Beachparty mit Balkonblick – PYOGENESIS im Rockpalast Bochum

Bereits seit über 30 Jahren bereichern PYOGENESIS in ihrer Vielfalt und stetigen Weiterentwicklung die deutsche Metal-Szene.
Am 29.10.2022 waren sie, gemeinsam mit den schweizer Melodic Death Metallern von SOULLINE, im Zuge ihrer “A Silent Soul Screams Loud” Tour im Rockpalast in Bochum – und wir waren dabei.

Als SOULLINE pünktlich um 20:00 Uhr die Bühne betraten, war das kalte Bier bereits fest in den Händen der etwas über hundert Zuschauer, die sich an diesem Abend eingefunden hatten, um Metal in all seiner Bandbreite zu zelebrieren. Gegründet 2001 in der Schweiz, hat es das Fünfergespann bereits 2008 auf die Bühnen von WACKEN geschafft und tourt schon seit Anfang des Jahres als Support mit PYOGENESIS durch ganz Europa und darüber hinaus.
“We are so happy to be here together with PYOGENESIS”, kündigte Sänger Ghebro gleich zum Einstieg an. Was darauf folgte, waren zunächst Einblicke in das im März erschienene Album “Screaming Eyes”. Gleich die ersten vier Songs waren allesamt vom neuen Album: “The Curse”, “Your Death Is My Life”, “Salvation Inside” und “Dragonfly” sollten dem zugeneigten Gast einen Einblick in das Werk geben. Brachiale Gitarren und rustikaler Growl-Gesang bilden hier die Klangbasis. Es brauchte nicht erst diese Songs, um den Rockpalast in eine kleine Headbanging-Contest-Veranstaltung umzuwandeln – vor allem die ersten Reihen vor der Bühne läuteten bereits sehr früh die Partystimmung ein.
Die folgenden Songs sorgten dann bereits für das eine oder andere verschüttete Bier – und mehr als gute Laune. Mit “The Fall” wurde dann der erste ältere Song der Band gespielt.
“The next song is not a cover, it is our own version of a song from a band we really love and respect as artists: PARADISE LOST. The song is called ‘Say Just Words’ and we hope you like it.” Diese Ansage wurde im Anschluss Programm: Die SOULLINE-Version von “Say Just Words” konnte sich durchaus hören lassen und hatte nicht wirklich viel mit dem doch eher melodischen Original gemein – in feinster Death Metal Manier wurden die Lyrics durchgängig gegrowlt.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war dann auch der letzte Zuschauer auf den Besucherbalkonen bereits mit der Mähne wippend überzeugt.
Der Fokus lag neben dem neuen Album vor allem auf den Platten “The Deep” und “Welcome My Sun”: Waren doch die danach folgenden Stücke “Broken By Madness”, “Anvils” und “Leviathan” alle von diesen Werken. Zu den Aufnahmen des Albums “Welcome My Sun” hatte die Band bereits 2015 einen Sängerwechsel durchzogen – was vielleicht auch erklärt, warum aus den älteren Alben an diesem Abend keinerlei Songs gespielt wurden.

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Fotos: Ulli

Gegen 21:15 Uhr war dann nach einem kurzen Bühnenumbau Stage-Time für den Headliner des Abends. Mit “Every Man For Himself And God Against All” wurde die Show zunächst eher melodisch eröffnet. Zu Beginn stachen dem aufmerksamen Besucher zudem gleich zwei Dinge ins Auge: Bereits seit März 2022 wurde Gitarrist Thilo Schmidt durch den nicht nur am Instrument talentierten, sondern auch stimmgewaltigen Italiener Federico Von Marengo ersetzt und speziell an diesem Abend saß nicht Jan Rathje wie gewohnt an den Drums, sondern Chris Schütte, “der spontan in den letzten zwei bis drei Tagen ungefähr 17 bis 20 Songs von uns spielen gelernt hat, weil wir nie genau wissen, wieviel wir am Abend spielen”, so die Erklärung von Sänger Flo V. Schwarz. Das Quartett hatte sichtbar vom ersten Ton an gute Laune und diese schwappte sehr schnell auf das lautstarke Publikum über.
Auf die bei PYOGENESIS doch sehr oft verwendeten Funken-Effektgeräte wurde an diesem Abend aufgrund der Größe der Halle und der doch recht feueranfälligen Umgebung verzichtet; “Steam Paves It’s Way” und “Through The Flames” ließen dennoch musikalisch die Funken sprühen. Zu “Flesh And Hair” musste das Publikum dann nicht zwei Mal gebeten werden, das im Chorus stets wiederkehrende “Oooooh ooooh” mitzusingen – PYOGENESIS haben bereits seit drei Jahrzenten eine Fanbase, die jedes Konzert abfeiert, als wäre es das Letzte.
Mit “Blue Smiley’s Plan” folgte dann auch ein alter Klassiker, bei dem Flo immer wieder von Riser zu Riser hüpfte, um die Partystimmung weiter anzuheizen. Die ersten Reihen nahmen die Bitte zur guten Laune etwas zu ernst, und so musste das eben erwähnte Equipment mehr als einmal an diesem Abend wieder ein Stück zurückgeschoben werden, nachdem das Publikum in Feierlaune dieses weiter nach vorne gedrückt hatte.
Vor “Blaze, My Northern Flame” gab es dann ein kleines Intermezzo, bei dem Fede Von Marengo gebeten wurde, ein paar Worte auf Italienisch zu sagen. Nur allzu gern wurde die Ansage dann von Flo durch das vorhandene (und nicht wirklich aussagekräftige) Italienisch-Vokabular ergänzt, was die ersten Lacher des Abends einbrachte. Man merkte bereits jetzt deutlich: Die Herren fühlten sich auf der Bühne zurecht wohl in ihrer Haut und die Zuschauer teilten die ausgelassene Grundstimmung. Immer wieder sangen Von Marengo und Von Schwarz während der Performance auch in das gleiche Mikrofon oder kreuzten die Gitarren.
Mit “Fade Away” wurden wieder Oldie but Goldie Töne angeschlagen, die bis in die frühe Bandgeschichte 1995 zurück reichten. Der seinerzeit eher ungeschliffene Song wirkte heute in der Liveversion absolut überzeugend und zeigte die musikalische Bandbreite, die PYOGENESIS immer wieder mit ihrer Musik im Laufe ihrer eigenen Entwicklung abgedeckt haben. Mit “This Won’t Last Forever” brachten uns die Musiker dann zeitlich zurück zu “A Century In The Curse Of Time” aus dem Jahre 2015, nur um dann mit “Love Nation Sugarhead” wieder zurück in das “Unpop” Album und 1997 zu springen.
Genauso bunt gemischt wie die einzelnen musikalischen Einflüsse und die Bandmitglieder auf der Bühne, war an diesem Abend auch das Publikum. Eingefleischte Fans hatten sich genauso wie jüngere Leute eingefunden, um gemeinsam die Band zu feiern, unabhängig davon, wie lange man diese schon kannte.
“Will I Ever Feel The Same” war die Frage, die sich nicht nur Frontmann Flo als nächstes stellte, sondern wohl auch der eine oder andere Besucher der Veranstaltung. Wer zu diesem Zeitpunkt nicht bereits schweißgebadet an seinem Platz stand, hatte wohl den Abend bis hierher auf einer anderen Veranstaltung verbracht. Die Stimmung und die Temperatur erinnerten bereits an einen Tropenurlaub – hinzu kamen zur Untermalung des Gesamteindrucks dann auch noch einige bunte Wasserbälle, die das Publikum zum Herumwerfen sowie weiteren Tanzeinlagen animierten. Zeitweise wurde sogar versucht auf die Bühne zu klettern, um die beliebten bunten Objekte zurückzuerlangen. Malte, Flo und Fede gelang es jedoch auch immer wieder, zielsicher mit dem rechten Fuß die Bälle grazil zurück in die tobende Menge zu lenken.
Zu “Twinaleblood” sang die gesamte Halle samt Balkon textsicher mit. Die Betriebstemperatur aller Anwesenden war eindeutig erreicht!
Es folgte eine etwas längere, wenn auch ungeplante Pause aufgrund eines technischen Defekts. Gitarrist Von Marengo hatte aus Versehen einen Loop an seinem Pult eingestellt, der anstelle von dem folgenden Song “Modern Prometheus” immer wieder Teile eines anderen Songs spielte. “Bis wir hier wieder alles im Griff haben, überbrücke ich das Ganze einfach kurz. Seid ihr gut drauf, Bochum?!” Flo musste hier nicht lange auf lautstarkes Feedback warten und auch die Panne ließ sich binnen fünf Minuten beheben.
Nach “Undead” verschwand das Quartett zunächst in Gänze hinter den Kulissen, um sich mit den “Zugabe”-Rufen ausgiebig feiern zu lassen, bevor dann auch der ersehnte Abschluss folgte:
“It’s On Me” und “I Have Seen My Soul” rundeten das musikalische Allerlei schließlich ab. Doch die “Don’t You Say Maybe” Rufe des feierwütigen Publikums teaserten hier bereits den wirklichen Abschluss des Abends – und so ließen sich die vier Musiker nicht zwei Mal bitten, um den Fan-Liebling dann auch zu spielen. Der Chorus hallte an diesem Abend viele, viele Male durch das Publikum, bis PYOGENESIS schließlich sich verbeugend und mit einem vollkommen zurecht zufriedenen Lächeln die Bühne gegen 23 Uhr verließen.
Gebührend die Hütte abreißen können die Jungs – heute wie damals.

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Fotos: Ulli

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