BROILERS’ Santa’s Action Club 2022 am 23.12.2023 in der Mitsubishi Electric Hall Düsseldorf
Ein Konzertbericht – oder die etwas andere Weihnachtsmär vom kleinen speziellen Nazi, der sich anschickte, einem Punkrockabillyskakonzert beizuwohnen.
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von einer Düsseldorfer Band ausging, dass alle ihre Jünger geschätzt würden. Diese Schätzung war nicht die allererste und geschah zur Zeit, da Stephan Keller Statthalter der Rheinmetropole war. Und jeder Fan ging, auf dass er seine Wertschätzung der Düsseldorfer Band erwiese, in eben jene Stadt. Da machte sich auch ein kleiner, etwas anders gearteter Nazi auf den Weg über den Rhein. Da bei ein jener Zählung keine Nazis erwünscht waren, blieb unserem kleinen, etwas anders gearteten Nazi nichts anderes übrig, als eine seiner Tugenden abzulegen. Denn er gehört einer besonderen Form der Nazis an, nämlich der Unterart, die noch nicht mal Alice und Sarah mögen – nämlich Rechtschreib-Nazi. Also lies er an jenem Abend seinen Rotstift daheim um seine Erlebnisse des Abends in Linkschreibung festzuhalten.
Die Vorfroide stand nicht nur unserem stillen Erzähler ins Gesicht geschrieben, sondern auch den weit über 7000 anderen Jüngern der BROILERS, die sich ebenso wie am Vorabend zur Wertschätzung in der Mitsubishi Electric Krippe einfinden sollten. Trotz der alles anderen als winterlichen Temperaturen, war eine gewisse weihnachtliche Stimmung und Seligkeit schon vor dem Konzert zu spüren, denn trotz der langen Einlassschlangen waren die Security bei der Kontrolle stets froindlich zu den zahlreichen Fans, die geduldig auf den Eintritt in die heilige Halle warteten.
In den zwei Stunden von Einlass bis zu Beginn der musikalischen Untermalung wurden nicht nur die Theken um einige Hektoliter Getränke erleichtert, auch der Merchstand fand regen Andrang, denn schließlich konnte man hier für den geneigten Partner, Froind oder Nachbarn noch ein kleidsames Weihnachtsgeschenk erstehen.
Als die Uhr sich anschickte, die vierte Stunde vor Mitternacht einzuloiten, war die Zeit gekommen für THE IRON ROSES. Drei Tage zuvor gastierte die Band um BOYSETSFIRE-Sänger Nathan Gray wenige Kilometer weiter im Essener Club Don’t Panic um nun von der kleinen Clubbühne auf die Bretter der großen Halle zu wechseln. Wer gedacht hätte, es könnte sich um eine Iron Maiden / Guns’n’Roses-Mix-Coverband handeln, lag gänzlich daneben. Weder Heavy Metal- noch Hard Rock-Klänge sollten dem Publikum einheizen, aber eine musikalische Schublade für THE IRON ROSES gibt es auch nicht. Kein Punk, auch kein Hardcore, sondern am besten umschrieben als Gute-Laune-Rock verzückte das Publikum von der ersten Minute an. Die sichtbar gute Laune der Band steckte die BROILERS-Fans auch direkt an und auch wenn die Lyrics ihrer Lieder wie ‚Rebel Songs‘, ‚Never Alone‘ oder ‚Look Alive‘ den wenigsten Anwesenden gängig waren, so blieben die Tanzbeine nicht still und bei den dritten Refrains der Songs wurde versucht, diese mitzusingen. Etwas über eine halbe Stunde durfte das Septett begeistern und punktete mit dem sympathischen Auftritt bei vielen der Anwesenden.
Zwanzig Minuten Umbaupause sind nicht wirklich viel, denn die Bühnendekoration wurde hinter dem schwarzen BROILERS-Vorhang mit dem Schriftzug ‚Niemand wird zurück gelassen‘ wohl von vielen Weihnachtswichteln an den gewünschten Platz drapiert. Einige nutzten die Pause, um die Hopfenkonzentration im Körper aufrecht zu erhalten, andere, um einem gefährlichen Absinken des Nikotinspiegels entgegen zu wirken und es machte den Eindruck, als wolle der Hüter der Umbaumusik unbedingt das Publikum auf eine Betriebstemperatur jenseits der gesunden Fieberkurve bringen. Denn bei Pennywises ‚Bro Hymn‘ und Agnostic Fronts ‚Gotta Go‘ konnte niemand ruhig sitzen oder stehen bleiben und die Oh-Oh-Oh-Gesänge wurden immer lauter. So war es um noin Uhr höchste Zeit, den Vorhang fallen zu lassen und mit ‚Zurück zum Beton‘ die Weihnachtsplaylist der BROILERS zu starten. Das Publikum in der ersten Welle glich schon nach wenigen Takten einer stürmischen See und wogte und pogte, als gäbe es kein Morgen. Auch am Meer gilt, je höher die Wellen, desto größer die Abentoierlust und entsprechend machten sich direkt die ersten Crowdsurfer auf den Weg zum Bühnengraben. Vielleicht war unter den wagemutigen Surfern auch ein ‚Schwer verliebter Hooligan‘ der statt ‚In 80 Tagen um die Welt‘ lieber die nächsten 80 Minuten auf den Händen des Publikums getragen werden wollte. Die beiden Shows der BROILERS waren als ‚Santa’s Action Club‘ unter dem Motto 30% Besinnlichkeit, 70% Eskalation angekündigt. Ein wenig Eskalation gab es während der ersten vier Songs, jedoch noch im Schmusemodus – man frage Mitarbeiter im Einzelhandel zur Vorweihnachtszeit um der Definition des Wortes Eskalation noch einmal ein paar Prozentpunkte an Dramatik hinzuzufügen. Aber immerhin, es sollte ja auch besinnlich werden und so stimmte Sammy Claus den Weihnachtsklassiker ‚Feliz Navidad‘ von José Feliciano an. Die stürmischen Pogo-Wogen legten sich und die Fans sangen lauthals und vergnügt schwofend mit. Denn es sollte nicht der einzige Song weihnachtlicher Besinnlichkeit bleiben. Schließlich erinnerten die beiden großen Weihnachtsbäume zwischen denen eine BROILERS-Wimpelkette gespannt war stets daran, dass der Abend eine Weihnachtsfeier im Kreise der selbstgewählten Familie sein sollte. Und für eine weihnachtliche Stimmung bedarf es keiner Glöckchen, auch das Bläsertrio sorgt für die nötige Untermalung, um Bassistin Ines Christbaum ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, das diesen Abend wohl nicht mehr vergehen sollte. Nach dem Bad Manners Cover von ‚Christmas Time (again)‘ wurde wieder der Tenor auf Eskalation gestimmt, was für einige der mobilen Bierverkäufer ein ‚Harter Weg‘ durch das ausgelassene Publikum wurde.
Da nicht nur Froide zum Leben gehört sondern auch Trauer und Verlust, wurde es etwas melancholischer als mit ‚Ihr da oben‘ und ‚Vor Mitternacht (auld lang syne)‘ all jener gedacht wurde, die nicht mehr unter uns jedoch weiterhin in unseren Herzen und Erinnerung verweilen. Reihum sah man tränende Augen als Beweis, dass die Texte der BROILERS auch für solche Lebenslagen die richtigen Worte finden.
Es mag eine rhetorische Frage von Sammy Claus gewesen sein, ‚Wie weit wir gehen‘, denn die Band hatte ab dem Ramones Cover von ‚Merry Christmas (I don’t wanna fight tonight)‘ keinen weiten Weg, um zu der von den Weihnachtswichteln herbeigezauberten Glühweinbude zu gehen um sich dort die Kehle zu befoichten. Weiterhin in weihnachtlicher Laune waren ‚Santa Claus is coming to town‘ so wie der eigene Weihnachtssong ‚Grauer Schnee‘ für den Santa’s Action Club unumgänglich sowie ein Song, der beim festlichen Heimspiel der BROILERS nicht fehlen darf. Da die traditionelle Duett-Partnerin Vivi leider in diesem Jahr verhindert war, musste Santa Sammy eine alternative Engelsstimme ans Mikrofon bitten. In weiter Ferne musste er nicht suchen und so trat zur großen Überraschung die Queen of Metal Doro Pesch auf die Bühne, um mit Sammy gemeinsam ‚Fairytale of New York‘ anzustimmen.
Eigentlich wäre dieses Highlight des Abends schon ein würdiger Abschluss gewesen, aber nach einer kurzen Verschnaufpause ging es für die BROILERS in die erste Verlängerung. ‚Tanzt du noch einmal mit mir‘ ist jedoch für das Publikum nur eine rhetorische Frage, da wohl keines der versammelten 15000 Tanzbeine mehr still stehen konnte. Auch die Besitzer dieser Beine konnten auf ‚Ist da jemand‘ aus vereinten Kehlen die Frage bejahen. Um ‚Nur nach vorne gehen‘ fehlte in der ausverkauften Halle der Platz, aber ‚Nicht alles endet irgendwann‘ und deshalb ging es auch noch in die zweite Verlängerung. Für die BROILERS, die ihr 30-jähriges Jubiläum feiern konnte, war es wohl eine Frage der Ehre, für jedes Jahr des Bandbestehens einen Song zu spielen. Aber auch das schönste Konzert muss einmal enden, damit man sich direkt wieder auf das nächste froien kann. Und so schloss sich der Kreis mit der ersten Veröffentlichung der Band ‚Blume‘. Unter den Klängen von Journeys ‚Don’t stop believin‘ wurden die Fans nach fast zweieinhalb Stunden in die Weihnachtsfeiertage entlassen. Und während sich der kleine RS-Nazi beseelt wünschte, beim Verlassen der Halle in ein Gestöber grauen Schnees treten zu können, wirbelten hier und dort in der Thermik der Halle noch ein paar Konfetti und Kunstschneeflocken und tanzten ihren Weihnachtsreigen.
Anmerkung der Redaktion: Die Ähnlichkeit mit lebenden Personen war volle Absicht.