Ein Dialog zum Hurricane Festival 2022

Das Hurricane 2022 hat vergangene Woche zum ersten Mal nach der Pandemie wieder stattgefunden. Unsere Redakteure waren vor Ort, haben für euch jedoch keinen normalen Bericht vorbereitet, sondern gehen mit euch die einzelnen Tage nochmal in einem Dialog zusammen durch und sprechen über ihre Highlights aber auch Enttäuschungen. Aber lest selbst.

Mirco: Am Gelände angekommen war erstmal noch alles etwas merkwürdig. Das erste Mal wieder Hurricane nach vielen Jahren. Ja, wir waren jetzt auch wieder auf vielen anderen Festivals, aber das hat sich irgendwie anders angefühlt. Ging es dir auch so?

Cynthia: Nicht direkt. Ja, es war unser erstes Festival seit Corona, das wieder „Auf nem Acker“ stattfand – aber tatsächlich fand ich das jetzt nicht so anders. Mag daran liegen, dass wir nicht gezeltet haben, wobei ich sagen muss, dass das die bessere Entscheidung war. Ich hätte echt ungern die Wahl zwischen im Staub schlafen oder halb erfrieren wegen nassen Haaren gehabt. Was meinst du?

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Mirco: ja, abends war ich echt froh über eine Dusche. Grade nach den den Konzerten von WHILE SHE SLEEPS oder ELECTRIC CALLBOY bzw. eigentlich sehr vielem was auf der Mountain Stage gespielt hatte, hatte ich das direkte Bedürfnis mich zu waschen. Am zweiten Tag bin ich nur einmal zwischen den Bühnen hin und her gegangen und hatte schon schwarze Beine. Wenn ich etwas nicht vermisst habe, dann war es definitiv das. Aber dafür stimmte der Rest. Alte Freunde wiedertreffen, neue finden, alte Bands wiederentdecken oder ganz neue finden. Von PRESS CLUB und direkt danach HOT MILK hatte ich nichts erwartet, haben mich aber echt aus den Socken gehauen. Mit wem hast du denn nicht gerechnet?

Cynthia: Ich hätte ganz ehrlich nicht damit gerechnet, dass mir SCHROTTGRENZE und THE HIVES so viel Spaß machen. Und ein bisschen angetan war ich auch von HOLLY HUMBERSTONE, die auf der Zeltbühne gespielt hat, sowie mich BRUTUS überrascht hatten – kannte ich nicht, gefiel mir aber gut. Ansonsten waren es die alten Bekannten, die mich nicht enttäuscht haben. Das Wetter war aber echt ne fiese Mischung – ohne Sonnencreme sollte ich bei der Sonneneinstrahlung gar nicht raus – das Resultat war, dass ich mich wie paniert gefühlt hatte und es so irgendwie noch wärmer war als eh schon. Ich habe mir am Samstag einfach immer wieder Wasser über den Kopf gegossen und die Handgelenke unter fließend kaltes Wasser gehalten. Und ich habe lange nicht mehr so viel getrunken – was war deine Strategie gegen die Wärme?

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Mirco: Viel viel Wasser und so wenig Zeit wie möglich in der Sonne verbringen. Schlau wie ich bin, hatte ich natürlich keine Kopfbedeckung dabei, wodurch ich einen Sonnenstich oder ähnliches nicht riskieren wollte. Bei mir ging das noch gut, bei anderen jedoch nicht so ganz. Sonst blieb noch die Flucht ins Zelt, das hat zumindest bei AURORA geklappt. Dort war es zwar auch nicht wirklich kühl, aber zumindest kommt keine Sonne rein. Nach dem Auftritt war ich auch etwas verwirrt, als ich wieder raus kam und alles etwas nass war. Der kurze Regen hat zwar kaum etwas gebracht, aber wollen wir uns nicht beschweren.

Cynthia: Ich hab von dem Regen komplett mal gar nichts mitbekommen. Kann aber auch sein, dass es so wenig war, das mir das entgangen ist – der ist vermutlich direkt wieder verdunstet. Apropos verdunstet – ich fand die Idee mit der Schneekanone oder was das war zum abkühlen saucool. Auch, dass gefühlt an jeder Ecke ne Wasserstelle war fand ich super. Das soll auf den Campingplätzen ja ganz anders ausgesehen haben. Aber mal zurück zur Musik. Auch wenns mich genervt hat, dass ich sie nicht fotografieren durfte: Ich fand am ersten Tag THE KILLERS ziemlich gut. Ich fand`s super, dass die so viel von meinen Lieblingssongs gespielt haben – von „Human“ über „Mr. Brightside“ bis hin zu „Spaceman“ war alles dabei. Und dass die nen Fan auf die Bühne geholt haben, der dann einfach mal bei einen kompletten Song die Drums übernommen hat fand ich auch super cool. Tja und ELECTRIC CALLBOY – die mag ich ja eh unglaublich gern. Da ist echt Party pur. Ich frag mich nur immer, wie man es hinbekommt zwischen den Songs so viel Stuss zu erzählen. Seis drum – ich fands richtig gut – man merkt echt, dass die Jungs richtig Bock haben. Was waren deine Highlights am Freitag?

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Mirco: Da gibt es für mich nur eine richtige Antwort: meine Lieblingsband, WHILE SHE SLEEPS. Das erste Mal vor der Linse und generell ein guter Auftritt, wie man ihn von der Band gewöhnt ist. Mit dem Song „Systematic“ hatte ich live nicht gerechnet, da er doch experimenteller von der Band ist, entsprechend war ich sehr überrascht als dieser ausgerechnet der letzte Song sein sollte. Der Staub war dann aber doch etwas extrem. Ich stand hinter dem ersten Wellenbrecher und konnte zeitweise die Bühne kaum noch erkennen so viel lag in der Luft. Entsprechend bin ich am Ende auch mit einer dicken Staubschicht auf mir gegangen. Sonst gab es für mich nicht viele Highlights wenn ich ehrlich bin. Da es mein erstes Mal als Fotograf auf dem Festival war, hab ich aber auch versucht so viel Bands wie möglich mitzunehmen, was oftmals in ein hin und her zwischen den Bühnen endete. Meine Füße danken es mir bis heute nicht. Hattest du auch am zweiten Tag schon deine ersten Wehwehchen?

Cynthia: Tatsächlich: Im Vergleich zu sonst, war ich nach dem ersten Tag Hurricane topfit. Und das obwohl ich echt viel rumgelaufen bin. Entweder hab ich endlich die richtigen Schuhe gefunden oder mir kommt es zugute, dass ich endlich auch außerhalb von Festivals mal meinen Hintern zum Sport bewege. Aber ja, das hab ich dir ja gesagt: Als Fotograf läufst du unglaublich viel rum und das auch eigentlich immer mit den Kameras. Am letzten Tag hab ichs nen bisschen in den Armen gemerkt, dass ich nicht mehr die kleinen Kameras habe. Allerdings weniger in Form von Muskelkater, sondern einer einfach ein K.O.-Gefühl. Man fragt sich, gerade wenn es so heiß ist wie an Tag zwei ja schonmal, warum man das eigentlich macht – und dann guckt man sich an, was dabei herausgekommen ist und dann wars das alles auf einmal richtig wert. Ich hatte unglaublich viel Spaß dabei, THE HIVES und BRING ME THE HORIZON zu fotografieren… ach ja und DEICHKIND. Und bei dir? Was waren deine Favoriten vor der Linse?

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Mirco: Da muss ich wieder an PRESS CLUB verweisen. Es gab zwar keine Bühennshow, aber wenn die Sängerin schon beim ersten Song von der Bühne in den Pit springt, kann es nur gut werden. Gleiches gilt auch für ALEX MOFA GANG. Sprungbilder ohne Ende und eine Band die richtig Bock hat. Schwerer in Szene zu setzen war dagegen AURORA. Durchgehend rotes Licht von hinten und sonst nichts. Aber genau das war die Herausforderung, die es dann zu meistern gab und genau das ist dann auch sehr spaßig, wenn du genau das Motiv das du sehen willst, mit ihrer Silhouette vor dem roten Kreis dahinter bekommst und es dann an die Leser tragen kannst. Anders war das bei KINGS OF LEON. Bilder nur von einer Position, kein Licht und keine Bewegung. Da geht beim besten willen nicht viel und wenn alle Fotografen inklusive Security sich nur ratlos angucken ist es eben gelaufen. Wer nicht möchte bekommt eben auch nichts. Sonst tut es immer wieder gut Bands die man kennt und liebt vor der Linse zu haben, so wie bei RISE AGAINST oder KUMMER. KRAFTKLUB übernehme ich dann nächstes Jahr auch gerne. Aber zurück zu den Highlights. Wer musstest du denn Samstag unbedingt sehen?

Cynthia: Ganz klar: DEICHKIND. Zu denen kann man 1. unglaublich gut feiern und 2. mag ich die Bühnenshow total. Da ist einfach immer Party. Auch wenns dieses Jahr einmal unterbrochen werden musste – ich nehmen mal an das war, als die K.I.Z Menge entweder dran vorbei oder zur Deichkind Menge stoßen wollte. Da war dann hinten am VIP-Zelt ein Nadelöhr was nicht so geil war. Aber zum Glück konnte das ohne größere Schäden gelöst werden. Ich fands trotz der wirklich unschönen Situation fast schon ein wenig lustig, wie cool DEICHKIND geblieben ist. Hmm… ansonsten war SCHROTTGRENZE und JIMMY EAT WORLD Pflichtprogramm – und beide haben nicht enttäuscht. Ich konnte nichts mit K.I.Z und Konsorten anfangen. Das ist einfach immer noch nicht meine Welt. Allerdings muss ich sagen, dass es keine Totalausfälle im Line Up gab. Ja, KINGS OF LEON waren irgendwie langweilig. Leider. Da hat mir echt die Interaktion mit dem Publikum gefehlt. Das machen DEICHKIND zwar auch nur bedingt, aber deren Musik und Show macht das komplett wett. Auch gabs halt nen paar Bands, die ich musikalisch nicht so mag, aber Showtechnisch gabs jetzt keinen Totalausfall – oder wie siehst du das?

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Mirco: Richtig in die Hose gegriffen hat keiner, da hast du recht. Ich erinnere mich an das eine Jahr, als HAFTBEFEHL im Stau feststeckte und seinen eignen Auftritt verpasste. Das gab es diesmal nicht. Man könnte höchstens sagen, dass manche Bands wie NECK DEEP oder KITSCHKRIEG etwas fehl am Platz waren, war die Menge davor und danach doch gleich sehr viel größer an der gleichen Bühne. KITSCHKRIEG hätte viel besser ans Zelt gepasst. Außerdem hätten ELECRIC CALLBOY und KUMMER direkt auf die große Bühne gemusst. Die Schlangen waren echt nicht mehr schön, aber musikalisch gab es nichts zu beanstanden. Eher Gegenteiliges. Ich war selten auf einem Festival, auf dem der Sound durchgehend so gut war und es so wenig technische Probleme gab. So etwas fällt einem sonst immer nur auf, wenn es andersrum läuft, daher sollte man dies auch mal erwähnen. Das hab ich am zweiten Tag schon früh bei SKINDRED gemerkt. Die machen einfach immer Stimmung, egal wo sie sind und wann sie auftreten. Gleiches gilt für DEICHKIND. Die Gründe hast du ja gerade schon genannt. Ich hatte das erste Mal mein Vergnügen mit ihnen, aber es wird definitiv nicht das letzte Mal gewesen sein. Aber gibs doch zu, du hast dich auch am meisten auf den letzten Tag gefreut oder? Natürlich nur aus musikalischer Sicht.

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Cynthia: Och, auch aus Wettersicht war der dritte Tag jetzt echt gut. Kühler und ein kleines bisschen Regen gegen den Staub, aber nicht so viel, dass es nervig wird. Aber ja, du hast recht: Ich hab mich auf BRNG ME THE HORIZON gefreut wie ein kleines Kind auf Weihnachten – und wurde komplett nicht enttäuscht. Einziger Wehmutstropfen: Ich musste RISE AGAINST fotografisch an dich abtreten – aber das war der BMTH Gig sowas von wert. Ich hätte echt keine Minute verpassen wollen. Ansonsten war Tag drei auch okay, das stimmt wohl. THE HIVES haben ja auch am letzten Tag gespielt. Grundsätzlich kann man über das Line Up echt nicht meckern – auch wenns wegen mir fast alle Hip Hop Acts nicht braucht – aber nun – ich glaube wenn die nicht wären, würde ich echt nur noch laufen und ständige Überschneidungen verfluchen, also ist es gut so, wie es ist. Du hattest deine Lieblingsband ja schon am ersten Tag – war für die am dritten auch noch was dabei?

Mirco: Ich werde eigentlich immer an jedem Tag auf so ziemlich jedem Festival fündig. Angetan hatte es mir an diesem Tag das Bühnendreieck aus KUMMER, BRING ME THE HORIZON und RISE AGAINST – natürlich haben sich alle drei in irgendeiner Weise überschnitten. Macht ja sonst keinen Spaß. Besonders RISE AGAINST hatten es mir angetan. Das Set war packevoll mit alten Liedern, die mich schon länger begleiten. Entsprechend toll ist es die dann auch mal live zu hören. Das war vermutlich auch mein größtes Highlight – seine Lieblingsband hört man ja potenziell öfter live. Sonst war es natürlich sehr schön generell mit der Kamera vor Ort sein zu dürfen und das Festival so auch zu den Daheimgebliebenen tragen zu dürfen, auch wenn so ein Live-Erlebnis immer besser ist.

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Fotos: Cynthia Theisinger & Mirco Wenzel

Einen Ausführlicheren Bericht über die vollgepackten Tage des Hurricane Festivals 2022 findet ihr bei MonkeyPress.de

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