WACKEN IS BACK! Faster, Harder, Louder – Tag 4 (Samstag)

Kaum zu glauben, dass heute schon wieder Schluss mit lustig sein sollte. Man hatte sich gerade eingelebt und an die Abläufe gewöhnt und das Wetter war jetzt auch ideal. Aber so ist das nun einmal. Die Flucht in die Festival-Parallelwelt hat ein Ablaufdatum. Nach dem Trotz, das Festivalende nicht hinnehmen zu wollen und vagen Plänen, sich an die Aufbauten zu ketten, folgt dann der Plan, am letzten Tag noch einmal alles zu geben. Zunächst stand mit VENDED ein interessantes Konzert an. Der Bandname sagte mir zwar nichts, aber es hieß, dies sei die Band von Kindern von SLIPKNOT. Wobei man da vorsichtig sein muss, denn Sänger Griffin Taylor und Drummer Simon Grahan wollen an ihren eigenen musikalischen Leistungen gemessen werden, ohne ständig mit ihren Vätern assoziiert zu werden. Dies ist vollkommen legitim. VENDED ist schließlich eigenständig. Es gab Starthilfe seitens der Väter, das steht außer Frage, z.B. indem VENDED als Support mit auf Tour gehen konnte. Aber eben nicht beim Songwriting oder im Prozess der Entstehung der Musik. Die Jungs haben das alles selbst gelernt. In der Metal-Szene wirst du ohne eigene Leistung ohnehin nicht weit kommen, so what? Mit Kriegsbemalung und freiem Oberkörper (Griffin) bzw. Maske (Jeremiah Pugh, Bass) ließen VENDED ihren apokalyptisch-harten Sound auf die Menge los und spielten die EP “What Is It//Kill It” in voller Länge sowie u.a. auch die aktuelle Single “Ded To Me”. Ein vielversprechender Auftritt für die junge Band aus Iowa.

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Fotos: Kevin R. Emmers

Brutale, dunkle Energie gab es bei VENDED genug, doch die Seele wollte auch heilen. Dafür hatte sich ORDEN OGAN angekündigt. Eine Band, die ich bisher nicht wirklich “zu fassen gekriegt” hatte. Sind das Wikinger? Machen die Power Metal? Warum Orden? Tragen sie Kutten? All diese Fragen hatte ich im Kopf, als ich früh am Morgen, gegen 14 Uhr zur Harder Stage wankte. Den Bassisten Steven kannte ich ja noch von XANDRIA, wenn er sich dieser Truppe hernach angeschlossen hatte, war das eigentlich schon ein Gütesiegel. Und jüngst hatte ORDEN OGAN doch tatsächlich ihre eigene Schifffahrt mit Live-Konzerten veranstaltet. Klang alles vielversprechend. Das Banner mit der typischen doppelten Schrift hing bereits und neben mir fanden sich aus meiner Bubble ein schlecht gelaunter Black Metaller und dessen Freundin ein, keiner von uns hatte ORDEN OGAN-Vorerfahrung. Na das konnte heiter werden. 2021 erschien ihr aktuelles Album “Final Days” und wie alle in dieser Zeit veröffentlichten Scheiben , teilte auch diese das Schicksal, wenig live umgesetzt worden zu sein. Aber Wacken ist der beste Kaltstart, den man sich wünschen kann. Doch zunächst begann das Konzert fulminant mit dem Song “F.E.V.E.R”. Sänger Seeb Levermann attestierte Wacken auch direkt mal als “nach Hause kommen” und bezeichnete den Gig trotz zahlreichen Erscheinens als “Wohnzimmerkonzert”. Die Schulterelemente seiner Rüstung erinnerten mich an die Silhouette des berühmten Opernhauses von Sydney. Sogleich entspann sich in meinem wirren Schädel eine krude Theorie darüber, dass Levermann das als Lebensziel auserkoren hatte: Nach Sydney zu gehen und dort an der Oper zu singen. Nun, dort läuft Ende August der “Sommernachtstraum”. Die Rolle des Zettel könnte… aber ich schweife ab. An gesanglicher Qualifikation würde es gewiss nicht scheitern, denn der Fronter hat stimmlich einiges auf dem Kasten, wie er auch beim Folgesong “In The Dawn Of The AI” wieder bewies. Darüber stolpert man erstmal. AI? Künstliche Intelligenz? Als Thema einer archaischen Power Metal-Truppe? Da lohnt sich ein Blick in die Lyrics:

“They knew about the risk before they started to compile
Their source-code became self-aware, a rogue intelligence
They tried to pull the plug ’cause they could not delete the file
So arrogant and unprepared, it conquered their defense”

Holy Shit, die haben das wirklich gemacht! Ragnarök einmal anders, statt Odin und Thor Alexa und Siri. Power Metal muss nicht von Drachen handeln? Mindblowing! Die Drachen unserer Zeit sind andere, aber nicht weniger gefährlich. Nach einigen älteren Stücken gab es dann mit “Inferno” wieder ein neues Stück. Sänger Seeb und Bassist Steven veranstalteten gleich ein Voice-Battle mit dem Publikum. “Wir haben für euch gesungen, jetzt singt ihr für uns”, forderte Steven Mitarbeit ein. “Wenn ich singe ‘Burn It Down’, singt ihr: ‘BURN!’. Die ersten drei Versuche gelangen leidlich, aber Seeb war nicht überzeugt. “Vielleicht machen die das lauter, wenn ich das vormache”. Letztendlich war es gleichlaut. Jetzt wurde es kompliziert. “Ihr singt nur ‘BURN’, wenn Steven das singt, okay?”. Nach ein paar fehlgeschlagenen Versuchen musste die Band erkennen, dass der Test intellektuell zu herausfordernd für die frühe Uhrzeit war. Also übernahm die Band wieder das Zepter und spielte den Song. Die Mundwinkel des Black Metalers neben mir zuckten und auch die Hand bei “Burn it down” seitens Steven. Na sowas. Sollte er sich plötzlich für Power Metal erwärmen? Nächster Song: “Heart Of The Android”. Keine Sorge, liebe Apple-Jünger, hier geht es nicht um das konkurrierende Betriebssystem, sondern tatsächlich um Androiden (Lt. Commander Data, ihr erinnert euch?). Das aktuelle Album beschäftigt sich wirklich viel mit modernen Themen. Nach dem älteren Song “The Things We Believe In” war die Ordensburg wieder verwaist. Mein Begleiter nickte mir zu “Das war ziemlich gut – für Power Metal”. Wow, ihr habt es geschafft, ORDEN OGAN.

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Fotos: Kristina Meintrup

Huch, eine Lesung! Auf Wacken! Kann man das essen? Kann man und es schmeckt vorzüglich, Freunde. Die “Meister der Phantastik” hatten sich angekündigt. Was auf dem M’era Luna und dem Wave Gotik Treffen schon seit Jahren gut funktioniert, sollte jetzt auch in Wacken probiert werden. Die kleine “Welcome To The Jungle”-Stage war perfekt dafür. Weit genug weg von den anderen Stages, um Soundbeeinträchtigung zu vermeiden, wollten die “Meister der Phantastik” die These auf die Probe stellen, dass Metal- und Fantasy-Anhänger eine große Schnittmenge haben. Bernhard Hennen las aus seinem aktuellen “Schattenelfen-“Roman. Die “Elfen”-Reihe zählt zu den bekanntesten deutschen Fantasy-Werken überhaupt und verfügt mittlerweile über 15 Bände. Die “Schattenelfen”-Trilogie soll dabei eine wichtige Lücke schließen und die sogenannnten Schattenkriege zwischen der Elfenkönigin Emerelle und der abtrünnigen Insel Langollion samt deren liberaler Herrscherin Alathaia zum Thema haben. Der erste Band namens “Die Blutkönigin” ist bereits erschienen und hieraus las Hennen nun einen Auszug. Kurioserweise einen über Zwerge. Das ist insofern komisch, als dass neben ihm auf der Bühne der “Meister der Zwerge” Markus Heitz saß. Dessen “Zwerge”-Reihe umfasst mittlerweile auch sieben Bände und das Hennen nun scheinbar in seinem Revier “wilderte” sorgte für viel Belustigung auf und vor der Bühne. Heitz selbst stellte Auszüge aus “Das Herz der Zwerge” vor, das sehr bald erscheinen soll. Kai Meyer unterdes hatte sich nicht so sehr der sog. “High Fantasy” verschrieben, seine gedanklichen Wege sind eher verschlungener. Er las aus “Die Bücher, der Junge und die Nacht”, welches im kriegszerstörten Deutschland spielt. Wie auch schon auf der Lesetour quer durch die Republik wurde das Trio Infernale von Moderatorin Julias Kulewatz begleitet und bisweilen in Schach gehalten. Die humorvollen Wortgefechte zwischen ihr und den drei Herren haben diese Veranstaltung zu einem willkommenen Break-out gemacht. Lest mehr Bücher, Leute. Es lohnt sich.

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Fotos: Kristina Meintrup

Die Horrorpunk-Band THE OTHER spielte ein Stück entfernt auf der Wasteland-Stage. Kurz vor dem Festival hatten sie noch coronabedingte Ausfälle zu beklagen gehabt und mussten ein Konzert in Leipzig absagen, der Gig in Wacken konnte aber glücklicherweise möglich gemacht werden. In dem post-apokalyptischen Ambiente des Wasteland Village passten THE OTHER natürlich wie die Faust aufs Auge. Auch tagsüber waren immer wieder Zombies durch das Dorf und über den Festivalbereich geschlurft, Wacken hatte im ganzen Land Darsteller zusammengesucht, die nun ahnungslose Passanten anfielen und für viel gruseligen Spaß gesorgt hatten. Die Gestalten AUF der Bühne benahmen sich etwas besser und überzeugten vor allem durch ihre Musik. Die Warnung in Form von „Beware Of Ghouls“ kam da ein bisschen spät. Da Teile der Band vormals als MISFITS-Coverband den Namen „Ghouls“ getragen hatten, wurde hier praktisch vor sich selbst gewarnt. Ein Schema, das auch die Monstermänner von Lordi am späten Abend anwenden würden. Ist das die Horrorkretaur von heute? Schrecklich und furchteinflößend aber auch zuvorkommend und selbstkritisch?
Den Songtitel „Turn It Louder“ hätte auf Wacken wohl jeder unterschrieben. Der Song stammt aus dem letzten Album „Haunted“, das 2020 erschienen war. Später im Set folgte mit „Vampire Girl“ noch ein weiteres dieser „neuen“ Stücke. Aber auch die Klassiker kamen vor der verschworenen Gemeinschaft an der Wasteland-Stage gut an. Es blieben immer wieder Passanten stehen, die eigentlich ein ganz anderes Ziel gehabt hatten und manche blieben auch. Darum, Leute: Macht mehr Experimente und steht nicht nur vor den Hauptbühnen. Manchmal kann man durch bloßen Zufall eine neue Lieblingsband entdecken.

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Fotos: Kristina Meintrup

Zurück an der Main Stage wollten wir uns endlich mal wieder von einer Frau gepflegt anbrüllen lassen. Dafür gibt es selbstredend keine bessere als Alissa White-Gluz, die mit ARCH ENEMY zu Gast war und ihr bald erscheinendes Album “Deceivers” vorstellte. Der Vorgänger von 2017 “Will To Power” war äußerßt erfolgreich gewesen, hatte sich bis auf Platz 3 der Charts vorgekämpft. Alle waren nun gespannt auf den Nachfolger. ARCH ENEMY ließen sich auch nicht lange bitten und spielten gleich an zweiter Stelle den neuen Song “Deceiver, Deceiver” für uns. Man kann immer wieder nur bewundern, welche urwüchsige Kraft in dieser Frau und ihren Bandkollegen steckt. Ein ARCH ENEMY-Konzert rüttelt nicht nur die Haare durcheinander, sondern erschüttert einen in den Grundfesten. Selbst wer zu dieser späten Stunde bereits kampfunfähig war und sich ins Zelt zurückgezogen hatte, konnte sich dem brachialen Sound der Band nicht entziehen und zumindest mit den Füßen zu Hits wie “War Eternal” oder “Nemesis” mitzucken. Die Menge vor der Faster-Stage hingegen veranstaltete den Schweden einen würdigen Empfang. Es wurde praktisch durchgemosht und die Vorhersage “Wolkig mit Aussicht auf Crowdsurfer” traf vollumfänglich ein. Manch ein Security wird sich insgeheim gefragt haben, ob sich ein ruhigerer Job wie Bombenentschärfer oder Presslufthammertester nicht besser für den nächsten Lebensabschnitt eignet. ARCH ENEMY feuerte derweil alles auf die Leute ab, was 24 Jahre Bandgeschichte hergaben. Vom neuen Album wurden auch noch vier weitere Lieder gespielt, z.B. “In The Eye Of The Storm” und “The Watcher”, die beide in Wacken ihre sehr erfolgreiche Live-Premiere feierten. Wenn man gut neue Songs testen kann, dann vor der Wahnsinns-Crowd in Wacken. Alissa animierte die Leute immer wieder zum Mitmachen, was aber im Grunde nicht nötig war. Die Haare flogen und andere Körperteile auch. Man feierte seinen Lieblings-Erzfeind so, wie es ihm gebührte.

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Fotos: Kristina Meintrup

Nebenan auf der Harder Stage wurde dann wie üblich das Promoter’s Farewell zelebriert, bevor der für LINDEMANN eingesprungene Headliner POWERWOLF die Bühne enterte. Man könnte behaupten, dass POWERWOLF auch durch ihre legendären Festival-Auftritte so groß geworden sind. Natürlich haben ihre Alben oft hohe Chartpositionen erreicht. Aber das Konzept der Band, nämlich mit der anwesenden Metal-“Gemeinde” eine “Messe” zu feiern, funktioniert nun einmal besonders gut, wenn die Gemeinde sehr groß ist. Auf dem 2008er Plakat (erster Wacken-Auftritt) findet man die Band noch ziemlich genau in der Mitte des Line-ups, auch 2013 und 2017 ist die Position kaum verändert im Mittelfeld. Bis 2019 dann der Sprung in die Riege der Co-Headliner erfolgt. In dieser Zeit waren vier gefeierte Alben erschienen und die Band hatte unermüdlich daran gearbeitet, alle zwei bis drei Jahre eine Platte herauszubringen. Der Wolf war zum Alpha-Wolf geworden, zum “Leader of the Pack”. Auch die Bühnendekoration ist in gleichem Maße mitgewachsen, was bei POWERWOLF nicht unwichtig ist, schließlich wird die düster-sakrale Atmosphäre hervorragend von den monumentalen Bannern und Aufbauten unterstützt, die die Band mittlerweile verwendet. Das große Banner mit den Insignien PW verdeckte noch, was sich hinter dem Vorhang verbarg. Plötzlich erklangen Orgelspiel und Sprechchöre und in einem Schwall von Nebel und Stroboskopgewitter erschien die unheilige Fünfeinigkeit zu den Klängen von “Faster Than The Flame”. Die gesamte Rückwand war als LED-Videoleinwand konzipiert und zeigte zu Beginn das Cover des aktuellen Albums “Call Of The Wild”, das sich leicht bewegte. Passend zum Songtitel wurde natürlich auch nicht an Pyroeffekten gespart. “Vor drei Jahren habe ich dieses Festival heilig gesprochen und diesen “holy ground’ gesegnet, erinnerte Frontmann Attila Dorn. “Wart ihr in den vergangenen Jahren denn auch schön brav und habt euren Heavy Metal gehört? Dann nehme ich euch jetzt das Gelübde ab”. Dies geschah durch den Song “Incense And Iron” und die Menge hüpfte begeistert zur Musik auf und ab. Dorn erinnerte die Besucher zudem daran, dass es ja der letzte Abend des Festivals sein sollte. POWERWOLF verlangte daher volle Energie vom Publikum, um eine “magische Nacht” entstehen zu lassen. Mit der Nacht kennt die Truppe aus dem Saarland sich bestens aus, es gibt etliche Songs, die sich mit dem Thema beschäftigen und einer davon wurde auch gleich gespielt: Die “Army Of The Night” rollte heran und wurde vom Publikum mit offenen Armen empfangen und auch danach folgte mit “Amen & Attack” ein echter Mitsing-Klassiker. Attila stimmte vorab bereits ohne Musik die Strophe an und wurde durchaus mit einem lauten “1, 2, Amen and Attack” belohnt. Für Falk Maria Schlegels Keyboard wurden extra Orgelpfeifen herbeigerollt, um dem Song die nötige Würde zu verleihen. Aber auch die relativ neuen Songs von “Call Of The Wild” wollten natürlich die Wacken-Weihe empfangen und daher forderte die Band die Crowd hernach zum “Dancing With The Dead” auf. Für den Song betraten einige Nonnen mit golden Masken die Bühne. Das Hintergrundbild wechselte bei jedem Song auf verschiedene Motive, die üblichen personifizierten Wölfe in verschiedenen Gewändern wurden von roten PW-Bannern abgelöst. “Ihr seid der Hammer, ich verneige mich vor euch”, sprach der Fronter und sank auf ein Knie herab. Für den feierlichen Choral von “Armata Strigoi” war das Publikum wieder stimmlich gefordert, aber nach einigen Übungsdurchläufen war der Sänger zufrieden. Danach wurde das “Beast Of Gévaudan” besungen. Ob Markus Heitz da noch anwesend war? Er hatte der entsprechenden Überlieferung ein literarisches Denkmal gesetzt, POWERWOLF verarbeiteten den Stoff nun musikalisch. Für das nachfolgende “Stoßgebet” ging schier die halbe Bühne in Flammen auf, POWERWOLF hatten sich wohl vorgenommen, auch in Sachen Pyros neue Maßstäbe zu setzen. Der Ohrwurm vom Album “Sacrament Of Sin” dürfte sich auch nach dem Konzert noch einige Zeit in den Gehörgängen gehalten haben. Nun wurde die Brücke zum vorherigen Act ARCH ENEMY geschlagen, diese hatten den nun folgenden Song “Demons Are A Girl’s Best Friend” nämlich fulminant für eine POWERWOLF-Kompilation gecovered. Gespielt hatten sie ihn allerdings nicht, weshalb jetzt auf jeden Fall das Original ranmusste. Leider verging der Rest des Sets wie im Fluge. “Resurrection By Errection” hat aufgrund seines blasphemischen Textes mittlerweile Kultstatus erlangt und “Sanctified With Dynamite”…. Tja, nun… Auf dem Wacken 2011 wurde ich ausnahmslos jeden Morgen um Punkt 6 durch das Abspielen dieses Songs aus dem Nachbarcamp geweckt. Damals kannte ich POWERWOLF noch nicht und dachte irgendwann nur “Was ist das für ein verfluchter Song, der mich meines Schlafes beraubt?”, also googelte ich und wieder daheim konnte ich mich frei von dem Zwang, aufzuwachen, mit der Musik auseinandersetzen und mich doch noch damit anfreunden. Seitdem darf er natürlich in keiner Setlist fehlen. Das galt natürlich genauso für den letzten Song des Sets “We Drink Your Blood”, den einfach jeder mittlerweile mitsingen kann, egal ob POWERWOLF-Fan oder nicht. Das Wolfsrudel hat auch auf diesem Wacken wieder an Stärke gewonnen und viele verließen mit dem Segen der Götter den Ort des Geschehens. Wir aber wollten noch mit LORDI nachfeiern.

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Fotos: Kristina Meintrup

Als LORDI 2006 zu Weltruhm durch den Gewinn des Eurovision Song Contests gelangten, hatten sie bereits zwei Alben veröffentlicht, kurz nach dem Wettbewerb erschien mit “The Arockalypse” das dritte. Ich selbst hatte bereits das Vorgängeralbum “The Monsterican Dream” gefeiert und als nun LORDI diesen internationalen Wettbewerb für sich entschied, fühlte es sich ein wenig so an, als sei es ein Sieg für die gesamte Rock- und Metalwelt. Ich war mit 16 jedenfalls mächtig stolz und blieb der Band auch in den Folgejahren stets treu. Das Debutalbum “Get Heavy” der Monsterband feierte indes 20jährigen Geburtstag und so war es kein Wunder, dass die Band diesen frühen Stücken den Wacken-Auftritt widmete und sogleich mit dem Titeltrack “Get Heavy” begann. Es war mittlerweile nach Mitternacht, aber wie man in Bezug auf LORDI weiß: “They only come out at night”. “We played here the first time 19 years ago”, erinnerte Mr. Lordi. “It was a small stage but right after TWISTED fuckin’ SISTER! Awesome”. Nach “The Riff”, fragte der Fronter die Anwesenden “You want to get naked, Wacken?” und leitete so zu “Naked In My Cellar” über. Angesichts der Temperaturen gar keine so schlechte Aussicht. Auf der Bühne wurde ordentlich gezaubert: Eine leicht bekleidete junge Frau turnte unterwürfig zu Füßen des Sängers herum, allein, es nützte ihr nichts. Auf einer Liege liegend wurde sie scheinbar von einer Kreissäge zerteilt. Zaubershow auf dem Wacken Open Air! Als Nächstes gab es sogar Tipps für’s Leben, um ggf. einem ähnlichen Schicksal zu entgehen: “Is anybody here in need of love? Does anybody here wants a hug? When a guy looking like me offers you free hugs, the fuckin’ right answer is: No, thank you, sir!”. Auch wenn die Antwort vieler Anwesender sicherlich anders ausgefallen wäre, aber die Warnung war ausgesprochen und dazu gab es dann auch mit “Hug You Hardcore” gleich den passenden Song serviert. Dazu gab es auch wieder visuelle Unterstützung in Form von zwei Tänzerinnen in aufreizenden Outfits. Als “It Snows In Hell” angestimmt wurde, katapultiere mich das instantly zurück in meine Jugend. Das 2006er Album “The Arockalypse” hatte meinen Musikgeschmack damals maßgeblich geprägt und ich sah wieder das Lordi-Poster aus der Bravo an der Wand meines Jugendzimmers. Großartige Flashbacks. Das Gleiche mit “Bloodred Sandman”, sofort waren die Textzeilen wieder im Kopf, abrufbereit trotz der Schichten der Jahrhunderte und Mr. Lordi setzte für diesen Song auch extra wieder seine Sandmann-Schlafmütze auf. Der Song “Devil Is A Loser” wurde von fünf aufgeblasenen Kondomen begleitet, die über der Menge tanzten, zudem gab es Crowdsurfer in einem Schlauchboot zu sehen. Hier wollte man eindeutig alles rausholen und noch einmal kräftig Party machen. Der Rest war dann reine Nostalgie-Orgie. “Who’s Your Daddy, Wacken?” machte klar, was als nächstes kam und dann blieben wir noch kurz auf dem “Arockalypse”-Album für DEN Song. Den, den damals alle Welt im Fernsehen hörte und zum Sieger kürte: “Hard Rock Hallelujah”. Und vor dem inneren Auge lief das Video mit dem Schauplatz Schule ab. Das noch ältere “Would You Love A Monsterman” rundete den Gig wunderbar ab und nach dieser tollen Setlist hätten wohl alle Anwesenden die Frage mit “Na aber sowas von!” beantwortet. LORDI sind weitaus mehr als die Summe ihrer Kostüme. Sie sind großartige Musiker, von denen wir noch viel Output zu erwarten haben. Mögen wir sie bald auf dem Wacken Open Air wiedersehen!

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Fotos: Kristina Meintrup

Das war es, auch wenn es schwer zu glauben war. Wacken 2022 war damit Geschichte. Es reihte sich ein in eine lange Reihe von Metal-Mega-Partys an Ort und Stelle und als wettertechnisch unauffällig. Völlig schlammfrei, aber auch nicht völlig zugestaubt. Nein, man konnte sich ganz auf die Musik konzentrieren, so wie es sein sollte und was nach den letzten kargen Jahren auch absolut notwendig war. Bis zum nächsten Jahr, Freunde, See you in Wacken: Rain or Shine!

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