Review: ZOODRAKE – “seven”
Da man auf einem Bein bekanntlich nicht stehen kann, folgt rund 18 Monate nach dem grandiosen Debüt “purified” nun am 01. Oktober mit “seven” das zweite ZOODRAKE Album aus der Feder des Tausendsassas Hilton Theissen.
Bereits am 26. August gab es mit “success of the snake” den ersten Vorgeschmack, der es direkt in sich hatte. Theissen macht einfach keine halben Sachen, soviel ist direkt klar. Die erste Single thematisiert das Verblassen der Menschlichkeit, um mit Lug und Trug Erfolg zu haben und passt wie die Faust aufs Auge in die aktuelle Situation. Musikalisch sind wir noch sehr nahe an dem, was wir von “purified” gewohnt sind, auch wenn hier nicht mit der Gitarre gegeizt wurde. Ein tanzbarer Ohrwurm, der Lust auf mehr macht.
Das neue “seven” hält nun zehn sehr abwechslungsreiche Songs für denjenigen vor, der bereit ist, sich in Hiltons einzigartige Musikwelt entführen zu lassen und voll und ganz in den Sound einzutauchen.
Wie auch beim Vorgänger wirken auch hier einige Songs beim ersten Durchlauf sperrig, so dass mich die Platte erstmal etwas ratlos zurückließ. Man darf hier nicht den Fehler machen, das Meisterwerk mal eben zwischen Tür und Angel zu hören – zu viel bleibt dabei auf der Strecke. Es gibt so viele Facetten, die entdeckt werden wollen und bei jedem Hören findet man mehr. Hier steckt so viel Liebe zum Detail in dem Album. Man kann einige Songs durchaus als tanzbare Club Hits verstehen – aber sieht man sie nur so, verpasst man unglaublich viel. So gab es für mich auch diesmal eine Premiere beim Rezensieren: Während ich sonst ein Album quasi permanent und in jeder Lebenslage so lange höre, bis ich denke etwas dazu schreiben zu können war es bei ZOODRAKE so, dass ich es nur dann gehört habe, wenn ich allein und ungestört war um möglichst viele Details zu entdecken. Spoiler: Ich vermute, dass ich immer noch nicht alles rausgehört habe.
Im Vergleich zum Vorgänger wirken viele Songs auf dem neuen Silberling sehr düster, ja sogar teilweise bedrohlich, was deutlich an verzerrten, unheilvollen Synthklängen und teilweise “anklagendem” Gesang zu erkennen ist. Besonders hervorzuheben ist hier “hit the ground”. Beim ersten Durchlauf fühlte ich mich wie im Vampire Bloodlines Soundtrack – dissonante Synths, kraftvoller und treibender Beat – dazu schneidende Vocals – ein wirklich bedrohlich wirkender Up Tempo Song, der in einem pompösen Refrain gipfelt, nur um einen auf den Boden der Tatsachen zurück zu schmettern – Wahnsinn. Und stimmlich eine absolute Meisterleistung.
Überhaupt – diese Stimme! Wir haben es hier mit einem absoluten Ausnahmetalent zu tun. Jeder der Songs ist eine stimmliche Meisterleistung, man bekommt hier die komplette Palette geboten. Was in der Metalcore Szene schon recht normal ist, findet man in der Synth Pop / Wave Szene eher selten. Ich wage mal die These, dass es in der Szene nur eine Handvoll so guter Sänger gibt.
Musikalisch führt uns “seven” einmal quer durch fast alle Facetten des Synth-Pop / Synth-Waves mit stark gitarrenlastigen Einschläge und verschiedenster anderer Einflüssen. “jackal parade” erinnert im Intro an AND ONE und hat irgendwie was von Zirkus/Rummel mit seiner ungewöhnlichen Melodieführung. Der Titeltrack “seven” punktet mit düsterem Beat und unheilvollen Synths – nicht ganz so krass wie in “hit the ground” aber dennoch stärker als jeder einzelne Song auf dem Vorgängeralbum. Der Gitarrenteil in der zweiten Single Auskopplung “nothing’s wrong” driftet schon stark Richtung Indie, passt hier allerdings hervorragend zum Gesamtkonzept. “new oceans” baut sich wieder sehr düster auf, wirkt dann im Refrain allerdings befreit – der Text folgt diesem Muster. Ein Pulsschlag in “little mantra” erinnert ein wenig an den Song “Sailor” von FROZEN PLASMA, wobei dieser hier im Vergleich den ganzen Song über zu hören ist, fast wie der Herzschlag des Songs. Mit “chant” gibt es auch auf der zweiten Platte wieder einen Ausreißer zum Schluss. Diesmal biegt dieser jedoch in die entgegengesetzte Richtung ab, als es noch auf der “purified” der Fall war. Es gibt einen sehr ruhigen, getragenen Gänsehaut Song auf die Ohren – ein Ausblick auf ZOODRAKE Album Nummer drei? Wir werden es erfahren.
Fazit:
Wer also von sich selbst behaupten kann, ein anspruchsvoller Musikhörer zu sein, der kann hier bedenkenlos zugreifen und wird es keine Sekunde lang bereuen. Der Silberling ist fett produziert und hält einiges an Ohrwurmpotential bereit.
Bewertung: 10 von 10
Übrigens: Eins der Bilder im Booklet wurde von mir gemacht – ich freue mich sehr darüber 🙂