ALESTORM & GLORYHAMMER 23.01.23 in der Markthalle Hamburg – einmal mit Piraten rudern

Langsam aber sicher nimmt die Konzert-Saison nach der Weihnachtspause wieder Fahrt auf und es stehen viele Touren entweder in den Startlöchern oder sind bereits in vollem Gange. So sind auch ALESTORM, GLORYHAMMER und Co. seit knapp zweieinhalb Wochen wieder auf Tournee quer durch Europa anzutreffen. Am 23.01. machte der Tross Halt in Hamburg, um in der Markthalle aufzuspielen. Dafür, dass die Show bereits lange im Voraus ausverkauft war, war die Schlange noch erstaunlich kurz, als ich eine halbe Stunde vor Einlass an der Location antraf. Mit leichter Verspätung öffneten sich um kurz nach 18 Uhr die Türen für uns und langsam aber stetig tröpfelte das Publikum in die Markthalle.

Der Auftakt des Abends ließ nicht lange auf sich warten und so betraten RUMAHOY in weiße Shirts gekleidet und mit schwarzen Skimasken über den Gesichtern bereits um 18:20 Uhr die Bühne, während der Einlass draußen in vollem Gange und die Halle noch entsprechend leer war. Die Band betitelt sich selbst als “The World’s Best True Scottish Pirate Metal Band”, ein humoristischer Verweis auf den Headliner ALESTORM, welche sich selbst einst den Titel der “World’s Second Best True Scottish Pirate Metal Band” verpassten. Ob RUMAHOY diesem hoch gegriffenen Titel auch gerecht werden können? Die vierköpfige Meute, angeführt von Sänger Captain Yarrface, startete mit „Cowboys Of The Sea“ und „Harambe, The Pirate Gorilla“ in den Abend. Beides Songs, die musikalisch stark an den Sound von ALESTORM erinnern. Auch beim nächsten Track „Treasure Gun“ war diese musikalische Nähe deutlich bemerkbar. Erstmalig frischen Wind gab es dann bei „Not Looking for Love“ auf die Ohren. Die Nummer setzt stark auf Eurodance-Elemente und animierte damit den ein oder anderen im Saal zum Mitsingen und -tanzen. Dass eine Party genau das ist, worauf Capatin Yarrface und seine Crew es abgesehen haben, machten auch die nächsten beiden Songs unmissverständlich klar, welche „Time To Party“ und „Forest Party“ betitelt sind. Mit dem auf Denglisch vorgetragenen „Pirateship“ fand das Set von RUMAHOY dann nach knappen 30 Minuten ein Ende. Inzwischen war die Markthalle schätzungsweise halb gefüllt und das Publikum bereits in recht ausgelassener Stimmung. Mich persönlich konnte zwar insbesondere der durch die Skimaske genuschelte Gesang von Captain Yarrface nicht so ganz überzeugen, dennoch kann ich nicht bestreiten, dass die Gruppe es während ihrer Spielzeit erfolgreich schaffte, die Menge für den Rest des Abends aufzuwärmen.

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Fotos: Nola

Nach gerade einmal 15 Minuten verdunkelte sich der Saal erneut, während die Italiener von WIND ROSE ihre Plätze auf der Bühne einnahmen und auch prompt mit „Army Of Stone“ loslegten. Thematisch verabschiedeten wir uns daher also vorerst von der Freibeuterei und wandten uns stattdessen dem Reich der Zwerge zu. Auch die Outfits der Band fügten sich gut in dieses Narrativ ein, insbesondere Sänger und Frontmann Francesco Cavalieri gibt mit seiner Gewandung inklusive eindrucksvollen Schulterplatten das Bild eines waschechten (wenn auch für diese Gattung etwas groß geratenen) Zwerges ab. „What’s better than a dwarf?“ fragte Cavalieri nach dem einleitenden Song in die inzwischen gut gefüllte Markthalle. „There’s only one correct answer and that’s A DRUNKEN DWARF!” folgte sogleich die Antwort und Überleitung zum nächsten Song „Drunken Dwarves“. Mit „Fellows Of the Hammer“ sowie „Mine Mine Mine!“ und „Together We Rise“ navigierten wir uns singender- und klatschenderweise weiter durch die Diskographie der Hobby-Zwerge, bevor wir schließlich auch hier zum Grande Finale gelangten. Dies war natürlich der Cover-Hit „Diggy Diggy Hole“, welcher der Band vor allem auf YouTube mit beinahe 40 Millionen Aufrufen einiges an Reichweite einbrachte und ohne jeden Zweifel ihren berühmtesten und beliebtesten Song darstellt. Wenig verwunderte es daher, dass die gesamte Markthalle förmlich bebte als die ersten Takte erklangen. Publikum und Cavalieri lieferten sich ein regelrechtes Gesangs-Duell, bevor das Lied in eine Disco-Version gipfelte, welche die Anwesenden zur völligen Party-Eskalation animierte. So kam nach knappen 40 Minuten ein kurzes doch eindrucksvolles Set zum Ende und WIND ROSE räumten die Bühne, um Platz für den nächsten Act zu schaffen.

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Fotos: Nola

Dies war natürlich GLORYHAMMER, welche sich (zumindest im deutschsprachigen Raum) den Headliner-Posten mit ALESTORM teilen. Während die intergalaktischen Krieger hinter der Bühne vermutlich die Einhörner sattelten, um sich zum Bestürmen der Bühne bereit zu machen, gab es für uns erst einmal den Tom Jones Klassiker „Delilah“ vom Band zu hören, inklusive zentral auf der Bühne platziertem lebensgroßem Pappaufsteller. Vor der Bühne wiederum wurde freudig hin und her geschunkelt. Mit der Schunkelei war es dann aber auch schnell wieder vorbei, begannen GLORYHAMMER ihr Set doch gleich mit zwei Brechern: „The Siege Of Dunkeld (In Hoots We Trust)“ und dem selbstbetitelten „Gloryhammer“. Während letzterem Song erstürmte ein grüner Goblin die Bühne, nur um direkt im Anschluss dem von Sänger Sozos Michael geschwungenen Gloryhammer klein beigeben zu müssen. Szenen wie diese sollten im Laufe des Sets keine Einzelheit bleiben und boten dem noch recht neuen Frontmann eine Gelegenheit, nicht nur sein gesangliches, sondern auch sein dramaturgisches Geschick unter Beweis zu stellen. 2021 trat dieser als neuer Angus McFife in die (nicht ganz kleinen) Fußstapfen von Thomas Winkler. Insgesamt fügte sich der aus Zypern stammende Neuzugang live gut in die Band ein und lieferte eine durchaus überzeugende Performance ab, auch bei den nächsten beiden Songs „The Land Of Unicorns“ und „Fly Away“. Zeit blieb uns für eine kurze Verschnaufpause während Bassist James Cartwright (alias The Hootsman) sich genüsslich ein Bier einverleibte und über seine angespannte Beziehung zu unserer Hansestadt sinnierte. Grob zusammengefasst: „Whenever I’m in Hamburg, something bad happens.“ (eine Referenz auf den letzten Gig in Hamburg 2020, welchen er damals in einem Rollstuhl sitzend absolvierte). Es folgte die Androhung, nie wieder hier auftreten zu wollen – naja…zumindest bis zum Release des neuen Albums im Sommer. Da haben wir ja nochmal Glück gehabt. Nach den beiden Songs „The Hollywood Hootsman“ und „The Legend Of The Astral Hammer“ gab es dann mit „Keeper Of The Celestial Flame Of Abernethy“ auch gleich ein brandneues Stück von eben jenem angeteaserten Album zu hören. Der Song preschte hierbei mit eingängiger Melodie, choraler Untermalung und zügigem Tempo gut voran und wurde vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommen. Auch beim nächsten Stück „Masters Of The Galaxy“ klang der Enthusiasmus im Publikum nicht ab, sondern nahm eher noch zu. Mit dem ersten Crowdsurfer des Abends wurde endgültig der Damm gebrochen und das Ende der entspannten Phase für die Security im Graben eingeläutet. Auch das bereits das ganze Set über sehr laute „Gehoote“ im Innenraum verwandelte sich nun zum Amüsement der Band in etwas, das eher nach einem Rudel heulender Wölfe klang. Ob wir auch singen können? Na klar doch! So bewies das Hamburger Publikum beim nachfolgenden Song „Angus McFife“, dass es über sehr gut geölte Stimmbänder verfügt. Der Raum brodelte inzwischen beinahe, was auch der Band nicht entging. „You are on fire today! You wanna know what else is on fire? The entire universe!” folgte auch prompt die Überleitung zu den letzten beiden Songs des Abends, „Universe on Fire“ und „The Unicorn Invasion Of Dundee“. Mit einem letzten Dank ans Publikum und dem obligatorischen Foto verließ die Truppe nach einem knapp 70-minütigen Set die Bühne, während im Hintergrund bereits fleißig umgebaut und ein noch reichlich zermatschtes Quietscheentchen platziert wurde.

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Fotos: Nola

Gegen 21:40 war der Umbau abgeschlossen: Das für ALESTORM so typische und inzwischen vollständig aufgeblasene Quietscheentchen in Übergroße dominierte das ansonsten eher schlichte Bühnenbild und die Lichter verdunkelten sich, während es vom Band ein Medley mit Queen-Hits zu hören gab. Das Publikum, welches sich inzwischen wieder erholt und gegebenenfalls mit einem Getränk von der Bar gestärkt hatte, sang hierbei aus voller Kehle mit (alles andere wäre ja auch unerhört gewesen). Nachdem die letzten Takte von „Bohemian Rhapsody“ dann schließlich verklangen, startete das eigentliche Intro und die schottischen Freibeuter von ALESTORM erstürmten die Bühne. Statt auf Piratenuniform wurde in Sachen Outfit mal wieder auf eine Mischung aus Sportklamotten und Basecaps gesetzt, während Frontmann Christopher Bowes sich natürlich seinen Kilt nicht nehmen ließ. Der Start ins Set erfolgte mit dem Klassiker „Keelhauled“ und dem noch recht taufrischen Song „Pirate Metal Drinking Crew“. Kompromisse in Puncto Energielevel schien weder auf noch vor der Bühne jemand machen zu wollen und so kochte der Saal bereits nach wenigen Minuten wieder. „We are Alestorm and we are here to play a lot of silly songs about pirates!” stellte Bowes klar (als ob irgendjemand im Saal auch etwas anderes erwartet oder gar gewünscht hätte) und leitete so über zu „Under Blackened Banners“, gefolgt von den Tracks „The Sunk’n Norwegian“ und „Alestorm“. Gitarrist Máté Bodor sprühte geradezu vor Energie während er über die Bühne flitzte und regelmäßig mit Bassist Gareth Murdock die Seiten tauschte. Das Podest mit Capt’n Ente teilten sich Elliot Vernon, welcher sowohl das Keyboard spielte als auch gelegentlich Growls zu den Songs beitrug (und sich inzwischen seines Shirts entledigt hatte) und Schlagzeuger Peter Alcorn. Um eine der Lieblingsbeschäftigungen von Piraten zu demonstrieren, wurde als Gast Phill alias Mr. Beef Guy (der deeefinitiv gar nicht mit Captain Yarrface von Rumahoy in Verbindung steht) auf die Bühne geholt, um zu demonstrieren, wie schnell er eine Flasche Wein auf ex trinken kann. Spoiler: Nicht ganz so schnell (aber immer noch wesentlich schneller als ich). Daher musste er sich von Bowes einige Spötteleien anhören, bevor er dann doch für ein gemeinsames Cover des Taio Cruz Songs „Hangover“ auf der Bühne bleiben durfte. Nach dem Ende dieser Duett-Einlage ging es mit „Magellan’s Expedition“ weiter auf eine kleine Expedition, bevor wir schließlich auf einen Zwischenstopp in „Mexico“ anlegten, wo Máté Bodor und Christopher Bowes sich innig abschlabberten. Rudernd und lauthals singend statteten wir im Anschluss „Nancy The Tavern Wench“ einen kurzen Besuch ab, bevor es mit „P.A.R.T.Y“ dann noch einmal richtig zur Sache ging. Nachdem das bisherige Set im Großen und Ganzen zwar sehr spaßig, aber auch sehr vorhersehbar gewesen war, verirrte sich in Form von „Death Throes Of The Terrorsquid“ dann doch noch eine Überraschung auf die Setlist. Der Track, welchen es vor dieser Tour schon sehr lange nicht mehr live zu hören gegeben hatte, wurde begleitet von einer kleinen Show-Einlage, bei welcher ein Tintenfisch die Bühne betrat (kann man bei Tintenfischen überhaupt von „betreten“ sprechen?). Dieser brachte dort die Musiker in Bedrängnis, bevor er schließlich von Bowes mit einer Pistole wieder an seinen Platz abseits der Bühne vertrieben wurde. Nach „Shit Boat (No Fans)” verließen ALESTORM schließlich ebenfalls den Raum und beendeten (wenig überzeugend) ihre Spielzeit. Die lautstark geforderte Zugabe ließ dann tatsächlich auch nicht lange auf sich warten und kam in Form von „Drink“ und „Zombies Ate My Pirate Ship“. Von der angeblich so reserviert-kühlen Haltung der Norddeutschen war in der Halle so gar nichts zu merken und das Publikum legte sich noch ein letztes Mal richtig ins Zeug. Während „Zombies Ate My Pirate Ship“ gab es erneut eine kleine Gast-Einlage von einem in ein rosa Kleidchen gewandeten Phill, welcher über die Bühne tänzelte und in eine Haarbürste trällerte. Den krönenden Abschluss bildete dann der Song „Fucked With An Anchor“, bei welchem sich von überall aus die Mittelfinger in die Höhe reckten und ein letztes Mal inbrünstig mitgesungen wurde. Nach 75 Minuten kamen so auch ALESTORM zum Ende ihrer Show und entließen eine erschöpft aber zufrieden wirkende Menge aus der Markthalle zurück in die Hamburger Nacht.

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Fotos: Nola

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