AMORPHIS & ELUVEITIE – der Tourabschluss in Hamburg

Als ELUVEITIE und AMORPHIS im Frühjahr diesen Jahres eine Co-Headline-Tour durch Europa im November und Dezember ankündigten, dürfte so mancher Fan melodisch-aggressiver Klänge sich bereits euphorisch einen Eintrag im Kalender gemacht haben, um dieses Ereignis ja nicht zu verpassen. Spätestens mit der Bestätigung von DARK TRANQUILITY und NAILED TO OBSCURITY als Support Acts wurde dann ein Komplett-Paket geschnürt, welches sich durchaus hören und sehen lassen kann. So kommt es, dass auch wir diesem Line-Up nicht widerstehen konnten und für euch gleich zweimal mit dabei waren – am Freitag in Oberhausen sowie am Samstag zum großen Tour-Finale in der Hansestadt Hamburg.

Ursprünglich sollte das Konzert in Hamburg in der Zeltphilharmonie stattfinden, jedoch wurde die Show in die kulturträchtige Große Freiheit 36 verschoben. Pünktlich zum recht frühen Einlass um 16:30 Uhr hatte sich daher entlang der Großen Freiheit eine Schlange (selbstverständlich) schwarz gekleideter Metalheads eingefunden, die sich langsam ihren Weg ins Innere der Location bahnte.

Um 17:10 Uhr verdunkelte sich der Raum (sofern dies möglich war, denn dunkel war es vorher schon) und die aus Ostfriesland stammende Band NAILED TO OBSCURITY startete als Auftakt für den Abend. Nach einem kurzen instrumentalen Intro richteten sich die Spotlights auf Drummer Jan Hillrichs, welcher die ersten Takte von „Black Frost“ trommelte, während der Rest der Band die Bühne betrat. Gleich im Anschluss folgte ein direkter Übergang zu „Protean“. Die melancholisch-düster anmutenden Klänge der beiden Songs wurden visuell unterstützt von einer beinahe ebenso düster anmutenden, blauen Lichtshow. Nachdem die letzten Töne verklangen waren, richtete Sänger Raimund Ennenga zum ersten Mal das Wort an das Publikum, bevor es auch schon direkt weiter ging mit den beiden neuesten Single-Auskopplungen „Liquid Mourning“ und „Clouded Frame“ (letzterer Track war erst vor einigen Wochen veröffentlicht worden). Insbesondere „Clouded Frame“ lädt zum Headbangen ein, einer Einladung, welcher der ein oder andere nur zu gerne nachkam. Es folgte ein von reichlich Applaus begleiteter Verweis auf die anderen Bands des Abends, bevor mit „Desolate Ruins“ der letzte Song an diesem „letzten Abend einer affengeilen Tour“ angestimmt wurde, und das Publikum noch einmal fleißig mitklatschte. Nach einem knapp 30-minütigen Set verließen NAILED TO OBSCURITY die Bühne und machten Raum für den nächsten Act.

Nailed To Obscurity

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Bilder: Birger Treimer

Dieser war niemand Geringerer als die Göteburger Melodic-Death-Metal-Truppe DARK TRANQUILITY, welche energiegeladen mit den beiden Krachern „Identical To None“ und „Terminus (Where Death Is Most Alive)“ in ihr Set startete. Auch im Publikum war diese Energie deutlich greifbar, war die Menge beim vorigen Act noch recht verhalten gewesen, so konnte nun keine Rede mehr davon sein. Es reckten sich die Pommesgabeln in die Höhe und die Menge und Frontmann Mikael Stanne wechselten sich mit lauten „Hey Hey Hey“-Rufen ab. Ausgebremst wurden DARK TRANQULITY lediglich durch die beengten Verhältnisse der Location, viel Platz zum Umherlaufen und -springen blieb ihnen auf der kleinen Bühne nicht. Davon ließen sich die Schweden aber natürlich nicht beirren, und gaben mit „What Only You Know“, „Atoma“ und „Nothing To No One“ weiter Gas. Mit „Cathode Ray Sunshine“, ein Track welcher nach 20 Jahren auf dieser Tour sein Live-Debüt feiern durfte, und „Hours Passed In Exile“ folgten nun zwei ältere Songs. „It’s a good time to be in Hamburg, holy shit“, bedankte sich Stanne beim Publikum, welches nach wie vor in ausgelassener Stimmung und mehr als bereit für den nächsten Song war. Dass es sich bei den Göteburgern „lediglich“ um einen Support-Act handelte, war im Raum wenig überraschend nicht zu bemerken, und sowohl auf als auch vor der Bühne hatten alle sichtbar ihren Spaß. Nach „Phantom Days“ folgte unter erneuten „Hey“-Rufen aus dem Saal schließlich die Überleitung zum letzten Song des Sets, „Misery’s Crown“. Die Band und das Publikum gaben noch einmal alles, und neben fleißigem Headbangen und Moshen war auch der erste Crowdsurfer des Abends am Start. „It’s been fucking amazing“ , schlussfolgerte Stanne, bevor die Band schließlich unter Applaus und lauter Rufen nach einer Zugabe nach knappen 45 Minuten die Bühne räumte, damit der Umbau für den ersten Headliner des Abends beginnen konnte.

DarkTranquillity

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Bilder: Birger Treimer

Während auf der Bühne umgeräumt wurde um mehr Platz für die Finnen von AMORPHIS zu schaffen, wurde Platz im Innenraum der Großen Freiheit langsam zur Mangelware, da sich der Raum nun deutlich füllte. Pünktlich um 19:10 Uhr war es dann soweit und das Sextett rund um Sänger Tomi Joutsen machte uns seine Aufwartung. Wie bereits am Backdrop unschwer zu erkennen war, sollte auf dieser Tour vor allem das neue Album „Halo“ präsentiert werden, welches im Februar das Licht der Welt erblickt hatte. Wenig überraschend begannen die Herren ihr Set mit „Northwards“ und „On The Dark Waters“, daher mit zwei Songs von ebendiesem Album. Der hintere Teil der Bühne wurde dominiert von einem Podest, auf welchem Schlagzeuger Jan Rechberger den Takt vorgab und Keyboarder Santeri Kallio die für AMORPHIS typischen melodischen Klänge beisteuerte. Joutsen wechselte im vorderen Teil der Bühne mühelos wie eh und je zwischen Growls und Klargesang, während das vier- beziehungsweise sechssaitige Trio bestehend aus Esa Holopainen, Tomi Koivusaari und Olli-Pekka Laine um ihn herumwuselte, und das Klangbild vervollständigte. Beim nächsten Song „Death Of A King“ beschloss Joutsen, das Publikum für sich singen zu lassen, welches seine Muli-Tasking-Fähigkeit unter Beweis stellte und diese Gesangsübung klatschenderweise absolvierte. Im Anschluss nahm sich Joutsen kurz die Zeit, uns seine Kollegen an den Instrumenten vorzustellen (ob es jeder im Saal schaffte, sich diese finnischen Namen dann auch zu merken, sei mal dahingestellt) bevor mit Kunstnebel zu den beiden Klassikern „Silver Bride“ und „Into Hiding“ übergeleitet wurde. Währenddessen entledigte sich Joutsen seiner Oberbekleidung, da inzwischen nicht nur die Stimmung, sondern auch der Raum überaus gut aufgeheizt war. Mit „Wrong Direction“, „The Moon“ und „Seven Roads Come Together“ folgten drei neuere Tracks, welche das Publikum sehr gut aufnahm und mal wieder ausgelassen mitklatschte. „Fuck yeah man“, kommentierte Joutsen dies und dankte mit einem Verweis darauf, dass es sich am heutigen Abend um das Tour-Finale handelt, allen im Publikum für den Support. Was bei einem solchen Tour-Finale natürlich nicht fehlen durfte, ist das Urgestein „Black Winter Day“, direkt gefolgt vom ebenfalls gut gealterten „My Kantele“. Beim vorletzten Song „The Bee“ widmeten wir uns nochmals dem neueren Teil der AMORPHIS-Diskographie. Mit einem Dank an die Crew sowie die anderen Bands neigte sich das Set nun dem Ende zu und Joutsen forderte das Publikum für die Hymne „House Of Sleep“ ein letztes Mal zum Mitsingen im „End-of-Tour-Style“ auf. Dieser Aufforderung wurde selbstverständlich Folge geleistet und der ganze Raum sang noch einmal laut mit, bevor um 20:20 Uhr dann Schluss war und AMORPHIS sich verabschiedeten.

Amorphis Hamburg

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Bilder: Birger Treimer

Nach einer knapp halbstündigen Umbaupause hatte sich der Saal inzwischen ein klein wenig geleert und das Intro von ELUVEITIE ertönte aus den Boxen. Auch hier wurde wieder mit Podesten gearbeitet, was wenig verwundert, wenn man bedenkt, dass hier insgesamt neun Bandmitglieder zu platzieren und in Szene zu setzen waren. Geschlossen betrat die (überwiegend) aus der Schweiz stammende Band die Bühne und bezog mit in die Luft gereckten Fäusten Position. Nur wenige Augenblicke später wurde mit „Exile Of The Gods“ dann auch direkt losgelegt. Die noch recht taufrische Single wird gesanglich dominiert von Fabienne Erni, welche seit 2017 für das Harfenspiel sowie die weiblichen Gesangsparts verantwortlich ist. Unterstützt wird sie hierbei selbstverständlich von den für den ELUVEITIE-Sound ebenso prägenden Growls des Frontmannes Chrigel Glanzmann. Nach einer kurzen Begrüßung folgten „Nil“ und „Deathwalker“, zwei Songs härterer Spielart, welche das Publikum freudig zur Kenntnis nahm. „Deathwalker“ begann mit einem Drehleier-Solo des neuesten Band-Mitgliedes Annie Hurdy Gurdy, welche in die Fußstapfen der erst kürzlich ausgestiegenen Michalina Malisz tritt. Auf dem dank Publikums-Fluktuation neu gewonnenen Raum bildete sich derweil rechts vor der Bühne ein Moshpit, welcher auch während des nächsten Songs gut beschäftigt blieb. Angestimmt wurde nämlich eine in ein schwermetallisches Gewand gekleidete Version des ursprünglich als Akustik-Nummer konzipierten Tracks „Epona“. Auf diese Nummer folgend gab es einen neuen Song zu hören, welchen wir bisher noch nicht von einer Veröffentlichung kennen: „Anu“. Bei diesem Song handelt es sich um ein äußerst minimalistisch gehaltenes Stück, lediglich getragen von Fabienne Ernis Gesang und einigen atmosphärisch untermalenden Klängen im Hintergrund. Nach einer kurzen Verschnaufpause kehrte die Band dann aber auch schon zurück und stimmte „A Rose For Epona“ an. Direkt im Anschluss folgte ein Gitarren-Solo, zum Besten gegeben von Jonas Wolf, welcher alleine im Spotlight auf der Bühne stand. Auch diese ruhigere Pause währte nur kurz, denn schon ging es Schlag auf Schlag weiter mit dem ELUVEITIE-Klassiker „Thousandfold“ sowie dem Song „Ambiramus“, welcher mit seinem Intro und Refrain die Menge zu wildem Gehüpfe anregte. „Was ist besser als ein Solo?“ – „Noch ein zweites Solo!“ scheinen sich die Damen und Herren beim Zusammenstellen ihrer Setlist gedacht haben, denn nun war Alain Ackermann an der Reihe, sein Können am Schlagwerk im Alleingang unter Beweis zu stellen. Beim nächsten Track „King“ war es in vor allem das Geigenspiel, welches hervorstach. Diese wird gespielt von Carmen Busch, welche auf dieser Tour als temporärerer Ersatz für die sich in Baby-Pause befindende Nicole Ansperger einsprang. Mit „Breathe“ neigte sich das Set mit eher sanften Klängen dem Ende zu. Bevor ELUVEITIE die Bühne aber verließ, richtete sich Chrigel Glanzmann in einer Ansprache noch an „die wirklichen Helden dieser Tour“, nämlich an die Crew, welche diese Shows hinter den Kulissen überhaupt erst möglich machen. Solch ein Einsatz hat Applaus verdient und den bekam er auch lautstark. Mit „De Ruef Vo De Bärge“ (einer auf Schwizerdütsch vorgetragenen Version des Songs „The Call Of The Mountains“) wurde nun der letzte Song angestimmt. Naja, fast. Natürlich gab es noch eine Zugabe, denn was wäre ein ELUVEITIE-Set ohne „Inis Mona“. Bevor wir aber zu diesem jetzt aber wirklich finalen Song des finalen Abends dieser Tour kamen, werden noch „Aidus“ und „Ategnatos“ zum Besten gegeben und das Publikum gab noch ein letztes Mal alles, der Pit moshte, die Haare flogen und ein paar Crowdsurfer gab es auch. Somit bleibt zum Ende des Sets eigentlich nur ein Wunsch offen: dass ELUVEITIE den neu veröffentlichten Singles bald ein neues Album folgen lassen.

Somit endete nicht nur ein fantastischer Abend, sondern auch eine äußerst hochkarätig besetzte Tour, die Menschenmenge schob sich langsam wieder nach draußen auf die Reeperbahn und die Bands sowie ihre Crews bauten ein letztes Mal die Bühne ab, und konnten sich auf den Weg Richtung Heimat und in ihren wohlverdienten Weihnachtsurlaub machen.

Eluveitie

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Bilder: Birger Treimer
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