Wenn Feuer an der Tagesordnung steht – PARKWAY DRIVE in Hamburg

2020 sollte die PARKWAY DRIVE Tour “Viva the Underdogs” zum gleichnamigen Live Album Titel eigentlich stattfinden… spulen wir mal kurz vor: Zwei Jahre später: Inzwischen steht mit “Darker Still” nicht nur das neue Album in den Regalen – auch die Tour findet endlich unter neuem Namen statt. Neben den Vorbands, welche auf der aktuellen Tour nun LORNA SHORE und WHILE SHE SLEEPS sind, hat sich für Hamburg jedoch auch die Location geändert. Statt in der Sporthalle heißen uns die Bands in der Barclays Arena willkommen. Wohlgemerkt die größte Location der gesamten Tour. Was soll man dazu sagen? Ausverkauft natürlich!

Den Anfang machen LORNA SHORE, während sich die Arena weiter füllt und das Chaos seinen Lauf nimmt. Der Innenraum wurde überbucht und so fanden sich schnell Besucher auf den Rängen wieder, die dort eigentlich nicht hin sollten oder wollten. Es ist wie der wilde Westen, bei dem sich jeder nimmt, was er möchte oder den Sprung über die hüfthohe Barrikade auf sich nimmt, um dann in der Masse zu verschwinden. Auf der Bühne gibt es derweil das vielleicht kürzeste und zeitlich längste Set der Welt. Es gibt nur fünf Songs, aber mit einer durchschnittlichen Track-Länge von über fünf Minuten kommt dennoch einiges zusammen. “How many of you have heard of us before this fucking day?”, fragt uns Sänger Tom Barber, während die meisten Hände des Publikums nach oben gehen – “Holy shit”. Besonders steht das im Oktober erscheinende Album “Pain Remains” im Vordergrund und ist gleich mit drei, wenn auch schon bekannten, Songs vertreten. Live können diese in jedem Fall schon überzeugen.

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Fotos: Cynthia Theisinger

Kurz nach der Umbaupause sind die vielen Flaggen auf der Bühne nicht mehr zu übersehen. Die sind nicht nur das Cover des zweiten Albums der Band (“Brainwashed”), sondern auch das primäre Dekoelement von WHILE SHE SLEEPS. Leider gibt es keine Songs von dem Album zu hören, dafür aber umso mehr von dem großen Banner, das sich etwas weiter hinten befindet. “Sleeps Society” ist nicht nur der Titel des letzten Albums, sondern auch der Patreon Kampagne, die dahinter steht und sich für die Band etabliert hat. Es dauert nicht lange, bis Bassist Aaran das erste Mal zur Wasserflasche greift, um die Flasche direkt ins Publikum zu werfen. Wo WHILE SHE SLEEPS auftreten, bleibt kein Stein auf dem Anderen. Die Energie, die von der Bühne ausgeht, greift spürbar schnell ins Publikum über. Und das nicht erst, als Sänger Loz beim zweiten Song “Anti-Social” sein Mikrofon wegwirft und Crowdsurfern geht. Ein Schauspiel, welches sich noch öfter wiederholen sollte. Dabei möchte er auch immer wieder selbst Crowdsurfer sehen und ruft immer wieder dazu auf. Worte zur Kommunikation braucht es eigentlich jedoch nicht. Es reicht eine Handbewegung und es öffnet sich zu “Guilty Party” eine Wall of Death, die es wirklich in sich hat. “Yo Hamburg, this is fucking sick”, sagt uns Gitarrist und Clean Sänger Mat, welcher jede freie Minute ausnutzt, um über die Bühne zu laufen. Aber auch hier ist irgendwann Schluss und so verließ die Band schweißgebadet nach ca. 45 Minuten und 10 Songs die Bühne, während Loz sich inzwischen seines Tank-Tops entledigt hatte.

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Fotos: Cynthia Theisinger

Als der Raum etwas dunkler wird, schauen alle Richtung Bühne, dennoch passiert für einige Minuten nichts. Über die Boxen ist leise ein Intro zu hören, welches sich von der Umbaumusik nur leicht unterscheidet. Plötzlich wird diese für die letzten Sekunden laut und mit den letzten Tönen wird der Raum immer dunkler und bleibt für einen Moment komplett unbeleuchtet. Plötzlich kommen Fackelträger auf die Bühne, jedoch von hinter der Bühne und nicht durch das Publikum, wie es sonst gerne der Fall war. Kurz danach kommt die Band hinterher und verhält sich ruhig. Aber Moment, da fehlt doch jemand! Sänger Winston McCall kommt nicht wie die anderen auf die Bühne, sondern erscheint plötzlich ganz in Weiß gekleidet auf dem Steg vor der Bühne. Der Ort, den er heute nur selten verlassen sollte. So geht es direkt los mit “Glitch”, bei dem gleich das erste Mal die Pyro rausgeholt wird.

“Holy shit, this is fucking mental”, sagt uns Winston, während er über die Menge der Leute blickt. Es ist die längste Pause zwischen zwei Europa-Touren, die die Band jemals hatte, erzählt er uns. Das Ende gibt es nun zu feiern und so werden auch keine weiteren großen Reden geschwungen. “Let’s keep the crazy shit coming, this is an old one”, sagt er weiter, während mit “Carrion” einer der wenigen alten Songs auf dem Plan steht. Alt wird es heute nur genau drei mal, denn neben “Karma” und “Wild Eyes” stehen sonst nur die letzten drei Alben auf dem Plan. Wobei der Fokus natürlich auf dem neuesten Werk “Darker Still” liegt, welches zu diesem Zeitpunkt keine zwei Wochen alt ist.

Zu dem Album kann man sagen, was man möchte, aber live wirkt es anders. PARKWAY DRIVE hat sich nicht erst in den letzten Jahren zu einer unschlagbaren Liveband entwickelt. Ironischerweise könnten die Worte von DEICHKIND mit “Die Platte von Deichkind war nich’ so mein Ding, doch ihre Shows sind (leider geil)” nicht passender sein. Nicht nur die Pyro, die gefühlt zu jedem zweiten Song ausgepackt wird, hat es in sich, sondern auch die Lichtshow. Dieser untermalt perfekt die Musik, bringt den Pit zum weitermachen und blendet den ein oder anderen Zuschauer, der dadurch den Blick nicht abschweifen lassen kann.

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Fotos: Cynthia Theisinger

Gegen Ende des Sets gibt es ein richtiges Highlight. CASPER, der für das Livealbum VIVA THE UNDERDOGS drei Songs ins Deutsche übersetzt hat, hat sich selbst auch einen Part zu “Shadow Boxing” – oder nun “Schattenboxen” geschrieben und begleitet die aktuelle Tour, um den Song nun auch zusammen spielen zu können. Eine kleine Überraschung, die es aber in sich hat. Für diesen Song und das vorhergehende “The Greatest Fear” ist auch das altbekannte Streicher-Quartett wieder dabei. “Thank you for having us, this has been absolutely wild”, sagt und Winston anschließend, bevor PARKWAY DRIVE die Bühne nach “Bottom Feeder” verlässt.

Die “One more song”-Rufe lassen nicht lange auf sich warten. So taucht Winston erneut mitten auf dem Steg ohne Vorankündigung auf, diesmal ganz in Schwarz. Es folgt “Crushed”, bei dessen Intro die ganze Bühne in Flammen steht und während des Refrains nochmal alles an Pyro rausgeholt wird, was irgendwie geht. Anschließend versammelt sich die ganze Band auf dem Steg und bedankt sich nochmal ausgiebig. Hamburg war immer gut zu ihnen, egal ob ganz früher in den kleinen Läden oder heute in der Arena. Schließlich gestikuliert Winston zu Gitarrist Jeff Ling, der darauf anfängt, die Melodie zu spielen, die wir alle kennen: “Wild Eyes”. Und damit endet der Abend mit einer altbekannten Melodie, die noch tief in die Nacht weitergetragen wird.

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Fotos: Cynthia Theisinger
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