Ein schwedisches Spektakel – IN FLAMES und ARCH ENEMY in Hamburg

Bereits seit Monaten ist sie als ausverkauft gemeldet: die Hamburger Sporthalle. So verwunderte der große Pulk an Menschen wenig, welcher sich bereits vor dem offiziellen Einlass um 18 Uhr an diesem kalten, aber doch recht angenehmen Freitagabend die Beine in den Bauch stand. Mehr oder weniger pünktlich öffneten sich die Türen für die (mehr oder weniger) geduldig Wartenden und der Innenraum der Sporthalle füllte sich in einem stetigen Strom. Auf der Bühne war bereits alles für den Support Act des Abends aufgebaut, die Melo-Death Band SOILWORK aus Schweden.

Von einem geminderten Interesse am Auftritt der Vorband, wie man es auf einigen anderen Shows gerne mal beobachten kann, war hier nichts zu merken. Als SOILWORK um 19 Uhr in ihr Set starteten und die ersten Töne von „Stabbing The Drama“ aus den Boxen schallten, hatte sich die Halle bereits gut gefüllt. Sänger Björn Strid und seine Kollegen wurden freudig begrüßt und bereits nach wenigen Songs bildete sich ein erster Moshpit aus, während die erste Reihe die Haare kreisen ließ und vereinzelte Crowdsurfer über die Menge gereicht wurden. Musikalisch fokussierten sich die Schweden auf den neueren Teil ihrer Diskografie und präsentierten mit „Spirit Of No Return“ auch gleich ihre brandneue Single, welche beim Publikum gut ankam. Soundtechnisch betrachtet lieferten SOILWORK leider die schwächste Performance des Abends ab, klang der Mix doch gelegentlich ein wenig „matschig“. Der guten Stimmung tat dies aber glücklicherweise keinen Abbruch. Insbesondere mit Publikumslieblingen wie „Distortion Sleep“, „Death Diviner“ oder auch „Stålfågel“ gelang es den Schweden, die Menge ordentlich anzuheizen und die Vorfreude auf die beiden Headliner des Abends zu steigern. Nach guten 40 Minuten Spielzeit waren SOILWORK dann auch schon am Ende ihres Sets angelangt und räumten die Bühne für den nächsten Act.

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Fotos: Sandra Curtz

Hinter einem weiß-roten Banner mit dem Schriftzug „Pure Fucking Metal“ verbarg sich das geschäftige Treiben der Umbauarbeiten für ARCH ENEMY. Gegen kurz nach acht ertönte der Motörhead-Klassiker „Ace Of Spades“ aus den Lautsprechern und rief all diejenigen zurück in die Halle, welche sich während der Pause nach draußen zurückgezogen hatten. Konnte man die Sporthalle bei SOILWORK noch als „voll“ bezeichnen, so traf es nun die Bezeichnung „aus allen Nähten platzend“ besser. Entsprechend laut war dann auch der Jubel, welcher der Band mit schwedischen Wurzeln nach dem Fall des Vorhangs entgegen tönte. Mit „Deceiver, Deceiver“ fackelten Front-Frau Alissa White-Gluz und ihre Kollegen dann auch gar nicht lange herum, sondern starteten direkt mit einem kompromisslosen Kracher in ihr Set. Während sich im Vordergrund Michael Amott und das neueste Bandmitglied Joey Concepcion ein Gitarren-Duell nach dem anderen lieferten und Sharlee mit seinem Bass um die beiden herumwuselte, hielt sich Alissa lieber im Hintergrund bei Schlagzeuger Daniel auf. Vom Backdrop aus leuchtete das ARCH ENEMY Symbol auf uns herab und gelegentlich schossen Nebelwolken aus den im hinteren Bühnenbereich platzierten CO2-Jets empor. Abgesehen davon wurde auf weitere Special Effects wie z. B. Feuer verzichtet, aber jetzt mal ehrlich, wer braucht das schon, wenn Alissa auf der Bühne steht. Von Klassikern wie „My Apocalypse“ und „No Gods, No Masters“ über all die geliebten Songs der jüngeren Bandgeschichte, insbesondere von den Alben „Deceivers“ und „Will To Power“, ließ die Show wenig zu wünschen übrig. Die Band war wie üblich in Topform und lieferte mit großer Spielfreude ein wahres Fest für die Ohren und Augen. Als kleines Sahnehäubchen oben drauf kamen wir zudem in den Geschmack eines bisher noch unveröffentlichten Tracks vom für 2025 geplanten Album „Blood Dynasty“. „Liars & Thieves“ klingt wie gewohnt heavy aber melodisch eingängig und überrascht sogar mit einer Passage Klargesang von Alissa. Na wenn das mal nicht die Vorfreude auf das Album steigert. Viel zu schnell neigte sich allerdings auch das Set von ARCH ENEMY dem Ende und so forderte Alissa uns zu „Nemesis“ auf, noch ein letztes Mal alle Energie-Reserven anzuzapfen. Im Anschluss geleitete uns eine instrumentale Version von „Fields Of Desolation“ sanft in die nächste Umbaupause, während die Band noch schnell ihr Foto mit dem Publikum aufnahm und dann die Bühne räumte.

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Fotos: Sandra Curtz

Anlass zur Traurigkeit gab es jedoch keinen, wartete doch gleich das nächste Juwel des schwedischen Melodic Death Metals auf uns. Während vor der Bühne ein schlichter IN FLAMES Banner hochgezogen wurde, hatten wir noch einmal die Gelegenheit unsere Getränke-Versorgung aufzustocken (es gab insgesamt fünf verschiedene Becher-Motive…mein innerer Sammler wollte sie natürlich alle haben) und uns für den letzten Gig des Abends zu stärken. Um circa 22 Uhr hatte das Warten endlich ein Ende und die unverkennbare Melodie von „Cloud Connected“ erklang in der Halle. Bühne frei für IN FLAMES! Flammen gab es zwar auch hier keine, dafür aber reichlich donnernde Musik und eine sichtlich gut gelaunte Band. Die Scheinwerfer tränkten die Bühne je nach Song abwechselnd in blauer, grüner oder roter Farbe (Jetzt mal im Ernst, IN FLAMES, ich liebe euch, aber über dieses Licht müssen wir reden…das ist nicht Fotografen-freundlich!) Während Sänger Anders Fridén über die Bühne flitzte und sich die Seele aus dem Leib growlte und sang, sprang Gitarrist Björn Gelotte geradezu unverschämt enthusiastisch um ihn herum. Musikalisch entführte uns die Schweden während der ersten Hälfte ihres Sets zurück in die 90er und 2000er: von „Take This Life“ über „Food For The Gods“ bis hin zu „Trigger“ und „Only For The Weak“, hier folgte ein Hit dem nächsten. Nicht nur auf sondern auch vor der Bühne war ordentlich Bewegung – der Circle Pit in der Mitte des Saals wurde immer größer, die Crowdsurfer noch zahlreicher und auch an in die Luft gereckten Pommesgabeln bestand kein Mangel. Erst in Richtung der zweiten Hälfte ihres Auftritts bekamen wir vermehrt Songs jüngeren Alters zu hören, unter anderem „In The Dark“ sowie „Meet Your Maker“ vom aktuellen Album „Foregone“, welches es Anfang 2023 bis an die Spitze der deutschen Album-Charts schaffte. Insgesamt präsentierten IN FLAMES also gewissermaßen ein „Best Of“ ihrer inzwischen schon seit über 3 Jahrzehnten andauernden Karriere. Schwache Songs auf der Setliste? Fehlanzeige! Irgendjemand behauptete jedoch einmal, man solle aufhören, wenn es am schönsten ist und so mussten leider auch IN FLAMES ihr Set schließlich beenden. Mit „I Am Above“ und „My Sweet Shadow“ wurden wir – durchgeschwitzt, aber glücklich – in die Nacht entlassen.

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Fotos: Sandra Curtz

Fazit? Ein großartiger Abend mit drei großartigen Bands! Alle drei Acts präsentierten sich in Topform und lieferten eine grandiose Show ab. Aber etwas anderes war ja auch nicht zu erwarten, wenn die Crème de la Crème des schwedischen Melo-Deaths gemeinsam auf Tour geht. Wer eine bombastische Bühnenshow und viel Spektakel erwartet hat, wird wohl eher enttäuscht nach Hause gegangen sein, aus rein musikalischer Perspektive jedoch war es ein Event, welches besser kaum hätte sein können. Somit bewies der Abend mal wieder, was jeder Metalhead sowieso schon längst weiß: IKEA ist bei weitem nicht Schwedens einziger Exportschlager.

Setlist SOILWORK:

  1. Stabbing The Drama
  2. Arrival
  3. Exile
  4. Distortion Sleep
  5. Spirit Of No Return
  6. Övergivenheten
  7. Death Diviner
  8. The Ride Majestic
  9. Stålfågel

Setlist ARCH ENEMY:

  1. Deceiver, Deceiver
  2. The World Is Yours
  3. House Of Mirrors
  4. My Apocalypse
  5. Dream Stealer
  6. War Eternal
  7. Liars & Thieves
  8. The Eagle Flies Alone
  9. First Day In Hell
  10. Saturnine (Instrumental)
  11. As The Pages Burn
  12. Sunset Over The Empire
  13. No Gods, No Masters
  14. Nemesis
  15. Fields Of Desolation (Instrumental)

Setlist IN FLAMES:

  1. Cloud Connected
  2. Take This Life
  3. Deliver Us
  4. Paralyzed
  5. In The Dark
  6. Voices
  7. Food For The Gods
  8. Coerced Coexitence
  9. Trigger
  10. Only For The Weak
  11. State Of Slow Decay
  12. Alias
  13. Meet Your Maker
  14. The Mirror’s Truth
  15. I Am Above
  16. My Sweet Shadow
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