FUTURE PALACE auf erster Headliner-Tour in Hamburg (und Hannover) zusammen mit ENVYYOU
Hinweis vorab: Unsere Autorin besuchte das Konzert in Hamburg, die zusätzlichen Fotos hingegen stammen von der Hannover-Show
Der 22. November hielt in Hamburg neben überaus eisigem Temperaturen vor allem eines bereit: mehrere Konzert-Highlights aus der Rock- und Metal-Szene. Während die einen in die Sporthalle zu SALTATIO MORTIS pilgerten, machten wir uns auf den Weg nach St. Pauli, wo im Grünspan FUTURE PALACE auftreten würden. Die noch recht junge Berliner Truppe ist aktuell auf ihrer ersten eigenen Headliner-Tour quer durch Europa unterwegs. Bisher konnte man sie lediglich als Vorband, beispielsweise bei ELECTRIC CALLBOY oder auch BATTLE BEAST erwischen. Auch mich haben sie bei einer dieser Gelegenheiten abgeholt und davon überzeugen können, einer ihrer Headliner-Shows einen Besuch abzustatten, daher bin ich gespannt, was mich an diesem Abend wohl erwarten würde.
Eine Stunde nach Einlass war es zunächst einmal Zeit für den Support Act ENVYYOU. Mein bis zu diesem Zeitpunkt einziger Kontakt mit der Band war eine kurze Google-Suche vor der Show gewesen, da mir der Name gänzlich unbekannt war. Das Ergebnis: Bei ENVYYOU handelt es sich um ein Quintett aus dem schwedischen Malmö, welches sich musikalisch wohl am ehesten in den Bereich Alternative Rock einordnen lässt. Um 20 Uhr betraten die Jungs die Bühne des Grünspan und starteten mit “New Friends” und “What You Need” in den Abend. Zu meiner Verblüffung zählte ich auf der Bühne jedoch nur vier Personen – wo war die Nummer fünf abgeblieben? Eine weitere kurze Recherche erklärte es: Gitarrist Ludvig hatte sich Mitte November aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen müssen und würde den Rest der Tour nicht auftreten können. Man muss den restlichen Jungs von ENVYYOU zusprechen, dass sie die Abwesenheit ihres Kollegen auf der Bühne souverän kompensierten und das Beste aus der Situation machten – hätte ich sie nicht im Vorneherein gegoogelt, wäre mir vermutlich gar nicht aufgefallen, dass ein Mitglied fehlte. Mit „Creatures“ und „Life“ ging es weiter im Takt und so langsam aber sicher erwärmte sich auch das Publikum für die im Metal-Kontext betrachtet doch eher ungewohnt seichten Klänge. Ebenfalls aufzuwärmen schien sich Sänger Oliver, welcher sich für den nächsten Track „Wrong“ seiner Jacke entledigte und so dem Zuschauer die Chance gab, die Tattoos auf seinem Oberkörper zu zählen. Bassist Oscar hatte sich derweil auch eingespielt, wirbelte im Kreis herum und flitzte kreuz und quer über die Bühne. Im starken Kontrast hierzu fiel leider Gitarrist Viktor auf: Auch wenn dieser ein solides Spiel an den Tag legte, blieb er mir doch vor allem durch seine Performance im Gedächtnis – bzw. durch den Mangel an eben dieser. Das gesamte Set über bewegte er sich kaum von der Stelle und strahlte in etwa so viel Elan aus wie Bernd das Brot. Mit „The End“ und „Glamorous“ spielten die Schweden als nächstes zwei bisher unveröffentlichte Songs für uns, bevor ihre Spielzeit sich langsam aber sicher bereits dem Ende näherte. „Time to slow down a bit“, befand Oliver und machte es sich für die eher ruhige Nummer „Stick Around“ auf dem Bühnenrand sitzend gemütlich. Mit „Relapse“ war es danach dann auch schon Zeit für den letzten Song von ENVYYOU. Oliver machte mit seinem Bass noch einen kurzen Ausflug in den Graben, bevor sich die Jungs schließlich nach guten 40 Minuten von der Bühne verabschiedeten und der Umbau für FUTURE PALACE beginnen konnte.
Fotos: Mirco Wenzel
Fotos: Sandra Curtz
Diese ließen auch nicht allzu lange auf sich warten – da ein Großteil ihres Setups bereits auf der Bühne stand, ging der Umbau recht schnell vonstatten und so erklang gegen 21 Uhr das Intro vom Band. Im Halbdunkel schlich sich erst Johannes hinter sein Schlagzeug, dann erschien Gitarrist Manuel. Gemeinsam legten die beiden die ersten Takte zu „Defeating Gravity“ vor, zu welchen dann auch Maria auf der Bildfläche erschien. Passend zu der Discokugel, welche an der Decke des Grünspans hängt, funkelten auch Manuel und Maria geradezu im Scheinwerferlicht, ersterer durch seine Glitzer-Gitarre und letztere durch ihr Oberteil. Lediglich an Johannes schien das Dresscode-Memo für den Abend vorbeigegangen zu sein. Aber halb so wild, nach einer kurzen Ansprache von Maria an das Publikum ging es direkt weiter mit „Roses“ und „Twisted“. Der Saal hatte sich inzwischen zwar gut gefüllt, ließ aber immer noch ausreichend Raum für erste zaghafte Moshpit-Versuche. Maria reichte das allerdings noch nicht, sie wollte mehr sehen und forderte „dass dieser Raum noch heißer wird!“, passend zum nächsten Stück „Flames“. Auch „Locked“ und „A World In Tears“ (ganz konträr zum Titel) taten der guten Stimmung keinen Abbruch. Für ein bisschen zusätzliche Action hatte man aufblasbare Weltkugeln im Gepäck, welche während des Refrains von „A World In Tears“ in die Menge geworfen wurden. Um die Feierlaune am Laufen zu halten, folgte mit „Fever“ der wohl einzige wirkliche Party-Song aus dem FUTURE-PALACE-Repertoire. Aber wer weiß, vielleicht folgt auf Album Nummer 3 ja ein weiterer Party-Track? Denn wie auch Maria feststellte, waren sie im Rahmen der Tekkno-Tour ja bei niemand geringerem als ELECTRIC CALLBOY in der Lehre gewesen und konnten somit von den Besten lernen. „Dead Inside“ bescherte der Security im Graben den ersten Crowdsurfer, bevor mit „Lately“, „Break Free“ und „Maybe“ schließlich ein etwas ruhigerer Block an Songs folgte. Zu „Maybe“ zogen sich Johannes und Manuel sogar komplett zurück und überließen den alleinigen Platz im Spotlight Maria, welche nur mit einem Klavier und ihrem Mikro bewaffnet diesen für sie ganz besonderen Titel performte. „Maybe“ sei nicht nur der erste Song gewesen, den FUTURE PALACE geschrieben haben, sondern auch eine Erinnerung an Zeiten, in denen sie mit ihren Depressionen zu kämpfen hatte und niemals gedacht hätte, mit ihrer Musik jemals so weit zu kommen. Ein durch und durch emotionaler Moment, welcher aus der Menge mit einem Lichtermeer quittiert wurde. Für „Wounds“ stand dann wieder das gesamte Trio auf der Bühne und zog das Tempo behutsam wieder an. Langsam näherten wir uns dem Ende der Setlist und hier warteten noch einmal einige Kracher auf uns: Zu „Heads Up“ formte sich ein Circle Pit und auch zur neuen Single „Malphas“ ging es nicht softer zu. Als krönender Höhepunkt folgte das von vielen bereits sehnsüchtig erwartete „Paradise“ – Maria kletterte von der Bühne und begab sich mit der ersten Reihe auf Tuchfühlung, von wo aus sie eine Wall of Death initiierte. Mit „Sleep Tight“ wünschten FUTURE PALACE uns dann eine gute Nacht und beendeten nach gut gefüllten 80 Minuten ihren Auftritt. Enttäuscht dürfte an diesem Abend wohl keiner nach Hause gegangen sein, denn die Gruppe schlug sich mehr als wacker auf diesem Stopp ihrer ersten Headliner-Tour. Eine durchgängig gute Performance und solider Sound trafen auf ein gut gelauntes Publikum – so machen Konzerte doch immer wieder Spaß.