MAHLSTROM Open Air (M.O.A), Herthasee Holzappel 19.07.-20.07.2019

Nachdem letztes Jahr aus einer ursprünglich geplanten Geburtstagsparty der Hornschleiferei Holzappel anlässlich ihres 10 jährigen Bestehens ein amtliches, wenn auch familiäres, Festival in malerischer Kulisse entstanden war, durfte dieses Jahr ein weiteres Mal die lokale Szene nachhaltig bereichert werden. Und ich kann nur resümieren, dass sich die monatelange Planung und Vorbereitung durch Frederik Range und sein Orga-Team mehr als gelohnt hatte. Auch wenn letztes Jahr schon wenig Anlass zu konstruktiver Kritik bestand, wurde dieses Jahr, hinsichtlich des Line-Ups, der Technik, und der gesamten Organisation, mehr als nur eine Schippe nachgelegt und ein wirklich beeindruckender Rahmen geschaffen, um dieses liebevoll arrangierte Festival denkwürdig zu gestalten und als feste Institution zu etablieren.

Ich selbst war als Mitglied des Aufbau-Teams ab Mittwoch damit beschäftigt, die Bauzäune aufzustellen, das große Festival-Zelt zu errichten, Bühne zu erstellen, Kabel ziehen usw. Anstrengend ja, aber mit den richtigen Leuten im Team auch durchaus unterhaltsam und spaßig.

Der Donnerstag im Vorfeld des eigentlichen, zweitägigen Festivals war gezeichnet von weiteren Vorbereitungen, speziell die Bühnentechnik wurde finalisiert, und mit dem Soundcheck wurde klar „Metal findet erst morgen statt“ (Zitat eines Badegastes, der sich vom FOH etwas belästigt zu fühlen schien) Aber man ist vorbereitet! Gründlich! Der Abend klingt dann mit artgerechter Musik aus der Konserve in familiärer Atmosphäre mit den zahlreichen Helfern, und den ebenfalls bereits in beachtlicher Zahl angereisten ersten Gästen, bei dem ein oder anderen Bierchen aus, und lässt für die kommenden zwei Tage Großes erwarten.

Nachdem ich mich zu früher Stunde aus dem Kofferraum meines zum Schlafgemach umfunktionierten Kombis geschält habe, und eine Katzenwäsche (muss reichen) genutzt habe, um den Kreislauf zu aktivieren, erweist sich der nachfolgend kredenzte Kaffee als hilfreich, um die Lebensgeister zu wecken und mich auf Betriebstemperatur zu bringen. Allerdings spürt mein altersgerecht verbrauchter Körper erste Anzeichen von „man ist halt keine Zwanzig mehr“. Ich ignoriere geflissentlich derlei Erscheinungen und bereite mich stattdessen auf meinen Dienst als Security vor, der die nächsten zwei Tage meinen Ablauf bestimmen wird. Weil es mir aufgrund dieser Verpflichtungen leider nicht möglich war, meine eigene Kamera zum Ablichten der Bands zu verwenden, da mir die Zeit dafür fehlte, möchte ich mich ausdrücklich für das bereitgestellte Bildmaterial bei den Urhebern, namentlich Dany von Tjodrörir und Dark Festivals bedanken.

Für die, die gerade keine Lust haben, sich eine Band anzusehen, sorgen „Heidrun´s Mannen“ für ein wenig Ablenkung und Kurzweil, indem sie mit ihren mittelalterlichen Schaukampfdemonstrationen einen kleinen Einblick in Kampfgetümmel und Techniken vergangener Zeiten geben.

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Nun aber zum Hauptgeschehen:

Freitag 19.07.

13:55 – 14:35 : THJODRÖRIR

Den eigentlich undankbarsten Job des Festival Openers haben THJODRÖRIR besetzt und machen bereits mit den allerersten Akkorden klar, wohin die Reise gehen wird in den kommenden Stunden Viking-/Pagan- und Black-/Deathmetal allererster Güte. In diesem Fall eine mitreißende Variante des Black Metal mit starken Pagan Wurzeln, oder umgekehrt? Völlig egal, sie schaffen es aus dem Stand die bereits in durchaus beachtlicher Anzahl im Zelt aufgelaufenen Metaller aus ihrer Müdigkeit zu reißen und nachhaltig Bewegung in ihre Körper zu implizieren. Die ersten Matten wirbeln durch die Luft, die ersten Rücken- und Nackenwirbelsäulen werden rhythmisch beansprucht. Ein mehr als gelungener Auftakt für das Festival, und eine absolut einwandfreie Performance der Band, die sich den Arsch abspielt, als stünde sie zur absoluten Prime-time auf der Bühne was, wie bereits erwähnt, auch entsprechenden Anklang beim Publikum findet. Der Set endet leider bereits nach 40 Minuten, gefühlten 20, hinterlässt das Gefühl, dass es viel zu schnell vorbei war, zu intensiv war die Atmosphäre, als dass es nicht die erste Gänsehaut des Tages gegeben hätte. Das war einfach großartig! Und ich bin der festen Überzeugung, dass ich mit dieser Meinung nicht allein gewesen bin, denn schon zu dieser frühen Stunde wurden Rufe nach einer Zugabe laut! Wäre auch angemessen gewesen, ließ aber der Zeitplan natürlich nicht zu.

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Denn nun kommen: VEDRFÖLNIR… Nein, tun sie nicht, denn sie mussten ihren Gig wegen persönlicher Gründe leider absagen…

14:55 – 15:40 : PRECIPITATION

Stattdessen entern PRECIPITATION, die dankenswerter Weise kurzfristig den Slot übernommen haben, die Bühne und bereichern uns mit ihrer ureigensten, und völlig variabel gehaltenen Musik, abwechslungsreicher kann man ein Songwriting fast nicht gestalten, ohne dabei die Struktur aus den Augen zu verlieren. Wer die Jungs schon einmal live gesehen hat, oder zum Beispiel auf Youtube oder anderswo, weiß, wovon ich rede, wer nicht, sollte diesen Mangel schnellstmöglich beheben. Grooves, Melodien und spannende Riffs geben sich abwechselnd die Klinke in die Hand und formen eine Art progressiven Anstrichs, der die „Schubladisierung“ der Band nahezu unmöglich machen. Stellenweise eigenwillig, aber niemals unzugänglich agieren die Babenhäuser um Frontmann Alexander Root und kreieren eine eigenständige Atmosphäre, die Ihres Gleichen sucht. Entsprechend werden sie anerkennend vom Publikum gefeiert.

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16:00 – 16:45 : ALL WILL KNOW

Sie selbst bezeichnen ihren Musikstil simpel als „modern Metal“, für mich klingt es wie eine Mischung aus „Avantasia“ und neueren „In Flames“ ohne deren poppigen Elemente zu zitieren… Ich muss zugeben, kein besonderer Freund dieses Stils zu sein, dennoch haben mich ALL WILL KNOW komplett positiv überrascht! Sicher werden hier ausreichend gewisse Klischees bedient, um Anhänger vorgenannter Bands ebenso in ihren Bann zu ziehen, wie Anhänger des traditionellen Metals der „Iron Maiden“ Couleur, oder um es ein weniger regionaler zu halten, „Deceiver“… aber man kann dem Völkchen eine gewisse Eigenständigkeit nicht absprechen, und Laune macht es allemal! Massenkompatibilität ist ja tendenziell ein böses Wort, aber ich meine es in diesem Fall wirklich als respektvolle Würdigung des eingeschlagenen Weges, da es so dargeboten niemals langweilig oder gar abgedroschen daher kommt. Würde mich nicht wirklich wundern, wenn diese Band in nächster Zeit den „ganz großen Durchbruch“ hinlegt. Die anwesende Fanschar belegt: Headbanging at its best!

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17:05 – 17:50 : STORMSEEKER

Sicherlich noch viel klischeehafter wird es mit dem nachfolgenden Act STORMSEEKER. Wer Piraten-Metal mag, Party und Entertainment, kommt nun endgültig auf seine Kosten. Die Texte zum mitsingen, die Hooklines bekannt. Das ist die Mischung, derer sich STORMSEEKER bedienen, und das völlig zu Recht. Ich sehe etliche meiner persönlichen Freunde und Bekannte die mit Bier gefüllten eigenen Stiefel erheben und sich einander zuprosten, der Spätnachmittag nimmt seinen unheilvollen Lauf. Doch bevor hier der Grundstein zum persönlichen Niedergang gelegt wird, feiert die Meute die Jungs ausgiebig und ausgelassen in angemessener Art und wird Song um Song immer mehr in den Bann der „Jack Sparrow“ Mentalität hinein gezogen. Immer wieder unterhaltsam, immer wieder schön zu sehen, dass man sich selbst und andere niemals zu ernst nehmen sollte, denn hier ist es auch dem konventionellen Broker erlaubt, einmal wieder in jugendlicher Leichtigkeit einfach zu feiern und die Sorgen über Bord zu werfen! Leider kann ich selbst den Gig nur akustisch aus der Ferne verfolgen, da ich einem Kumpel den Gefallen getan habe, seinen Dienst mit ihm zu tauschen, und somit an der Einlaßkontrolle stehe, aber als ich hinterher in seine beseelten Augen schaue, weiß ich, das war es wohl wert!

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Kleine Anekdote am Rand: Die etwa endsechziger Dame vom Kassenhäuschen des Badesees bat mich, sie ausnahmsweise auch ohne Bändchen kurz auf das Gelände zu lassen, um sich kurz ihr Abendessen zu besorgen, nur ganz fix, denn sie könne den Krach eh nicht ertragen, bringe sie an den Rande des Herzinfarktes. Ich habe sie dann später diverse Male mit Bändchen sogar im Zelt beobachtet, und das bei Black-Metal Bands, wo sie sichtlich ihren Spaß hatte. Ich komme vielleicht im Samstags Bericht noch einmal kurz drauf zu sprechen…

Nach diesem offenbar fulminanten Gig, begebe ich mich wieder auf´s Infield und lausche den Klängen von DESDEMONIA.

18:10 – 18:55 DESDEMONIA

Für Death-Metal Anhänger gibt es nun das vollendete Pfund! Voll auf die Zwölf! Das Zelt, bzw. der Boden auf dem es fest vernagelt ist, vibriert im Bass Drum Rhythmus und zwingt einen zum mitgrooven. Wer sich gerade noch in hemmungsloser Partylaune wähnte, wird sich des nahen Untergangs gewahr und frönt der dargebrachten musikalischen Gewalt, als gäbe es kein Morgen. Dank sei hier an dieser Stelle übrigens den Leuten am FOH ausdrücklich ausgesprochen (namentlich Daniel, Simon und Pauly), die dieses Jahr einen echten Höllenjob hingelegt haben! Hammer Sound bei jeder Band, keinerlei nennenswerte Probleme, super Licht und die PA/ Bühne hat komplett keinerlei Ausfälle zu verzeichnen (danke auch an Norman für die Verkabelung). Für mich persönlich ist zumindest der richtige Zeitpunkt für die nächste Gänsehaut des Tages gekommen, weil die Performance einfach mega überzeugend, authentisch, und vor Spiellaune strotzend ist, dass es mir schwer fällt, mich auf die diensteigenen Aufgaben zu konzentrieren. Gottseidank sind die Gäste sehr entspannt und unkompliziert. Das fährt durch Mark und Bein, Gedärm und Hirn! Jungs, einfach nur geil, danke dafür!

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19:15 – 20:00 : DARKEST HORIZON

Wieder etwas melodischer und gediegener geht es es bei DARKEST HORIZON zu. Orchestral, brachial, wieder voll auf die Nuss! Ein bisschen „ENSIFERUM“, etwas weniger Wikinger-pathetisch, etwas weniger Pagan-typisch, aber sensationell, überragend. Im Stakkato Riffing und Melodie Solo getränkt die Gitarren, das Drum Gewitter mitreißend, der Gesang in duo-vocale Grunts getaucht, hier und da ein paar Anklänge an den Black-Metal. Unfassbar gut umgesetzt, zumindest für meinen Geschmack. Bin ich aber anscheinend mit meiner Meinung auch wieder nicht ganz allein, denn das Zelt ist sehr gut angefüllt mit begeisterten Fans nahezu ausgelastet.

Spätestens jetzt sollte jedem Zweifler klar werden: Wer nicht dabei war, war nicht dabei – selber schuld! Ihr habt was verpasst, und zwar etwas Großartiges! Ein Event zum Niederknien! Und der Headliner steht noch aus!

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Niemand geringerer als WELICORUSS sollte es sein, der den Abend musikalisch den Ausklang auf der Bühne einläutet.

20:30 22:00 WELICORUSS

Russische Interpretation des Viking-bzw. Pagan, damit ist zwar die Richtung grob umschrieben, bei weitem aber nicht die Faszination, die die Band live erzeugen kann. Nicht ansatzweise die Intensivität und Präsenz, die sie auf der Bühne umsetzt – ich weiß nicht recht, ob mein Vergleich stichfest ist – nehmen wir mal „POWERWOLF“. Egal wie man zu dieser Band stehen mag, wird ihr niemals ein objektiv betrachtender Mensch absprechen können, dass gewisse Live-Qualitäten einfach dafür sorgen, dass man sich ihnen nicht völlig entziehen kann. Ähnlich ist es hier gelagert, wenngleich natürlich noch nicht die gleiche Popularität in unseren Breitengraden erreicht ist, aber ich bin absolut davon überzeugt, dass dies nur noch eine Frage kurzer Zeit ist. Musikalisch irgendwo im Pagan-orchestral- beheimatet, zieht die Band alle Register der Melidiosität, Komplexität, und Rhythmik, die es zu ziehen gibt. Bombast trifft Drumgewitter, trifft Filigranität, klassische Elemente, Virtuosität sowie Folklore, eine unfassbar dichte Mischung an Einflüssen und Können. Zunächst erscheint es mir, als ob die Band bestenfalls einen Außenseiterstatus genießt, aber diesen macht sie sich voll zum eigenen Nutzen, und obwohl die Leute hier und da einen etwas ermatteten Eindruck machen, obwohl es noch relativ früh am Abend ist für ein Festival, lassen sie sich gerne noch einmal mobilisieren und zu Bewegung animieren, um diesem Act den angebrachten Respekt zu zollen und ihn ordentlich abzufeiern, denn was da aus der der PA schallt, läßt das Zelt noch einmal nachhaltig in seinen Grundfesten erzittern.

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Auch WELICORUSS scheinen von ihrer Kraft überzeugt, und schmettern einen nach dem anderen Song in routiniert agiler Manier in die Menge. Und bringen damit diesen rundum gelungenen Tag mit einem weiteren Höhepunkt zu Ende, bevor, nachdem die letzen Akkorde und Melodien noch im Gehörgang nachhallen, der Abend gemütlich mit der Aftershow-Party ausklingt.

Wer bitte zum Teufel hat zu dieser die CANTINA-BAND eingeladen? Ein gewisser Spaßvogel aus den Reihen der heute bereits aktiven Bands hatte sich ein Mundharmonium gegriffen, und zog eine lange Schlange Menschen kreuz und quer über das Gelände. Denselben Song nochmal? Und los geht´s! Düp, Dip, Düp diddüddi, Düp…

Vielleicht erkennt ihr den Menschen hinter seiner Straßbrille, sein Rotschopf hat ihn verraten!

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Irgendwann um kurz vor vier habe ich dann auch endlich den Weg in mein PKW-Domizil gefunden, und freue mich auf den nächsten ereignisreichen Tag!

 

Samstag 20.07.

Nach verhältnismäßig kurzer Nachtruhe schäle ich mich aus dem Schlafsack, Katzenwäsche die 2., und trolle mich in Richtung Infield. Kaffee, belegte Brötchen – Metaller Frühstück! Kalte Ravioli aus der Dose sind nicht mehr zeitgemäß! Irgendwie will mein Metabolismus jedoch nicht so recht in Schwung kommen, und ich bleibe erst einmal ziemlich lethargisch in meinem Stuhl sitzen. Bis die Sonne mich dazu veranlasst meinen Standort, nein falsch, Sitzplatz mehrfach zu verlegen, und mich somit zu erster körperlicher Aktivität zwingt.

Musikalisch beginnt der Tag bereits um 10:30 wiederum mit PRECIPITATION, die sich auf die zum Festivalground nahegelegenen Anhöhe bemühen, genau wie etwa 80 bewegungsfreudige Metaller. Kein Wunder, denn es war Freibier versprochen. Darüber hinaus durften die Teilnehmer der Wanderung einem akustischen Set der sympathischen Band lauschen, zu dem ich außer aus externen Erfahrungsberichten leider kein eigenes Urteil fällen kann, da ich wegen meines Dienstes nicht mitgehen konnte. Nur so viel: Man hat mir zugetragen: Geil war´s! Ich lass das an dieser Stelle dann mangels eigener Eindrücke mal so stehen. Die berichtenden Personen wirkten durchaus zuverlässig und integer.

Das offizielle Stageprogramm beginnt mit KRÄHENFELD.

12:45 – 13:30 KRÄHENFELD

Der Weckruf für die nicht bereits zur Morgenwanderung Angetretenen erschallt mit typischen Black-Metal Riffs deutschen Anstrichs und lässt mich zunächst gar nicht recht hinhören. Klischeename – wird wohl Programm sein. Ist zwar bestimmt solide gemacht, aber alles bekannt, denke ich bei mir, und werde Sekunden später eines Besseren belehrt. Da werden die bekannten Grundstrukturen, die selbstverständlich den Rahmen bilden, auf einmal mit groovigen Parts angereichert, mit herzzerreißend schönen Melodiesoli, und überhaupt kommt so gar keine Langeweile auf. Elemente des Depressive BM und atmosphärisch werden gekonnt mit Blastbeats arrangiert, dass eine ganz eigene, einzigartige Stimmung entsteht. Erste mehr als positive Überraschung des Tages – bei Weitem allerdings nicht die letzte. Schnell haben mich diese schwarzen Vögel in ihren Bann gezogen, und das Zelt füllt sich während des ersten Songs rasend schnell, also bin ich wiederum nicht allein mit meiner Meinung. Wer die Jungs noch nicht kennt, aber auf eher Mid-tempo, teilweise schleppenden, melodiös angereicherten BM steht, darf und kann KRÄHENFELD nicht ignorieren! Danke für die Erweiterung meines Horizontes!

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13:50 – 14:35 VEHEMENZ

Wer immer noch nicht recht wach geworden ist, wird es spätestens jetzt! Denn nun gibt es mit VEHEMENZ richtig eins auf die Ohren! Black-Metal in Perfektion dargeboten quillt aus den Boxen und vertreibt augenblicklich den Kater des Vorabends. Es wird merklich schneller, die Double-Bass hämmert nur so im 32tel Takt. Ich habe, weiß der Teufel, schon viele verdammt gute Black-Metal Bands gehört, aber diese Tightness, die mir hier in die Hirnwindungen dringt ist beachtlich! Will sagen – der Name ist Programm! Meinerseits erneut eine Empfehlung zum dringenden An checken, und somit überaus positive Überraschung Nummer 2 des Tages. Und der Tag ist noch so verdammt jung. Nochmal 20 Jahre jünger sein, wünsche ich mir, und würde mich nur zu gerne auch in die Menge mischen, die da hemmungslos mosht und bangt, aber ich habe ja Dienst.

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14:55-15:40 ASATOR

Schublade auf, ASATOR rein – this is fuc**ng not gonna work! Da bräuchte es schon einen kompletten Apothekerschrank. Wie soll ich beschreiben, was hier passiert? Ist das Black-Metal, Melodic Death oder whatever – Who cares? Es ist mächtig! Immens mächtig! Völlig ungeniert kombinieren die Bremer (- Stadtmusikanten, Entschuldigung!) die besten Elemente aus diversen Genres, um ihren völlig eigenen Sound daraus zu formen, werden im einen Moment noch Parallelen zu ALCEST wach, werden diese im nächsten wieder komplett verworfen und es wird groovig, doomig oder traditionell, Black-metal artig oder gar ansatzweise progressiv. Und dennoch klingt es zu keinem Zeitpunkt zusammengeschustert oder krampfhaft gewollt. Homogenität in der Verflechtung, bzw. in der Ignoranz von Genredenken. Hochachtungsvoll, Danke für diese bewußtseinserweiternde Appearance! Nur der Vollständigkeit halber: mega positive Überraschung des Tages NUMMER 3!

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16:00 – 16:45 HELGRINDUR

Die aus der Klingenstadt Solingen stammenden HELGRINDUR haben ihre Blankwaffen geschärft und fordern die Gäste auf sich mit ihnen in die Schlacht zu werfen. Und dieser Aufforderung kommen die zahlreich angetretenen Delinquenten nur zu gerne nach, denn die Strophen laden mit ihren verständlichen deutschen Texten geradezu zum Schlachtgesang ein. So fällt es Frontmann „Beast“ sichtbar leicht, die Truppe einzuschwören und mitzureißen. Herrjeh, muss dieser arme Mensch unter seinem Volllederharnisch auf der Bühne schwitzen, denke ich, aber wer authentisch aussehen will, muss wohl ein paar Opfer bringen. Jedenfalls folgt die Meute eine Dreiviertelstunde lang ihrem Anführer treu und lässt sich immer wieder durch die überleitenden Geschichten zwischen den Songs zum nächsten Battle anstacheln.

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17:05 – 17:50 GALENSANG

GALENSANG spielten letztes Jahr bereits auf dem Mahlstrom, seinerzeit allerdings in rein akustischer Besetzung. Im Gegensatz dazu, haben sie sich diesmal elektrische Verstärkung mitgebracht, was auch Sinn macht, da elektrische Gitarren ohne Strom wenig Sinn machen und einfach nicht klingen. Zweck des Ganzen ist es, ihr kürzlich erschienenes „Rock-Album“ der ansonsten mittelalterlich instrumentierten Kapelle akustisch live auf der Bühne umzusetzen. Sicherlich keine grundsätzlich neue Idee, aber ich finde, der Vortrag überzeugt durchaus! Die richtige Mischung macht es eben. Nun bin ich auch kein bekennender Fan von Bands ala SALTATIO MORTIS und ähnlichen, und so erwische ich mich bei dem Gedanken, dass wenn nun die Sackpfeifen noch schweigen würden, dies ein wirklich gelungenes reines Rockset wäre. Aber auch so ist es natürlich absolut hörenswert, was die Truppe hier liefert, und entsprechend wird sie auch von den Fans gewürdigt und abgefeiert.

18:10 – 18:55 AD NEMORI

Die Münchner liefern nun einen ziemlich krassen Kontrast zum vorangegangenen Act und fesseln die Zeltbesucher mit ihrem atmosphärischen, Death-Metal geprägten Sound, der es einem zum einen erlaubt in wunderschönen Melodien zu schwelgen, um dann im nächsten Moment intensiv die Matte schütteln zu dürfen. Keyboard Teppiche schweben durch das Zelt, Gitarren-Melodien verzücken gekonnt eingebunden in jedem einzelnen Song der Bayern, bevor einen intensives Mid Tempo Riffing wieder einholen und gefangen nehmen. Das kommt beim Publikum sichtlich gut an, und sogar die Dame vom Kassenhäuschen des Badesees wippt anerkennend mit ihrem Fuß den Rhythmus mit, während sie sich eine weitere Portion Pommes zuführt. Auch für mich ein weiteres absolutes Highlight des diesjährigen, sehr anspruchsvoll abwechslungsreichen Line-ups.

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19:15 – 20:00 STEORRAH

Sichtlich schwerer haben es STEORRAH das anwesende Publikum auf ihre Seite zu ziehen, denn das Zelt ist nur noch sehr übersichtlich mit Menschen durchsetzt. Vielleicht liegt das an den eher komplexen Songstrukturen, teilweise jazzigen Passagen und dem insgesamt eher progressiven Sound der Jungs. Schade eigentlich, denn technisch beherrschen die Protagonisten ihr Fach perfekt. Aber so recht will der Funke einfach nicht überspringen. Vielleicht nutzen viele aber auch einfach nur die Gelegenheit noch einmal Kraft zu tanken, bevor der Abend mit den drei Hauptbands den Höhepunkt anstrebt.

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20:20 – 21:20 FIRTAN

Die Baden-Württemberger haben sich inzwischen einen gewissen Namen in der Black-Metal/Pagan Szene erarbeitet, und so ist es wenig verwunderlich, dass das Zelt nun wieder proppen voll wird, als die Lörracher ihre ersten Klänge durch die PA jagen. Mit ihrem letztes Jahr veröffentlichten Full-lenghth-album „Okeanos“ haben die Jungs ein echtes Black-Metal Juwel im Gepäck und heizen den Schwarzmetallern somit mehr als amtlich ein. Eine düster-apokalyptische Stimmung legt sich über das Zelt, passend zur einsetzenden Dämmerung. Immer wieder durchbrechen aber auch melodiös, atmosphärische Parts die typischen Blastbeat Attacken und intensivieren gar die brachiale Macht, die die Band ganz speziell live charakterisiert. Eine beeindruckende Performance, die keine Wünsche offen lässt. Eine Stunde voll abwechslungsreicher Riffs und Songs geht gefühlt viel zu schnell vorbei und hinterlässt einen nachdrücklich bleibenden Eindruck. Eine wirklich beeindruckende Präsenz, die die Jungs hier zeigen und gekonnt auf das Publikum transportieren.

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21:40 – 22:40 INGRIMM

Düsternis einer gänzlich anderen Farbschattierung empfängt den Hörer der Regensburger INGRIMM. Musikalisch eher tanzbar das Ganze. Textlich mittelalterlich inspiriert, entsprechend mit Sackpfeife, Violine und Drehleier untermalt. Die Texte in Deutsch verfasst und verständlich erschallen die Schlachtrufe und Refrains, dass ein jeder nach kurzer Zeit mitsingen kann. Eigentlich ja wieder gar nicht ganz so mein persönliches Ding, aber wirklich hervorragend umgesetzt. Sicher wird es ihnen trotzdem nicht gelingen, mich zum Anhänger dieses Stils zu bekehren, aber dennoch muss ich mir eingestehen, die Präsentation genossen zu haben. Vielleicht lag es auch daran, dass mich inzwischen der ein oder andere Äppler milde stimmt und offen für neue Eindrücke. Wer mag es wissen, die Gedanken sind frei. Es ist auf jeden Fall eine unterhaltsame Mischung, und Anhänger dieser Richtung gibt es ja reichlich. Entsprechend gut ist die Stimmung im Zelt und die Schar entsprechend groß und bewegungsfreudig.

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23:00 – 24:00 DER ROTE MILAN

ROT! Rot und nochmals rot…. Es wurde quasi ein eigenes Rotlicht-Milieu auf dem Mahlstrom etabliert, aber nicht etwa, dass Bordsteinschwalben die Bühne bevölkern, DER ROTE MILAN ist es, der seine Schwingen ausbreitet, in dichtes Nebelgewaber und rotes Licht getaucht seine Beute sucht und zielsicher vor der Bühne findet! Es wirkt schon recht bedrohlich, dem Vorhof der Hölle gleich. Selten habe ich eine Performance gesehen, die so sehr konsequent ein Konzept umsetzt, wie die Trierer sie hier abliefern. „Sänger“ „III“ präsentiert sich während des gesamten Auftritts vorzugsweise im Profil, den Hals gereckt, den Schnabel, Entschuldigung, das Stimmorgan geschärft. Ein wenig fremdartig die ganze Szenerie, aber eindrucksvoll! Speziell auf jeden Fall, faszinierend.

Musikalisch gibt es nochmal volles Rohr auf das Ohr. Stakkato Drumming, schnelles Riffing – die typische Form des deutschen Black-Metals? Ja, gewiss, aber extrem intelligent umgesetzt, gewaltig, melodiös auf seine eigene Art und dennoch vergessen die Jungs nie, dass sich ein roter Milan auch gelegentlich im Gleitflug befindet, um neue Beute zu erspähen und dann blitzschnell und tödlich zuzuschlagen. Auch eher getragene Parts bereichern immer wieder die Songs und runden damit die infernalische Erscheinung ab. Das Flugbild des roten Milans hätte in der Tat nicht besser musikalisch umgesetzt werden können. Anmutig, bedrohlich. Schon sehr überzeugend, was hier zu später Stunde dargeboten wird, fesselnd, mehr als würdig eines Headliners, wenn man in Betracht zieht, dass die Band letztlich erst seit 4 Jahren existiert. Als Anspieltipp kann ich euch das Album „Moritat“ nur wärmstens ans Herz legen, welches Anfang des Jahres veröffentlicht wurde.

Als sich zum Ende des Gigs die letzten Nebelschwaden senken und das rote Licht dem Dunkel weicht, wird einem schlagartig klar: das war es nun leider schon wieder. Zwei Tage mit gut gelaunten Leuten, herausragender Musik, lecker Essen, wenig erholsamem Schlaf, neuen Bekanntschaften, alten Freunden, phantastischer Atmosphäre, viel Arbeit, Herausforderungen und Entspannung, toller Erlebnisse und schmerzender Muskulatur. Ein rundum gelungenes Festival-Wochenende eben. Zurück bleibt die Vorfreude auf kommendes Jahr!

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Die bereits mehrfach erwähnte Dame vom Kassenhäuschen zeigte sich übrigens zutiefst beeindruckt, dass diese für sie doch so seltsam bekleideten Menschen mit der Vorliebe für aggressive Musik alle so freundlich seien, gesprächsbereit, hilfsbereit und offen. Außerdem sei der Festivalground gar sauberer, als sich die okkupierte Wiese im üblichen Badebetrieb präsentiere. Hört, hört!

Wer dem Ganzen also nicht beigewohnt hat, sollte die Gelegenheit keinesfalls verpassen, kommendes Jahr den Spottpreis für das Ticket zu investieren und ordentlich zu feiern!

 

 

 

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