ELECTRIC CALLBOY – “Tekkno”-Tour in Hamburg

Um 19:00 Uhr machten FUTURE PALACE den Auftakt und starteten mit „Dead Inside“ und „Ghost Chapter“ in ihr Set. Die noch recht junge Band rund um Frontfrau Maria Lessing gründete sich 2018 in Berlin und hat seitdem zwei Alben veröffentlicht. Die Tour mit ELECTRIC CALLBOY ist für sie die erste Gelegenheit, vor größerem Publikum aufzutreten und dafür machten sie ihre Sache recht gut. Mit „Flames“ strafte Maria ihr an dem Abend recht unschuldig anmutendes Aussehen Lügen und bewies, dass sie nicht nur Klargesang beherrscht, sondern auch ziemlich gut shouten kann. Beim Track „Defeating Gravity“ war der Name Programm und sowohl die Band als auch das Publikum hüpften auf und ab. „Fever“ schlug eine etwas pop-lastigere Schiene ein, während „Locked“ eher auf verzerrte Screams und einen etwas härteren Sound setzte. Der Song „Heads Up“ wurde der Crew gewidmet und das Publikum bildete nach Marias Ansage einen Circle Pit. Damit war dann auch schon beinahe das Ende des Sets erreicht, als finalen Song gab es mit „Paradise“ den „Future Paradise Theme Song“ zu hören. Der Song handelt laut Aussage von Maria davon, dass man die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht verlieren soll, egal wie schwer einem das vorkommen mag. Eine starke Message, ebenso wie Marias Geständnis, dass sie selbst unter einer Depression leidet und daher nur zu gut weiß, wovon sie redet bzw. singt. Ein gelungener Auftakt in den Abend, die Berliner konnten ihre 30-minütige Spielzeit mit durchgängig guten Tracks füllen und lieferten einen insgesamt überzeugenden Auftritt. Damit konnten sie im Publikum mit Sicherheit den ein oder anderen neuen Fan hinzugewinnen, mich eingeschlossen.

Future Palace

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Fotos: Birger Treimer

Der nächste Act waren die Finnen von BLIND CHANNEL, welche sich vor allem mit ihrer Teilnahme am Eurovision Song Contest 2021 einen Namen gemacht hatten. So wurden sie um 19:50 Uhr dann auch von einer bereits recht enthusiastischen Menge begrüßt, als sie mit „Alive Or Only Burning“ und „We Are No Saints“ ihren Teil des Programms begannen. Für „Died Enough For You“ ließen sie die Menge im Takt mitklatschen und auch bei „Over My Dead Body“ war Interaktion und Moshen gefragt. Im Anschluss brachten die Sänger Joel und Niko ein paar Anekdoten von ihren bisherigen Tour-Erfahrungen mit ELECTRIC CALLBOY, hatten sie diese doch auch schon auf der „Hypa Hypa EU-Tour 2022“ begleitet. Mit „We’re from Finland so we always thought we were the best at drinking Vodka but then we met Electric Callboy…” folgte das Ende der Ansage und die Überleitung zu “Bad Idea”, einer ruhigeren Nummer, welche von reichlich geschwenkten Lichtern im Saal begleitet wurde. Im Anschluss spielten die Finnen ihre erst kürzlich veröffentlichte Single „FLATLINE“, ein Track, welcher es in sich hat und für mich mit eines der Highlights des Sets bildete. Das kleine Semi-Finale bildeten dann das Anastacia-Cover „Left Outside Alone“ und „Balboa“, zu beiden Tracks wurde fleißig gehüpft und gemosht. Für einen Support Act war die Halle bereits in extrem guter Stimmung, aber bei einem Act wie BLIND CHANNEL kam das auch wenig überraschend. Als finaler Song des Sets durfte natürlich der ESC-Hit „Dark Side“ nicht fehlen. Spätestens jetzt dürfte auch der letzte im Publikum aufgewacht sein, denn die Nummer wurde gebührend gefeiert und bescherte uns zudem den ersten Crodsurfer des Abends. Um 20:30 Uhr verabschiedeten sich die Jungs dann von der Bühne und der große Umbau konnte beginnen.

BlindChannel

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Fotos: Birger Treimer

Nach guten 30 Minuten war dieser Umbau abgeschlossen und es wurde Zeit für den heiß ersehnten Main Act des Abends – vorher gab es über die auf der Bühne aufgebauten Videoleinwand aber erst einmal eine Ansage der „Tekkno-Train-Dame“ sowie einen Test des Energie-Levels der Crowd. Bei so vielen in die Luft gereckten und klatschenden Händen wurde der Test natürlich mit Bravour bestanden und ELECTRIC CALLBOY machten uns ihre Aufwartung. Mit einem Knall der Konfettikanone begann dann auch gleich die Fahrt im „Tekkno Train“ und es wurde ordentlich abgefeiert, sowohl die Band als auch das Publikum strotzten geradezu von Energie. Um die heiße Stimmung noch weiter anzufeuern, folgte direkt im Anschluss das von reichlich Pyros untermalte „MC Thunder II (Dancing Like A Ninja)“. Dank der Animationen auf dem Screen und der Lichtshow klang die ganze Geschichte nicht nur gut, sondern sah obendrein auch noch wirklich spektakulär aus. Zum nachfolgend gespielten „Hate/Love“ reckten sich bis auf den obersten Rängen die Hände in die Luft und klatschten im Takt mit – ein mega Anblick. Wer dachte, mehr geht nicht, sollte direkt im Anschluss eines Besseren belehrt werden als „The Scene“ die Barclays Arena förmlich zum Beben brachte. Überall wurde gehüpft und hemmungslos gefeiert. 1:0 für das Publikum gegen den Wellenbrecher, denn dieser musste im Anschluss erst einmal nachgeschraubt werden. Zeit zum Verschnaufen sollte keine bleiben, denn mit „Castrop X Spandau“ folgte gleich der nächste Banger. Die Pyros auf der Bühne waren heiß genug, um mir beinahe die Haare auf den Armen wegzubrutzeln, keine Ahnung wie die Jungs es auf der Bühne so dicht an den Flammenwerfern aushielten. Ebenfalls verboten heiß: der umjubelte Bromance-Moment des Abends als Nico und Kevin sich während der Bridge des Songs tief in die Augen blickten und küssten. Puh, darauf erst einmal eine kleine Abkühlung. Für das eeetwas ruhigere „Supernova“ durfte Gitarrist Daniel in den Vordergrund treten, um uns das Intro-Riff zu präsentieren. Da Nico und Kevin natürlich nett sind und ihre Liebe nicht nur einander vorbehalten, warfen sie danach einen „Arrow Of Love“ in Richtung des Publikums, passend dazu gab es – mal wieder – Konfetti, dieses Mal in Form kleiner roter Herzchen. Für „Mindreader“ wünschte sich Nico mehrere Circle Pits, einen in der Mitte, einen links und einen rechts. Es wurde dann doch eher ein einzelner großer in der Mitte, aber ordentlich Action war auf jeden Fall so oder so. Bis hierhin hatte sich der Abend bereits die Bezeichnung „Best Day“ verdient, und um diesen auch gebührend zu zelebrieren, sollten wir uns nun alle hinsetzen und während des Songs dann wild auf- und abhüpfen. ELECTRIC CALLBOY hat es sich gewünscht und Hamburg hat geliefert, mal wieder erschütterte es geradezu die ganze Halle. Nach so viel sportlicher Betätigung musste dann aber auch erst einmal eine kleine Verschnaufpause her. Diese kam in Form eines Drum Solos von David „Kurwa“ Friedrich (gut, zugebenermaßen dürfte das für David eher weniger eine Pause gewesen sein, aber alle anderen konnten mal kurz durchatmen), während der Rest der Jungs schnell Richtung Backstage verschwand. Was sie dort taten, klärte sich dann einige Minuten später, als sie in „Hypa Hypa“-Klamotten geschmissen wieder zurück auf die Bühne kamen und den YouTube-Hit spielten. Sehr zur Freude des Publikums, das den Song als Anlass nahm, noch eine Eskalationsstufe aufzudrehen. Mit „Crystals“ ging es heavy und Moshpit-lastig weiter, bevor dann Maria von FUTURE PALACE einen erneuten Auftritt machte und die Jungs als Gastsängerin für ein gemeinsames Duett von „Fuckboi“ unterstützte. Beim anschließenden „Hurrikan“ kam dann der wahrscheinlich gruseligste Moment des Abends: Schlager-Alarm! Der Saal tanzte fleißig Diskofox und schunkelte fröhlich hin und her, bis dann Gott sei Dank durch den Breakdown und die Pig Squeals von Kevin die Erlösung folgte. Im Anschluss wurde ein bisschen umgebaut auf der Bühne. „Ist das ein Phallus, der da gerade an mir vorbeigefahren ist?“. Tja, Nico, die Antwort auf diese Frage lautet wohl jein. Das im Vordergrund der Bühne aufgebaute Prachtstück war ein rosafarbenes …ähm… Klavier, an welchem Kevin Platz nahm, um ein wenig herumzuklimpern und mit Nico die gemeinsame Bromance-Beziehung zu vertiefen. Sinnliche Begleitung lieferte zudem Susi das Saxophon, gespielt von Daniel. Die Menge untermalte den Moment zudem durch das Kreieren eines Lichtermeers und Nico freute sich, dass er uns noch nicht einmal dazu auffordern musste. Die Klavier-Nummer entwickelte sich schließlich zu einem akustischen Medley aus „Let It Go“, „When You Say Nothing At All“ und „I Want It That Way“. Das war dann aber auch erst einmal wieder genug Geschnulze, mit „Parasite“ wurde dann wieder ordentlich aufgedreht, bevor Kevin dann die Aufgabe übertragen bekam, eine „schlechte Nachricht“ zu überbringen. Für diese griff er eigens auf die „Ablenkungstaktik“ zurück und ließ die Bombe platzen, während das Publikum eine Laola-Welle durch die Halle wandern ließ: mit „MC Thunder“ sei nun der letzte Song des Sets erreicht (naja, wer’s glaubt…). Für den finalen Breakdown sollten wir uns dann alle beieinander unterhaken und jeweils acht Schritte pro Richtung zur Seite hüpfen, was auch erstaunlich gut funktionierte, solche Nummern habe ich auch schon wesentlich unkoordinierter erlebt. Nach dem Ende des Songs fiel dann im wahrsten Sinne des Wortes der Vorhang, zahlreiche Rufe nach einer Zugabe später kamen ELECTRIC CALLBOY für die nun wirklich finalen Songs der Show dann aber wieder auf die Bühne. Begonnen wurde mit dem Doch-Nicht-ESC-Song „Pump It“, natürlich im passenden Outfit. Auch im Moshpit konnte man immer wieder ähnliche Kostüme erspähen. Für „Spaceman“ gab es dann sogar noch eine kleine Überraschung: niemand geringerer als FINCH höchstpersönlich kam für einen Gastauftritt vorbei und performte den Track gemeinsam mit den Jungs aus Castrop-Rauxel. „We Got The Moves“ bildete dann einen würdigen Abschluss und die gesamte Menge gab für das finale „Döp Dö Dö Dö Döp“ noch ein letztes Mal alles.

ELECTRIC CALLBOY waren an diesem Abend in Bestform unterwegs, strotzten geradezu von Energie und lieferten einfach eine mega Performance. Der Sound war durchgängig gut und auch die Bühnenshow sah spektakulär aus, die Kombi aus LED-Screens, Lichtshow sowie Pyros und reichlich Konfetti war ein Schmaus für die Augen. Beide Vorbands passten gut ins Gesamtbild und lieferten einen überzeugenden Auftritt ab, welcher das Publikum gut auf den Headliner vorbereitete. Und wo wir schon beim Thema „Publikum“ sind: dieses trug so einiges dazu bei, den Abend zu einem absolut denkwürdigen Ereignis zu machen. Von wegen kühler Norden, davon war hier gar nichts zu spüren. Egal ob im Innenraum oder hinten und oben auf den Rängen, alle waren voll und ganz mit dabei und schufen so eine wahnsinnige Atmosphäre im Saal. Auch für Lacher zwischendurch wurde reichlich gesorgt, ob es nun ein auf die Bühne fliegender BH war oder aber die crowdsurfenden Verkehrs-Pylonen. Und haben wir inzwischen eigentlich geklärt, wem der Schuh gehörte?

EletricCallboy

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Fotos: Birger Treimer

Setlist Electric Callboy:

Tekkno Train
MC Thunder II (Dancing Like A Ninja)
Hate/Love
The Scene
Castrop X Spandau
Supernova
Arrow Of Love
Mindreader
Best Day
Drum Solo
Hypa Hypa
Crystals
Fuckboi (feat. Maria)
Hurrikan
Accoustik Medley
Parasite
MC Thunder

Pump It
Spaceman (feat. FINCH)
We Got The Moves

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