt auch noch die andere Seite: Musik hilft vielen durch schwere Lebensphasen hindurch. Musik heilt, Musik verbindet, Musik ist die rettende Hand, die einen von der Kante des Abgrunds zurück ins Leben reißt. Warum lassen sich viele Fans das Logo und/oder Textzeilen von Bands wie UNZUCHT und LORD OF THE LOST tätowieren? Weil hier eine Beziehung besteht, die unter die Haut bis ins Herz hinein reicht und in die dunkelsten Winkel der Seele, wo oft kein Licht hinkommt, wohl aber die herzblutgetränkten Klänge der Musik. Die diffus wabernde Essenz der Musik wird aber verkörpert von ihren Schöpfern und Interpreten. Sie ergreift Besitz von den Körpern der MusikerInnen und fließt durch die ausgestreckte Hand von diesen hindurch und direkt hinüber in die Körper und Seelen der ZuhörerInnen. Und so ist es leicht verständlich, dass, wenn hier ein wichtiger Energiestrang gekappt wird, weil ein Musiker geht, ein deutlich spürbarer Mangel eintritt. Ein fast körperlicher Schmerz des Verlustes wird offenkundig.

“Meine Liebe wird dich ewig tragen
Du wirst nie mehr alleine sein
Bis ans Ende dieser dunklen Tage
Unberührt wird sie dich befreien”

Wie ein Vermächtnis füllte dieses von Daniel und der UNZUCHT gegebene Versprechen den Raum und sorgte für die nächsten emotionalen Höhepunkte im Publikum. Der alte Song aus den Anfangstagen der UNZUCHT bekam einen neuen, persönlicheren Touch. “Ach, das war einer der ersten Songs, die wir zusammen geschrieben haben”, erinnerte Schulle sich. “Vor 16,17 Jahren…”. Aus dem Publikum rief jemand “Daniel, wir lieben dich!”. “Ich und wir lieben dich auch!”, lächelte der Fronter zurück. Nach “Ein Wort fliegt wie ein Stein” gab es dann die ersten direkt auf den Abschied bezogenen Worte des Sängers: “Ausgerechnet hier, wo wir ganz am Anfang schon auf der Bühne standen, schließt sich ein Kreis”, erinnerte er an die ersten Konzerte in Hannover. “Aber es wird weitergehen mit der UNZUCHT! Danke auch, ihr Lieben. Das bedeutet uns so viel!”. “Du fehlst” war der nächste Song, der das Publikum mit der vollen Wucht einer gefühlsmäßigen Kanonenkugel traf. Unterstützt von einem Handylichtermeer sang Daniel Schulz mit tränenerstickter Stimme die Zeilen, begleitet von minimaler instrumentaler Unterstützung. Gitarrist und Songschreiber Daniel DeClercq, der auch immer wieder sichtlich bewegt von der Atmosphäre war, spielte sanft im Sitzen dazu. Danach wurde es wieder rockiger. “Nela” und “Nein!” gaben auch der trotzigen Wut Raum, die die Traurigkeit in den Herzen der ZuschauerInnen begleitete. Manch einer reagierte auf die ungewollte Trennung der Band auch aggressiv und es gab auch einige unschöne Zwischenrufe, das möchte ich hier nicht unerwähnt lassen. Bei allem Verständnis dafür, dass die Welt einiger durch die schwere Entscheidung der Band deutlich erschüttert wurde: Es gibt trotzdem keinen Grund, den nötigen Respekt gegenüber beiden Seiten vermissen zu lassen. Ganz egal, wie schwer es auch sein mag, lasst uns bitte als Fans gegen die Lagerbildung ankämpfen. Die Bandmitglieder haben sich mehr oder weniger gut verständigt, ein gemeinsames Statement und ein gemeinsames Abschiedskonzert gegeben, da sollte die Fanbase nicht gespalten zurückbleiben. Jeder kann für sich selbst entscheiden, ob er UNZUCHT UND Daniel Schulz weiter folgt oder ob er nur einen der beiden Wege weitergeht. Jeder hat das Recht auf diese eigene Entscheidung. Schuldzuweisungen von Außenstehenden, die nicht in diesen schwierigen Trennungsprozess involviert waren, sind jedoch genauso haltlos wie überflüssig. Es ist ein menschlicher Reflex, eine Seite zu wählen und seine aufgestauten negativen Gefühle auf die jeweils andere zu richten. Fair und angemessen ist das aber nicht. Mit “Jenseits dieser Welt” endete das reguläre Set.

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Fotos: Mirco Wenzel

Natürlich war der Abend aber noch nicht zuende. Was neben einigen Songs noch fehlte, war vor allem ein Statement der verbleibenden Band UNZUCHT. Als Daniel de Clercq schließlich wieder die Bühne betrat, war der wichtige Moment gekommen. Dem Leader und Gründer der Band fiel es sichtlich schwer. Er sagte: “Ich glaube, mir sind Worte noch nie so schwergefallen wie jetzt. Wir vier durchleben gerade die Hölle auf der Bühne. Es ist wirklich “wunderschön”, ja. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mich traue, heute hier hochzugehen. Die letzten Wochen und Monate über haben wir viel durchgemacht, als Band. Ihr habt das Statement gelesen. Es ist alles cool zwischen uns! Wir werden uns alle wiedersehen! Auch für uns ist es megaschwierig, wir haben noch nie vor einer solchen Situation gestanden. Es fällt uns allen von Herzen schwer. Wir haben jetzt noch vier Songs, lasst sie uns bitte genießen. Wir machen jetzt weiter, bevor ich jetzt auf der Bühne noch umfalle. Glaubt uns! Für uns ist es alles andere als easy, hier so vor euch zu stehen. Danke an Tobi, an Don, an Schulle, an alle”. Dann umarmten die beiden Daniels sich, was bei vielen nochmal alle Dämme zum Brechen brachte. Dieses wichtige Zeichen der Versöhnung löste die gefühlte Isolierung auf, der Daniel Schulz während des vorherigen Konzertteils scheinbar ausgesetzt gewesen war. Der eigentlich für das Ende der Zugaben geplante Song namens “Der letzte Tanz” wurder nun vorgezogen.

“Das ist der allerletzte Tanz – mit dir” – auch hier war natürlich eine neue Bedeutungsebene dazugekommen, sodass den Fans und den Musikern auf der Bühne viel Beherrschung abverlangt wurde. Sie hatten es sich bei der Erstellung der Setlist alles andere als leichtgemacht und solche Dornenfelder mitnichten weggelassen. Nach den weiteren Zugaben “Sonnentod” und “Lava” endete das Set mit einem alten Song vom Debutalbum, das vor kurzem in einer neuen Version veröffentlicht worden war. Der schwarze Trauerschwan auf dem Cover steht im Kontrast zum ursprünglich weißen Schwan auf dem Originalalbum. “Todsünde 8” ging letztendlich in das Outro-Lied “Don’t Look Back In Anger” von OASIS über. Auch hier war der Titel natürlich mit Bedacht gewählt worden. Nun nahm die Luftfeuchtigkeit noch einmal deutlich zu. Selbst Angehörige der Technik- und Roadie-Crew im Graben weinten, als Daniel Schulz sich ein letztes Mal in die Menge stürzte und seiner bewährten Stagediving-Einlage so treu blieb. Ihm flogen in diesem Moment alle Herzen zu und trugen ihn genauso wie die Hände zurück zur Bühne, auf die er so viele Jahre zusammen mit der UNZUCHT gehört hatte. Als er sich dann letztendlich doch losgerissen hatte und in den Backstage verschwunden war, stand De Clercq als letzter immer noch da und versuchte, seiner Gefühle Herr zu werden. Großer Respekt für seinen Versuch, die Situation zu erklären, auch wenn er kein Mann der Worte ist und sicherlich einiges an Anfeindungen hinter und noch vor sich hat. Dass die UNZUCHT sich wieder fängt und einen neuen guten Sänger finden wird, ist vor allem auch ihm zu verdanken. Andere hätten dem Druck wahrscheinlich nicht standgehalten.

Wir werden Daniel Schulz und seinen Werdegang mit OOMPH! weiter verfolgen. Aber auch für die UNZUCHT geht es weiter. Es ist wie nach einer zerbrochenen Beziehung. Man will sich verkriechen, glaubt, nie wieder glücklich werden zu können, und dass nie jemand die Leere wird füllen können, die ein geliebter Ex-Partner hinterlassen hat. Und dann geschieht es irgendwann trotzdem! Das ist das Wunder der Liebe, die sich erneuern kann. Wenn ihr irgendwie könnt, dann bewahrt euch die Liebe zur UNZUCHT und lasst de Clercq, Tobi Fuhrmann und Don Canone jetzt nicht im Regen stehen. Die Jungs sind großartige Musiker und verdienen eure Unterstützung. Auch der neue Sänger, wer immer es sein wird, wird es sehr schwer haben. Gebt ihm eine Chance, vergleicht ihn möglichst wenig mit eurem “Ex” und lasst mit dem Schmerz auch die Liebe mit hinein! Wir bedanken uns bei jedem, der trotz der Trauer und Wut differenziert denkt und respektvoll mit allen Beteiligten umgeht. Im Affekt rutscht einem manches raus, was nicht so gemeint war, dafür haben die Beteiligten Verständnis. Ihr seid jetzt alle Scheidungskinder. Aber Mama und Papa haben euch beide noch genauso lieb. Vergesst das bitte nicht!

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Fotos: Mirco Wenzel
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