Review: ASSEMBLAGE 23 – Failure – 20th Anniversary Edition
Tom hat es getan: zum 20jährigen Jubiläum seines internationalen Durchbruchs als ASSEMBLAGE 23 mit dem 2001er Album „Failure“ hat er dieses Referenzalbum des Future Pop neu aufgelegt und bietet es uns ab dem 17. September als „Failure – 20th Anniversary Edition“ an. An dieser Stelle könnten wir direkt zum Fazit kommen, wollen euch jedoch dennoch gerne über Details informieren. Dennoch könnte es sich hierbei um die kürzeste Review aller Zeiten handeln, sind uns die Titel doch schließlich wohlbekannt. Lasst uns daher stark verkürzt das „große Ganze“ betrachten: warum „Future Pop“ seiner Zeit voraus war, was daraus geworden ist & wofür das hier besprochene Album steht.
Die 90er waren das Jahrzehnt des Aufbruches in der elektronischen Musik. Nachdem die hedonistische Tanzkultur sich in technoiden Sounds erging, die sich an vielen Honigtöpfen bediente (darunter auch Dark Electronics und EBM), war die schwarze Szene noch recht verschlossen. EBM, Industrial etc stagnierten in ihrer Entwicklung, hatten diese teilweise sogar schon abgeschlossen. Keiner weiß wie es geschah, doch um die Jahrtausendwende kreuzten sich die Wege der Technokultur und der schwarzen Soundfrickler. Der dunkle Sound übernahm essentielle diskothekentaugliche Elemente und es gab Kollaborationen unter den Szenen. Geboren war ein neuer Sound namens „Future Pop“, wenngleich viele dies heute eher als Schimpfwort betrachten. Zu den bekanntesten Namen, die schon vorher durch alle Szenen geisterten gehört auch heute noch THOMAS P. HECKMANN. Wer ging damals nicht steil zu Heckmanns Remix von COVENANTs „Call The Ships To Port“? In dieser Zeit feierten viele heute etablierte Acts ihren Durchbruch oder zweiten Frühling, wie zum Beispiel APOPTYGMA BERZERK, VNV NATION, besagte COVENANT, oder eben auch der schon über ein Jahrzehnt aktive TOM SHEAR als ASSEMBLAGE 23, der „Failure“ genau zur rechten Zeit releaste. Auch für den Autor war dieser Style der endgültige Einstieg in die schwarze Szene („True Goths“ dürfen an dieser Stelle das Kopfsteinpflaster zerlegen, um ihn zu steinigen). Denn mit diesem Style wurden Gefühle tanzbar. Weder erging man sich hier im melodischen Selbstmitleid, noch in punkigen Attitüden. Man konnte auf Tanzflächen dazu abgehen und bekam als Mehrwert (oft) trotzdem inhaltlich Wertvolles geliefert. Obwohl der Begriff dieser Schublade immer gerne abfällig genutzt wird und manch ein Act da nicht gern einsortiert wird, so lässt sich seine Berechtigung in der musikalischen Landschaft nicht von der Hand weisen und gilt zu Recht bei vielen als Grundstein zum Erfolg. Auch Assemblage 23 war vorher eher Insidern und gut vernetzten DJs ein Begriff, weshalb diese Erinnerung an das Durchstarteralbum „Failure“ nur logisch ist.
Failure – 20th Anniversary Edition
Und was soll man sagen? Für die Besprechung dieses Albums hat sich der Autor dieses Pamphletes die Mühe gemacht, das Original auf den Plattenteller zu werfen und einen Direktvergleich zu starten.
Ergebnis: der Begriff „Future Pop“ war durchaus treffend gewählt, die meisten Songs wirken immer noch soundtechnisch zeitgemäß und das nach 20 Jahren!
Wäre dann eine Neuauflage nicht unnötig? Ja, wäre sie. Und nein, die Idee ist gut und berechtigt.
Denn Tom ist auch ein Schrauber der besseren Sorte und hat die Chance genutzt, mittels moderner Technik noch etwas mehr aus dem Release raus zu kitzeln. Die Sounds wirken durch die Bank klarer, direkter, energetischer und die Details sind noch feiner ausgearbeitet. Ihr lest richtig: nein, es ist nicht einfach nur neu gemastert und nein, dass „2021“ auf „Failure – 20th Anniversary Edition“ bedeutet nicht „ganz neue Version“. Ihr bekommt also nicht alte Hits im EDM- Gewand, oder im hippen Downbeat- Style. Vielmehr haben ASSEMBLAGE 23 behutsam den Staub von ihrem Album gewischt, die Sounds und Samples per Hand vorsichtig durchgewaschen, alles behutsam gebügelt und hängen sie dann zurück auf die Tanzflächen der Szene.
Und so kommt der Widerspruch zustande, dass wir euch sagen „muss man nicht haben“ und es euch dennoch wärmstens empfehlen. Es war damals ein hervorragendes Album und es ist heute ein noch viel besseres Album. Es wird also zu einem Paradoxon, weil der Blick zurück eigentlich ein Blick in die Zukunft ist. Und es gibt noch zwei Besonderheiten: ihr bekommt zu jedem Song einen ausgewählten Remix dazu und ein zeitgemäßes Layout mit allen Texten, Credits und einer Widmung an seinen Vater!
Zu den Remixern auf „Failure – 20th Anniversary Edition“ gehören unter anderem P. CODENYS, ROTERSAND, CLAN OF XYMOX, DANIEL MYER und SUICIDE COMMANDO. Also wenn das keine Argumente sind…
Fazit:
Abgesehen davon, dass der Schmierfink, der diese Zeilen auf euch loslässt, aufgrund der eigenen Verbindungen zum originalen Release ein kleines bisschen vorbelastet ist, lässt sich nur hier nur ein Zitat der DIE TOTEN HOSEN anwenden: „Kauf MICH“!
Das Original von 2001 ist zwar an sich schon zeitlos, aber die Frischzellenkur hat sich dennoch gelohnt. Nicht nur offengeistigen Jungspunden sei „Failure – 20th Anniversary Edition“ wärmstens ans Herz gelegt, auch Besitzer des Originals sollten es sich gönnen. Nach diesen ganzen „wir rereleasen altes Zeug auf Vinyl“ und „elektronische Musik im Klassik Gewand“ Hypes ist diese Idee, einen Meilenstein der Szene behutsam zu renovieren einer der besten Einfälle, die Tom haben konnte. Der Rezensent ist ein Fuchs und hat seine physische Kopie bereits vorbestellt, ihr solltet es ihm gleich tun und sofort bestellen, ihr werdet nicht enttäuscht werden. Ganz dickes Indianerehrenwort! So, nun fort mit euch, hier in der Redaktion wird jetzt die Anlage wieder voll aufgedreht….
10/10
Fakten
Tracklist
Disc 1
01.) Naked (2021 Mix)
02.) I am the Rain (2021 Mix)
03.) House on Fire (2021 Mix)
04.) Tried (2021 Mix)
05.) Disappoint (2021 Mix)
06.) Divide (2021 Mix)
07.) Longevity (2021 Mix)
08.) Silence (2021 Mix)
09.) Awake (2021 Mix)
10.) King of Insects (2021 Mix)
Disc 2
01.) Naked [Daniel Myer Rmx]
02.) I am the Rain [Interface Remix]
03.) House on Fire [Antiscion Remix]
04.) Tried [Mari Kattman Remix]
05.) Disappoint [Rotersand Rework]
06.) Divide [Clan of Xymox Remix]
07.) Longevity [The Gentry Remix]
08.) Silence [Suicide Commando Remix]
09.) Awake (242mix by P. Codenys)
10.) King of Insects (Assemblage 23 Remix)
Act: Assemblage 23
Release: Failure – 20th Anniversary Edition
Release Date: 17. September 2021
Label: Accession, Catalog Number: A148
Vertrieb: Indigo, Catalog Number: CD 211122, EAN 4015698358537
Medien: CD, digital
Quellen: überall, wo es physische Medien gibt und auf den großen Portalen
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