Interview mit Sonja Kraushofer von PERSEPHONE
„Ich empfinde mich selbst nicht als politisch, ich bin nur emphatisch.“
Am 21.Mai 2022 gibt die Band PERSEPHONE ein Benefiz – Konzert zugunsten der Ukraine. Sängerin Sonja Kraushofer fand vorab Zeit für ein Interview.
Sonja, erzähl doch bitte, was genau ihr vorhabt.
Wir haben vor, in einer sehr schönen Kirche in Schwegenheim ein komplett akkustisches PERSEPHONE Konzert zu spielen. Wir werden keinen Eintritt verlangen, aber um Spenden bitten. Die bekommt dann die Organisation „Save the Children“. Unser Konzert wird Teil des „Kultursommers“ in Schwegenheim sein. Der Organisator der Veranstaltung Dr. Philipp Bentz sowie der Pfarrer der Gemeinde Andreas Gutting haben uns von vornherein ihre 100%ige Unterstützung zugesichert, was uns riesig freut. Wenn das Wetter so wunderbar frühlingshaft ist wie momentan, wird es draußen einen Sektempfang geben, sowie einen Brezelverkauf. Der Erlös davon kommt komplett in den Spendentopf.
Wie kamt ihr denn auf Schwegenheim und genau diese Kirche?
Wir treten mit PERSEPHONE hauptsächlich an besonderen Orten auf, daher haben wir z.b. schon im Wiener Bestattungsmuseum gespielt, auf Schloss Wernigerode, im Giger Museum usw. In diesem Zusammenhang hat mir unsere Geigerin Sue Ferrers die Prostestantische Kirche in Schwegenheim empfohlen. Ich war also schon in Kontakt mit Herrn Bentz. Wir wollten auf jeden Fall in Schwegenheim spielen, aber erst wenn das neue Album fertig ist. Nun klappt es spontan schon früher.
Natürlich sind wir alle tief betroffen von der momentanen Situation in der Ukraine. Aber gab es bei euch einen besonderen Grund für dieses Benefizkonzert?
Tatsächlich hätten wir am 12. März auf einer Veranstaltung in Kiew spielen sollen. 2018 haben wir dort schon am ersten „Dark Acoustic“- Festival teilgenommen, das die Veranstalterin quasi um uns herum geplant hat. Also, wir haben gespielt und sie hat noch ein paar richtig coole lokale Bands dazu geholt. 2020 sollte das Festivals in die nächste Runde gehen, musste nur dann mehrfach wegen der Corona–Pandemie verschoben werden. Als die Veranstaltin anrief und einen Termin im März vorschlug, waren wir natürlich wegen Corona noch immer skeptisch – aber hey, endlich mal wieder ein Konzert! Nur dann kamen hier in den Medien immer mehr Berichte über die Unruhen und als die ersten Reisewarnungen bekannt wurden, haben wir als Band beschlossen, nicht zu fliegen. Das war tasächlich kurz vor Kriegsbeginn, ich glaube sogar nur eine Woche vorher.
Gut, dass ihr nicht geflogen seid!
Ja, absolut! Wir hatten erst Bedenken, dieses coole Konzert abzusagen, da wir das noch nie von uns aus gemacht haben. An diesen Zweifeln zeigt sich ein wenig, wie weit weg die reale Gefahr eines Krieges in unser aller Köpfen war. Später haben wir dann von der Veranstalterin gelesen, dass sie tatsächlich von Russland bombadiert wurden. Sie wohnte direkt in Kiew und hat regelmäßig berichtet, wie es ihr geht. Mittlerweile konnte sie zum Glück nach Hamburg flüchten.
Mir ist schon klar, dass jeden Tag Kriege und Grausamkeiten auf der Welt geschehen, nur habe ich es noch nie so nah in meinem direkten Bekanntenkreis erlebt. Natürlich hat mich das sehr berührt und betroffen gemacht. Als wir das letzte Mal in Kiew gewesen sind, war es so eine faszinierende, lebendige Stadt, in der wir eine sehr glückliche Zeit verbracht haben. Das ist einfach so traurig.
Das heißt natürlich, für euch war Kiew emotional viel näher als für die meisten von uns. Erklärt das auch das für die Szene eher ungewöhnliche politische Engagement?
Ich empfinde mich selbst gar nicht als politisch. Ich bin nur empathisch. Hier ist es eine Frage von Anstand, nicht von Politik. Normalerweise möchte ich mit meiner Musik dem Alltag eher ein bisschen entfliehen. Ich meine, wir machen Lieder über Träume und so etwas, da ist wirklich gar kein politischer Anspruch von unserer Seite. Aber hier lassen Menschen das ganze Leben zurück, dass sie sich aufgebaut haben. Ihre Freunde, ihr Zuhause, ihre gewohnte Umgebung. Natürlich habe ich da ganz viel Mitgefühl und Solidarität. Gleichzeitig hat mich auch die schnelle globale Hilfsbereitschaft gerührt. Da dachte ich wirklich: Oh gut, es ist doch noch nicht alles verloren.
Wie siehst Du denn generell die Überschneidungen von politischen Engagement und Kunst? Sollten Künstler*innen generell mehr Farbe bekennen?
Ich glaube, das kommt sehr auf die Art von Musik an, die man macht. Wenn ich jetzt mit PERSEPHONE in Traumwelten schwelge und mich in Romantik verliere, denke ich nicht, dass von irgendeiner Seite ein politischer Ansatz von uns erwartet wird. Generell geht es in der schwarzen Szene ja meist eher um Romantik, Tod, Trauer und solche Themen. Da passen politische Themen nicht zu. In Bezug auf die momentane Situation in der Ukraine erlebe ich es aber schon so, dass viele Künstler Stellung beziehen, und sei es nur mit einer ukrainischen Flagge in ihrem Profil. Momentan sind viele Veranstaltungsorte schon ausgebucht. Das erklärt vermutlich, warum es nicht mehr Konzerte zugusten der Ukraine gibt.
Wie genau entstand die Idee für das Benefinzkonzert?
Das war wirklich spannend. Ich wollte Andre, unseren Pianisten anrufen, und ihm soetwas vorschlagen, hab ihn aber leider nicht erreicht. Und ungefähr eine Stunde später ruft er mich zurück und fragt, ob wir nicht ein Benefinzkonzert machen wollen. Von ihm kam dann auch die Idee, an „Save the Children“ zu spenden. Ich möchte unseren Einsatz hier allerdings auch nicht zu hoch bewerten. Wir waren uns einig, irgendwie helfen zu wollen und werden sehen, was unsere kleine Hilfe ausrichten kann.
Was erwartet die Besucher genau?
Wir werden in der Besetzung Cello, Percussions, Flügel und Gesang auftreten. Das Konzert soll ungefähr 1,5 Stunden dauern und wir werden Lieder aus all unseren Alben spielen. Das Ambiente in der Kirche ist natürlich etwas ganz Besonderes. Bei PERSEPHONE ist es so, dass die Live – Arrangements immer ganz anders sind als die Lieder auf der CD. Bei den Liedern der CDs haben wir zum Beispiel ein Orchester dabei. Diese Songs müssen wir dann bei den Auftritten den jeweiligen Gegebenheiten und der Besetzung anpassen. Man hört die Lieder also bei Konzerten immer in einem anderen Gewand.
Lass uns doch mal passend zu eurer Musik träumen. Was erhofft ihr euch im Optimalfall von eurem Konzert?
Ich würde mich sehr sehr freuen, wenn viele Leute den Weg in die Kirche fänden. Unser Publikum ist immer sehr hoflich und respektvoll und ich bin mir sicher, dass viele der Besucher spenden werden. Extra schön für uns wäre natürlich, wenn auch Leute aus Schwegenheim, die uns sonst gar nicht kennen, zu unserem Konzert kommen. Sei es jetzt, um uns als Band kennen zu lernen oder einfach wegen des Benefizkonzerts selbst, ungeachtet der Musik.
Wie ist denn das Feedback so bisher?
Das ist das Schöne – wir wissen es nicht. Da es keinen Vorverkauf gibt, haben wir einfach mal keine Ahnung. Auf die Ankündigung wurde bisher sehr positiv reagiert, aber wie es dann vor Ort aussieht, können wir natürlich noch nicht wissen.
Wir danken Dir für Deine Zeit und wünschen euch ganz viel Erfolg und Spaß bei dem Konzert – und hoffen natürlich mit euch zusammen auf viele großzügige Besucher!
Da alle Konzerte und Abendveranstaltungen des Kultursommers um 19 Uhr anfangen, gilt das auch für das PERSEPHONE–Konzert. Also, packt eure Sachen und lasst uns Schwegenheim zugunsten einer guten Sache mit schwarz gekleideten Gestalten fluten!
Besetzung beim Benefinzkonzert:
André Wahl: Klavier
Holger Wilhelmi: Cello
Tim Warweg: Percussion, Schlagzeug
Sonja Kraushofer: Gesang