Mein Herz brennt – Begeisterung und Freudentränen in M’gladbach – VÖLKERBALL beim Strandkorb Open Air

VÖLKERBALL im SparkassenPark Mönchengladbach – die erste Sportveranstaltung seit langem in diesem schönen Hockey-Stadion – so könnte man meinen. Während Psychologen in Deutschland noch darüber beraten, ob das gleichnamige Ballspiel Mobbing und Ausgrenzung in Schulen fördert und daher verboten gehört, schafft die Band um Sänger René Anlauff das Gegenteil: Sie bringt Menschen in schwierigen Zeiten zusammen! Wer einen Korb bekommt, hat normalerweise nichts zu lachen. Wer aber das Glück hatte, bei dem ausverkauften Konzert im Rahmen des Strandkorb Open Airs einen “Korb” zu ergattern, konnte sich hingegen glücklich schätzen.
Wir haben mit VNV NATION beim Strandkorb Open Air im Meer der Emotionen geschwelgt und mit SCHANDMAUL vor unseren Körben glückselig getanzt, als Schalmei und Co. erklangen. Einen Beweis war die Veranstaltungsreihe aber noch schuldig geblieben: Nämlich, dass die Location auch für brachiale, harte Klänge taugt. Diesen Nachweis sollten also VÖLKERBALL erbringen. Wer für Tribute Bands auf youtube für gewöhnlich nur ein müdes Lächeln oder mal ein anerkennendes Nicken übrig hat, kennt diese vortreffliche Truppe aus Rheinland-Pfalz eindeutig noch nicht und sollte das schleunigst ändern. VÖLKERBALL spielen Songs der bekanntesten deutschen Band: RAMMSTEIN und sind für ihr intensives Touren bekannt. Daher waren wir besonders gespannt, als wir René und Bassist Tilmann vor der Show zum Blitzinterview trafen. Wir wollten wissen, wie die Stimmung bei den Jungs ist und was sie von dem ungewöhnlichen Konzert vor 450 Strandkörben erwarten:

Kurze Zeit später ging es auch schon los und zwar mit dem aus verschiedenen RAMMSTEIN-Songs zusammengesetzten Song “Ramm4”, gefolgt von “Feuer Frei” vom altehrwürdigen Album “Mutter” und dem brachialen “Zerstören”. Einerseits war jetzt schon vollkommen klar: Der SparkassenPark bebt zwar mächtig und die Strandkörbe biegen sich in der Brandung des Soundgewitters, aber die Konstruktion hält einerseits stand und anderseits auch was sie versprochen hatte. Und als die ersten Pyroeffekte in den Himmel zuckten, sah man in den Reihen der elektrisierten Zuschauer sogar vereinzelt Tränen der Freude funkeln. Der Grund ist klar wie das Wasser in tiefen Brunnen: das hier war REAL, es war ein RICHTIGES Konzert, sogar mit Effekten und Feuershow- wie früher! Was ein Geschenk in diesen dunklen Tagen! Die Stimmung schwoll merklich an und schon bei “Waidmannsheil” wurde durchgängig kräftig mitgesungen. VÖLKERBALL hatten ein bluttriefendes, metallisch-schartiges, unseliges Paket aus alten Hits wie “Haifisch” und neuen Perlen wie “Radio” geschnürt und keinen hielt es mehr in den Trutzburgen aus Weidengeflecht. Es wurde geheadbangt und getanzt, als gäbe es kein Morgen – und alles unter Einhaltung der Abstandsregeln. Unsere Szene kann eskalieren und sich gleichzeitig benehmen, das ist spätestens jetzt sonnenklar geworden. Als schließlich der Everblack “Mein Herz brennt” angestimmt wurde, gab es wieder eine besondere Kulisse zu bestaunen: Ein riesiges Herz wurde angezündet und lieferte astreine Fotomotive. Die Herzen der Zuhörer waren da jedenfalls schon längst entflammt und hätten auch von der Gladbacher Feuerwehr, die sicherheitshalber vor Ort war, nicht mehr gelöscht werden können. Es folgten vier alte Klassiker am Stück, bis man sich mit “Puppe” wieder aktuellerem Liedgut zuwandte und dann langsam auf die Zielgerade des Sets einbog. Zwischendurch wurde von der Bühne noch eine Armbrust abgeschossen, wodurch ein bunter Funkenschweif dicht über die jubelnde Menge fuhr. Entertainment wird großgeschrieben im Hause VÖLKERBALL! Die Feuerwehrmänner mögen da kurz zusammengezuckt sein und gedacht haben “Wollt ihr den Korb in Flammen sehn?”, aber hier waren schließlich Profis am Werk, somit bestand absolut kein Grund zur Sorge. Die Sonne war zu diesem Zeitpunkt längst untergegangen, aber das gleichnamige Lied fehlte genauso wie “Engel” noch. Doch zunächst wurde es besinnlich. “Ohne dich” ist von den wenigen Balladen RAMMSTEINS mit Sicherheit die bekannteste und wurde vom großen Chor der Korbbewohner andächtig mitgesungen. Natürlich folgte danach noch die obligatorische Zugabe mit den erwähnten beiden Hits und dem Song “Deutschland” in der Mitte, bevor es dann leider tatsächlich vorbei war, dieses Konzert, das sich anfühlte wie vor Corona.

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Bilder: Maike S./Marvin R.

Die aktuelle Krise lenkt mittlerweile den Fokus auch vermehrt auf all diejenigen, die hinter den Kulissen eines Konzertes tätig sind, denn diese Menschen leiden besonders unter der nicht vorhandenen Auftragslage. René ließ es sich nicht nehmen, auch die guten Geister vom Rand des Geschehens in unsere Mitte zu beschwören, um jedem einzelnen für seine Arbeit zu danken. Womit wiedermal eine Charakteristik offenbar wurde, die nicht nur bei RAMMSTEIN, sondern auch bei VÖLKERBALL zu finden ist: Harte Worte in den Songs, aber ein großes Herz für die Mitmenschen.
Nachdem die Zuschauer sich regelkonform in geordnet gestaffelten Chargen entfernt hatten, trafen wir die beiden Musiker erneut um im Sinne eines Vorher-Nachher-Eindrucks wieder eine kurze Bestandsaufnahme aus der Rappelkiste der Emotionen zu erhaschen. Unser Redakteur ist aber leider noch in den 90ern geboren und aufgewachsen, also zwischen Kassettenrekorder und Telefonzelle. Gänzlich uneitel bewegt er sich nicht auf Selbstdarstellungsportalen wie Instagram und macht so gut wie nie Selfies oder filmt bei Konzerten. Diesem Umstand war es geschuldet, dass er es in seiner Unfähigkeit versäumte, die richtigen Tasten an seinem Dumbphone zu drücken, als das Interview aufgezeichnet wurde. Statt einem schönen kurzen Video bekam er also zwei mittelmäßige Fotos von Rene und Tilmann, was ihm erst im Auto auffiel. Zuvor hatte bereits vor dem Konzert die richtige Kamera ihren Dienst versagt, weshalb es nur Handyfotos gibt. Pleiten, Pech und Pannen also. Großes sorry! Daher hier nur ein schriftlicher Eindruck:

Auch ohne Beweisaufnahme war sofort klar, wie die beiden VÖLKERBÄLLER den Gig erlebt hatten: Sie strahlten übers ganze Gesicht. “Wir spielen normalerweise 100 Konzerte im Jahr , jetzt waren es in letzter Zeit zwei”, so die eigentlich bittere Bilanz der beiden. “Es war ein tolles Gefühl, wieder auf der Bühne zu stehen. Das hier ist das beste Konzept überhaupt, auch mit den Abstandsregeln”. Die beiden Herren halten jedenfalls keinen Abstand zueinander “Wir sind praktisch eine Familie und wohnen quasi zusammen”, stellen sie klar und strahlen auch in diesen Zeiten positiv aufgeladen vom Konzert Freude und Zufriedenheit aus. Zum Abschluss richten sie ihren Dank an die Veranstalter und da können wir uns nur anschließen: VÖLKERBALL rockt! Und Strandkorb Open Air rockt hart!

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BIld 1: “Kamera ein (NICHT)” + Bild 2 “Kamera aus (Äh NEIHEIN)”

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